Fan-FictionFrau schreibt über fiktive Sex-Abenteuer von Alain Berset
Eine Künstlerin hat einen Kurzroman geschrieben – über sexuelle Abenteuer von Bundesrat Alain Berset. Die Bundeskanzlei erwägt, dagegen vorzugehen.
Darum gehts
- Eine 27-jährige Künstlerin, Autorin und Musikerin hat unter einem Pseudonym einen Kurzroman geschrieben.
- Er handelt von fiktiven sexuellen Abenteuern von Bundesrat Alain Berset – und enthält explizite Schilderungen von Sexszenen.
- Für den Politkrimi-Autor Norbert Hochreutener überschreitet sie damit die Grenzen des guten Geschmacks.
- Auch die Bundeskanzlei überlegt, wegen des Bildes von Alain Berset auf dem Cover gegen das Buch vorzugehen.
«Alains Zunge ertastete ihre Lippen und versank schliesslich sanft in ihrem Mund, wo er jeden Winkel der warmen Höhle gleichermassen zu berücksichtigen schien, als wäre er ganz der Politiker, der im Bundeshaus jeder Partei seine Aufmerksamkeit zu schenken hatte und er tat dies mit erschütternder Aufrichtigkeit.»
Diese Passage stammt aus dem Text «Die verbotenste Frucht aus dem Bundeshaus» und beschreibt eine fiktive erotische Szene mit Bundesrat Alain Berset. Geschrieben hat das 28-seitige Büchlein eine 27-jährige Autorin, Musikerin und Künstlerin unter dem Pseudonym Jessica Jurassica (siehe Box).
«Prickelnder Sex mit Alain Berset»
«Die Geschichte handelt von Alain Berset, der ein leidenschaftliches erotisches Abenteuer im Bundeshaus erlebt. Mit explizitem, prickelndem Sex, etwas Drama und einer unerwarteten Wendung», erklärt Jurassica. Auf Berset ist die Autorin nach eigenen Angaben wegen dessen Rolle in der Corona-Krise gekommen: «Ich war wohl nicht die Einzige, die diese Idee hatte, aber ich bin halt die, die so was dann auch durchzieht. Alain Berset war schliesslich gerade zum charismatischen Volkshelden mutiert.»
Inspiration habe ein Trash-Erotik-Roman gegeben, der ihr während des Lockdown in die Hände gefallen sei. «Das Buch war so einfach und prickelnd geschrieben, dass es einen direkt reinzieht. Das wollte ich auch machen.»
Echter Name bleibt geheim
«Das Pseudonym erlaubt mir Ehrlichkeit und Direktheit»
Unter dem Namen Jessica Jurassica und mit einer Sturmhaube über dem Gesicht – so vertuscht die Autorin, wer sie tatsächlich ist. «Das hat sich einfach so ergeben, plötzlich war der Name da. Und als ich vor zwei Jahren einen Literaturwettbewerb gewann, habe ich für die Dankesrede eine Maske angezogen, weil ich keine Lust hatte, mich als reale Person zu exponieren. Seither trage ich sie.» Gerade zu Beginn habe ihr das Pseudonym eine gewisse Freiheit erlaubt. «Und ich kann so mit einer Ehrlichkeit und Direktheit schreiben, die ich für mich als Person und auch für meine Arbeit als sehr wertvoll empfinde», sagt die 27-Jährige.
«Versuche, ernsthaft an die Dinge heranzugehen»
Trash-Erotik, ein Abenteuer mit Bundesrat Berset – für die junge Frau durchaus seriöse Literatur: «Ich versuche immer, sehr ernsthaft an die Dinge heranzugehen, auch wenn sie vielleicht aus einem Scherz heraus entstehen oder in irgendeiner Art satirisch zu werten sind. Und ich habe auf der textlichen Ebene durchaus einen literarischen Anspruch an meine Arbeit», sagt sie.
Jurassica bezeichnet sich selber als Feministin. Auf Twitter wirft jemand die Frage auf, welche Reaktion das Buch hervorgerufen hätte, wenn ein Mann über eine weibliche Person des öffentlichen Lebens geschrieben hätte. «Grundsätzlich ist es ja so, dass Sexismus in einem Machtgefälle von oben nach unten funktioniert. Ich habe darauf geachtet, dass die Frauenrolle in meiner Geschichte stark und selbstbestimmt ist und dass sich die Figuren in meiner Geschichte auf Augenhöhe und mit Respekt begegnen», sagt die Autorin. «Alle sexuellen Handlungen im Buch geschehen mit dem Einverständnis aller Personen. Diesen Anspruch könnte auch ein Mann einlösen, der über eine Frau schreibt.»
«Kaum jemand ist stärker als Daddy Berset»
Das Machtgefälle mache aber schon auch einen Teil des Reizes aus: «Je grösser dieses Machtgefälle ist, desto interessanter ist es. Da bin ich definitiv in der schwächeren Position, denn kaum jemand ist in diesem Land stärker als Daddy Berset.» Mich interessiert die Spannung, der ich mich aussetze, wenn ich mich in ein solches Machtgefälle begebe», sagt Jurassica.
Nicht verraten will Jurassica, ob sie Bundesrat Berset denn auch tatsächlich attraktiv finde: «Ich habe nach dem Schreiben dieser Geschichte jeglichen Bezug zum echten Alain Berset verloren. Ob er attraktiv ist? Da musst du seine Fans fragen!»
Bund erwägt rechtliche Schritte
Nicht alle haben Freude am Tabubruch. So überschreitet die Autorin für den Politkrimi-Autor Norbert Hochreutener die Grenze des guten Geschmacks (siehe Box).
Bei Alain Bersets Departement des Innern nimmt auf Anfrage niemand zum Inhalt des Buchs Stellung. Ursula Eggenberger, Kommunikationsleiterin der Bundeskanzlei, schreibt: «Bei der unautorisierten Verwendung von Bundesratsbildern zu Werbezwecken oder kommerziellen Zwecken erfolgt in aller Regel eine Intervention, da eine solche Verwendung verschiedene Bestimmungen des Persönlichkeitsschutzes und des Urheberrechtsschutzes verletzt und zudem unlauter sein kann.»
Politkrimi-Autor sieht Buch kritisch
«Die Nennung des Namens ist für mich grenzwertig»
Im Spannungsfeld zwischen Politik und Literatur kennt Norbert Hochreutener sich aus. Der langjährige CVP-Nationalrat hat während seiner aktiven Politkarriere mehrere Krimis geschrieben. «In den Büchern haben wir auch hin und wieder über real existierende Politiker geschrieben. Wir haben aber nie deren echte Namen genannt», sagt Hochreutener. Explizite Sexszenen mit Bundesrat Alain Berset, der im Buch auch genau so heisst, das geht für ihn zu weit: «Damit überschreitet die Autorin meines Erachtens die Grenze des guten Geschmacks.»