Frauenhasser in der Schweiz: Jetzt ermittelt die Polizei

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Laufende VerfahrenNun ermittelt die Polizei gegen radikale Schweizer Frauenhasser

Radikale Frauenhasser sind seit diesem Jahr auf dem Radar der Schweizer Behörden. Nun bestätigt die Bundespolizei: Es laufen schon Ermittlungen in Fällen, bei denen es Hinweise auf einen Incel-Bezug gibt.

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Video: Noah Knüsel, Simona Ritter, Matthias Spicher

Darum gehts

  • Nachdem die Schweizer Behörden frauenfeindliche Incels seit diesem Jahr genauer beobachten, wird nun klar: Bereits laufen erste Ermittlungen.

  • «Bei zwei Fällen gibt es Hinweise dafür, dass sich die mutmasslichen Täter mit Incel-Themen auseinandergesetzt haben», sagt Fedpol-Sprecherin Berina Repesa.

  • «Das Incel-Denken ist geprägt von Frauenhass», sagt Experte Markus Theunert.

  • Risikofaktoren für eine Radikalisierung seien etwa Einsamkeit, Mobbingerfahrungen oder ein Mangel an nicht-virtuellen Beziehungen.

Seit Anfang diesen Jahres ist der neue «Nationale Aktionsplan gegen Radikalisierung und Extremismus» in Kraft. Darin erwähnt sind erstmals auch sogenannte «Incels» (siehe Box). Die Anhänger der frauenfeindlichen Internet-Subkultur werden seither von den Behörden genauer unter die Lupe genommen. So auch von der Bundespolizei Fedpol: Weil sich deren Mitglieder mit kleinem Aufwand online radikalisierten, stelle die Bewegung eine Bedrohung für die innere Sicherheit Europas dar, heisst es auf Anfrage.

Nun bestätigt das Fedpol gegenüber 20 Minuten laufende Ermittlungsverfahren gegen mutmassliche Incels: «Bei zwei Fällen gibt es Hinweise dafür, dass sich die mutmasslichen Täter mit Incel-Themen auseinandergesetzt haben», sagt Sprecherin Berina Repesa. Weitere Auskünfte könne sie aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und wegen der laufenden Verfahren nicht erteilen.

Das sind Incels

«Incel» steht für «involuntary celibate», also «unfreiwillig sexuell enthaltsam». Sie tauschen sich meist in Online-Foren aus. «Ihr Denken ist geprägt von Frauenhass», sagt Markus Theunert. Der Gesamtleiter des Verbands maenner.ch erarbeitet für den Bund gerade einen Leitfaden zum Zusammenhang von Radikalisierung und Männlichkeit. Die Ideologie zeichne sich durch einen Widerspruch aus: «Einerseits begehren sie Frauen, andererseits verachten sie sie.» Zudem fühlten sich Incels oft minderwertig und von der Gesellschaft ausgeschlossen.

Incels sind Teil der sogenannten «Manosphere», einem losen Geflecht von Internet-Subkulturen. Sie verbindet ihre Frauenfeindlichkeit und eine Opferhaltung, wie Markus Theunert sagt: «Sie fühlen sich ungerecht behandelt, von der Gesellschaft und von Frauen im Speziellen.» Wichtig sei aber: Die Denkmuster der Manosphere finde man auch in der Mitte der Gesellschaft.

Incels als «terroristische Bedrohung»

Ermittelt werde zwar nicht in erster Linie wegen der Incel-Thematik, heisst es beim Fedpol. Im Vordergrund stehe das mutmassliche Delikt. Aber: «Für den Kontext einer Tat kann es relevant sein, ob sich eine Person mit einer bestimmten radikalen Ideologie beschäftigt hat», sagt Sprecherin Repesa.

Hast du schon mal von Incels gehört?

«Seit einigen Jahren betrachten einige Regierungen, vor allem in Nordamerika, die Incel-Ideologie als terroristische Bedrohung», so Repesa weiter (siehe Box unten). Die Täter seien mehrheitlich sozial isoliert und häufig in Online-Foren unterwegs. Der Aktionsplan richte sich gegen alle Formen der Radikalisierung: «Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf jungen Menschen, da diese besonders anfällig sind.»

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Wie hoch ist das Gewaltpotenzial? 

«Incels sind in erster Linie eine Gefahr für sich selbst», sagt Experte Markus Theunert. «Wenn man keine Chance sieht, an seiner Situation etwas zu ändern, hat man nur noch wenig zu verlieren.» Das senke die Hemmschwelle zur Gewalt – «sowohl gegen sich selbst, als auch gegen andere.»

Auch die Radikalisierung von Incels sei ein komplexer Prozess, so Theunert: «Risikofaktoren sind etwa Einsamkeit, Mobbingerfahrungen oder ein Mangel an nicht-virtuellen Beziehungen.» Männer, die sich aus dem realen Leben zurückziehen, seien besonders gefährdet. «Es gibt in jedem Kanton Radikalisierungsfachstellen, an die sich Betroffene und Angehörige wenden können.»  

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