Freie Linke beleidigen SP und Grüne als «Mainstream-Linke»

Aktualisiert

Covid-19-GesetzFreie Linke beleidigen SP und Grüne als «Mainstream-Linke»

Ein Mitglied der «Freien Linken» wirft der Sozialdemokratie und den Grünen Solidarität mit den Bürgerlichen vor. Für SP-Co-Chef Cédric Wermuth klingen die Vorwürfe wie aus einer stehengebliebenen Sekte.

«Ich kenne keine linkere Sozialdemokratie als die SP Schweiz», kontert SP-Co-Präsident Cédric Wermuth.
«Frauen verdienen noch immer weniger als Männer. Wir sind also noch längst nicht Mainstream, auch wenn dies dringend nötig wäre», sagt Luzian Franzini, Vizepräsident der Grünen.
In einem Beitrag auf der Facebook-Seite der «Freien Linken Schweiz» wettert der Journalist und Autor Daniel Bugmann gegen die SP und die Grünen.
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«Ich kenne keine linkere Sozialdemokratie als die SP Schweiz», kontert SP-Co-Präsident Cédric Wermuth.

Adrian Moser

Darum gehts

  • Die SP und die Grünen seien «Mainstream-Linke», die die «globalistische Politik von Konzernen und bürgerlichen Parteien» unterstützten, behauptet ein Mitglied der «Freien Linken Schweiz».

  • Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP bezeichnet die Vorwürfe als ironisch.

  • Auch Luzian Franzini, Vizepräsident der Grünen, sagt: «Wir sind noch längst nicht Mainstream, auch wenn dies dringend nötig wäre.»

Die «Freie Linke Schweiz» erlangte mit ihrem Aufruf zur Corona-Demonstration am 23. Oktober zum ersten Mal nationales Aufsehen. Dabei spannte die Vereinigung politisch links orientierter Menschen mit bekannten Massnahmengegnerinnen und -gegnern zusammen. Mit ihrer Teilnahme an der Demo gegen das Covid-Gesetz verteidige die «Freie Linke Schweiz» urlinke Anliegen, sagte eine Vertreterin von ihnen kürzlich. Ihre Anhängerinnen und Anhänger schrecken dabei auch nicht davor zurück, gegen die linken Parteien auszuteilen.

In einem Beitrag auf der Facebook-Seite der «Freien Linken Schweiz» wettert der Journalist und Autor Daniel Bugmann gegen die SP und die Grünen. Er bezeichnet sie als «Mainstream-Linke», die die «globalistische Politik von Konzernen und bürgerlichen Parteien» unterstützten. Zudem ignorierten sie die Anliegen des Volkes, so der Autor.

«Kenne keine linkere Sozialdemokratie»

Statt kritisch solidarisch mit den liquidierten sozialistischen Staaten zu sein, stimmt der linke Mainstream laut Bugmann weitgehend in den bürgerlichen antikommunistischen Kanon ein. «Damit schneidet er die Arbeiterbewegung von ihren Wurzeln ab und nimmt ihr die Eigenständigkeit.» Die «Freie Linke» behauptet zudem, von den «mainstreamlinken Gralshüterinnen und Gralshütern als neofaschistischer Verein fantasiert und denunziert worden» zu sein.

Die linken Parteien weisen die Vorwürfe zurück. «Diese Vorwürfe klingen wie aus einer stehengebliebenen Sekte. Ich kenne keine linkere Sozialdemokratie als die SP Schweiz. Aber ja, wir versuchen auch Dinge zu verändern im konkreten, politischen Alltag», sagt sagt Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP. Seine Partei habe sich bei den Wirtschaftshilfen und der Kurzarbeit genau für diejenigen Menschen eingesetzt, die am meisten unter der Pandemie gelitten hätten.

Auch wehrt sich der SP-Nationalrat gegen die Behauptung, die globalisierte Politik von Konzernen zu unterstützen. «Wir versuchen seit Jahren den Einfluss der Konzerne auf die Politik zu verringern, gerade bei der Pharma. Wir kämpfen aktuell für die Aufhebung der Impfpatente.»

«Macht der Pharmaindustrie politisch immer geschützt»

Das Ironische an diesen Vorwürfen sei jedoch, dass sich die «Freie Linke» mit den Anarchokapitalisten um Masslos und der SVP zusammenschliesse, so Wermuth. «Diese haben die Macht der Pharmaindustrie politisch immer geschützt.» Tatsächlich habe die SP Schweiz als einzige Partei schon vor Jahren einen Plan für die Demokratisierung der Wirtschaft vorgelegt.

Wermuth distanziert sich vom Vorwurf, die linken Masnahmenskeptikerinnen und -skeptiker seien selber «(Neo-) Faschismus»: «Das läuft auf eine Verharmlosungen des Faschismus hinaus und das ist immer fehl am Platz.»

«Für Freigabe der Impfstoffpatente gekämpft»

Auch Luzian Franzini, Vizepräsident der Grünen, distanziert sich von den Vorwürfen: «Wir haben von Anfang an für die Freigabe der Impfstoffpatente gekämpft, damit auch ärmere Länder – wie zum Beispiel Eritrea – Zugang zur Impfung erhalten», sagt er. Schon dies entkräfte den Vorwurf, die Grünen seien im Mainstream untergegangen.

Auch wenn sie in den letzten Jahren gestärkt wurden, seien die Grünen immer noch eine Oppositionspartei ohne Bundesrat, so Franzini. «Noch immer ist die Schweizer Wirtschaft nicht auf einem grünen Klimakurs. Und auch unsere Vision eines starken öffentlichen Gesundheitswesens mit guten Arbeitsbedingungen wurde noch nicht akzeptiert.» Auch in der Gleichstellungspolitik hätten sich grüne Ideen noch nicht durchgesetzt. «Frauen verdienen noch immer weniger als Männer. Wir sind also noch längst nicht Mainstream, auch wenn dies dringend nötig wäre.»

Luzian Franzini kritisierten den Vorwurf, ihre Parteien verurteilten die linken Massnahmenskeptikerinnen und -skeptiker als «(Neo-)Faschismus» aufs Schärfste: «Solche Vergleiche verharmlosen den Faschismus und sind falsch, unter den Massnahmenskeptikerinnen und -skeptikern tummeln sich jedoch erwiesenermassen Nazis.»

Restliche Mitglieder seien gleicher Meinung

Daniel Bugmann war am Freitag für eine Stellungnahme zu seinem Post nicht erreichbar. Ein weiteres Mitglied der «Freien Linken», das anonym bleiben möchte, bestätigt: «Wir können Bugmanns Vorwürfe alle so unterschreiben.» Die «Freie Linke» sei eine Art «Sammelbecken für alle linken Menschen, die mit dem Standpunkt der SP und der Grünen zum Thema Corona-Massnahmen» nicht einverstanden seien.

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