Biomarker: Forscherinnen finden mögliche Ursache für Plötzlichen Kindstod

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BiomarkerForscherinnen finden mögliche Ursache für Plötzlichen Kindstod

Wenn ein Baby ohne ersichtlichen Grund mitten im Schlaf plötzlich verstirbt, spricht man vom Plötzlichen Kindstod. Bislang gab es keine Erklärung dafür. Australische Wissenschaftlerinnen ändern das nun. 

Schlafforscherin Carmel Therese Harrington und ihre Kolleginnen haben ein Enzym als mögliche Ursache für den Plötzlichen Kindstod identifiziert. Dessen Aktivität ist bei Babys, die an Plötzlichem Kindstod starben, signifikant niedriger als bei lebenden Säuglingen und anderen Säuglingstodesfällen. 
Das Enzym ist wichtig für die Kommunikation im Gehirn und zu wenig könne den Erregungsweg zwischen Atmung und Schlaf beeinflussen, so die Forscherinnen. Das erkläre auch, warum der plötzliche Kindstod im Schlaf auftrete. Die Studie ist im Fachjournal «The Lancet eBioMedicine» erschienen. 
Für Harrington war diese Forschung eine persönliche Angelegenheit. Ihr Sohn starb vor 29 Jahren durch plötzlichen Kindstod. «Damals nahm ich mir fest vor, alles zu tun, um das Rätsel des plötzlichen Kindstods (SIDS) zu lösen», so Harrington in einem Crowdfunding-Aufruf, der sie ihr Versprechen umsetzen liess.
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Schlafforscherin Carmel Therese Harrington und ihre Kolleginnen haben ein Enzym als mögliche Ursache für den Plötzlichen Kindstod identifiziert. Dessen Aktivität ist bei Babys, die an Plötzlichem Kindstod starben, signifikant niedriger als bei lebenden Säuglingen und anderen Säuglingstodesfällen. 

Sydney Children's Hospitals Network

Darum gehts

Der Plötzliche Kindstod, auch Sudden Infant Death Syndrome (SIDS) genannt, ist eine der grössten Ängste frisch gebackener Eltern. Denn er tritt ohne Warnung und unvermittelt ein. Auch der Sohn der Australierin Carmel Therese Harrington kam vor 29 Jahren auf diese Weise ums Leben. Als drei Jahre später auch die Tochter einer Freundin durch das SIDS starb, hängte Harrington ihren Job als Anwältin an den Nagel und kehrte zurück in die Forschung, in der sie als Biochemikerin zuvor tätig war.

«Damals nahm ich mir fest vor, alles zu tun, um das Rätsel des Plötzlichen Kindstods (SIDS) zu lösen», so Harrington in einem Crowdfunding-Aufruf, der sie ihr Versprechen umsetzen liess. Ihre Hartnäckigkeit hat sich nun tatsächlich ausgezahlt: Gemeinsam mit ihrem Team vom Children's Hospital Westmead an der Sydney University hat sie offenbar die Ursache für den Plötzlichen Kindstod gefunden, wie es im Fachjournal «The Lancet eBioMedicine» heisst.

SIDS – und wie man ihm vorbeugen kann

Enzymmangel

Für die Studie, die von Medien weltweit als «bahnbrechend» bezeichnet wird, haben Harrington und ihre beiden Kolleginnen getrocknete Blutproben von 67 Babys untersucht, die zwischen einer Woche und zwei Jahren alt waren. Diese Blutproben haben die Forscherinnen dann mit Proben gesunder Babys verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Aktivität des Enzyms Butyrylcholinesterase (BChE) bei Babys, die an Plötzlichem Kindstod starben, deutlich niedriger war als bei lebenden Säuglingen und anderen Säuglingstodesfällen.

BChE ist wichtig für die Kommunikation im Gehirn und zu wenig könne den Erregungsweg zwischen Atmung und Schlaf beeinflussen, so die Forscherinnen. Ein Mangel daran verringert demnach die Fähigkeit des Säuglings, zu erwachen oder auf die äusseren Umstände zu reagieren, was zu einer Anfälligkeit für SIDS führt. «Babys haben einen sehr wirksamen Mechanismus, um uns mitzuteilen, wenn ihnen etwas fehlt. Wenn ein Baby mit einer lebensbedrohlichen Situation konfrontiert ist, wie beispielsweise Atemproblemen während des Schlafs, weil es auf dem Bauch liegt, wird es normalerweise wach und schreit. Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass manche Babys nicht so stark auf Erregung reagieren», zitiert Heute.at Harrington.

Die Erkenntnisse bergen laut den Forscherinnen ein riesiges Potenzial: Künftig könnte man frühzeitig Säuglinge mit einem Risiko für den Plötzlichen Kindstod identifizieren, indem man das Enzym BChE als Biomarker nutzt. Ausserdem eröffneten sich «neue Wege für die zukünftige Erforschung spezifischer Interventionen». Harrington und ihre Kolleginnen hoffen, dass nie wieder ein Säugling am Plötzlichen Kindstod sterben muss.

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