Freie Fahrt100 Jahre Autobahn – wer hat sie erfunden?
Für viele ist die Sache klar: Hitler hat die Autobahn erfunden. Doch das stimmt nicht. Die erste moderne Autobahn wurde am 21. September 1924 in Italien eröffnet.
Darum gehts
Am 21. September 1924 wurde in Italien die erste moderne Autobahn eröffnet.
Sie führte von Mailand nach Varese.
Die erste Autobahn in Deutschland folgte erst 1932.
1924 gab es in ganz Italien gerade einmal 57’000 Autos. Das hielt findige Geschäftsleute aber nicht davon ab, am 21. September 1924 die erste echte Autobahn der Welt in Betrieb zu nehmen. Sie verband die Grossstadt Mailand mit dem 50 Kilometer nördlich gelegenen Varese. Die bis heute immer wieder gehörte Behauptung, dass Nazi-Diktator Adolf Hitler die Autobahn erfunden habe, ist also, wie man heute sagen würde, Fake News.
Die Idee kam von dem Unternehmer Piero Puricelli, der auch die legendäre Rennstrecke von Monza baute und später zum Grafen geadelt wurde. Der Ingenieur, der 1905 sein Studium an der ETH in Zürich abgeschlossen hatte, gründete 1921 ein Unternehmen namens Società Anonima Autostrade, eine Art italienische Autobahn GmbH. Das Prinzip: eine gebührenpflichtige Strasse nur für den Schnellverkehr – also ohne Hindernisse wie Kreuzungen, Fuhrwerke, Kutschen, Velos oder Fussgänger.
«Eine Fahrt auf Beton glatt wie Parkett»
Seinerzeit hielten die meisten Leute wenig davon, mobil zu sein. Lieber blieb man in seiner gewohnten Umgebung. Wer längere Strecken zurücklegen wollte oder musste, nahm den Zug. Auf den oft noch unasphaltierten Strassen über Land waren vor allem Pferdekarren unterwegs. Insofern war das erste Teilstück der späteren Autostrada dei Laghi (Autobahn der Seen), noch später die A8, ein sehr gewagtes Unternehmen.
Trotzdem kam Prominenz zur feierlichen Eröffnung: Die erste Fahrt unternahm in einem Lancia der damalige König Vittorio Emanuele III. Der Monarch durchschnitt auch das Band, sechs Soldaten standen Spalier. Die Tageszeitung «La Tribuna di Roma» vermerkte anerkennend: «Eine höchst attraktive Fahrt auf einem Beton glatt wie Parkett. Ohne tückische Rinnen oder Velofahrer oder Ähnliches, die man ins Jenseits schicken könnte ...» In Deutschland wurde darüber auch berichtet: aber nicht über eine Autobahn, sondern über eine «Nur-Autostrasse».
Anfangs gingen die Italiener von täglich 1000 Autos auf der Strecke aus. Es waren aber nur selten mehr als einige Dutzend – was auch daran gelegen haben mag, dass die Autostrada nachts geschlossen war. 1925 wurde der nächste Abschnitt eröffnet bis nach Como. Heute ist das die auch von Touristen vielbefahrene A9.
Auch die erste deutsche Autobahn kam vor Hitler
Zur Eröffnung der Autostrada sass Hitler in Bayern im Gefängnis, verurteilt zu fünf Jahren, wegen eines Putschversuchs im November 1923. Er wurde Ende 1924 nach neun Monaten Haft «wegen guter Führung» entlassen. Von Autobahnen war bei ihm erst 1933 die Rede: Nach der Machtergreifung veröffentlichte er ein Programm zum Bau vierspuriger «Strassen des Führers» quer durch Deutschland. Verschwiegen wurde, dass die Pläne aus den 1920er-Jahren stammten. Das erste Teilstück einer «kreuzungsfreien Kraftfahr-Strasse» wurde auch schon im August 1932 freigegeben, zwischen Köln und Bonn, heute die A555.
Übrigens gab es seinerzeit eine gewisse Konkurrenz zwischen den Faschisten in Berlin und Rom. Italiens Diktator Benito Mussolini, seit 1922 an der Macht, jubelte zur Eröffnung von Mailand-Varese: «Die Autobahnen sind eine grossartige italienische Errungenschaft, und ein sehr konkretes Zeichen unseres Ingenieurgeistes – den Söhnen des alten Roms nicht unwürdig.»
Vorläufer in den USA und Deutschland
Es gibt auch Experten, die die Autobahn für noch älter halten. In New York gab es schon seit 1908 den Long Island Motor Parkway, der allerdings nahezu ausschliesslich als Rennstrecke genutzt wurde – ein teurer Luxus für reiche Dandys. In Berlin wurde 1921 die Avus (Automobil-Verkehrs- und Übungsstrasse) eingeweiht, auch sie vor allem für Gutbetuchte: Die Vierteljahreskarte kostete enorme 1000 Mark. Mit der heutigen Autobahn – eine öffentliche Strasse nur für den motorisierten Verkehr, um schnell von A nach B zu kommen – hatte beides wenig zu tun.
Autobahnen eignen sich auch hervorragend als Start- und Landebahnen für Kampfjets, wie eine Übung im Juni auf der A1 zwischen Avenches und Payerne zeigte.
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