BundesgerichtFreispruch von IZRS-Chef aufgehoben
2018 mussten sich drei Mitglieder wegen Terrorpropaganda vor Gericht verantworten. IZRS-Chef Nicolas Blancho und Sprecher Qaasim Illi wurden freigesprochen – bis jetzt.
Das Bundesgericht hat die Freisprüche für die Vorstandsmitglieder des Vereins Islamischer Zentralrat Schweiz (IZRS) Nicolas Blancho und Qaasim Illi durch das Bundesstrafgericht aufgehoben. Der Fall geht nun zurück ans Bundesstrafgericht.
Das Bundesgericht hat in einem weiteren am Freitag veröffentlichten Urteilen die Verurteilung eines dritten IZRS-Vorstandsmitglieds, Naim Cherni, bestätigt. Die Bundesanwaltschaft (BA) hatte gegen die Freisprüche von Qaasim Illi und Nicolas Blancho Beschwerde eingelegt. Cherni gelangte gegen seine Verurteilung vergeblich ans Bundesgericht.
Übertriebener Formalismus
Die beiden Freisprüche begründete das Bundesstrafgericht im Sommer 2018 damit, dass die Tatvorwürfe gegen Illi und Blancho in der Anklageschrift nicht hinreichend umschrieben worden seien. Dies verletzt gemäss Bundesgericht Bundesrecht.
Die Lausanner Richter halten in ihrem Urteil fest, dass die Anklageschrift gegen Blancho und Illi vom Bundesstrafgericht unverändert für die Hauptverhandlung zugelassen worden sei. Bei ungenügenden Anklagen besteht jeweils die Möglichkeit, diese an die Staatsanwalt zurückzuweisen, damit Fehler behoben werden können.
Im Teil der Anklageschrift, der sich auf Cherni beziehe, seien die vorgeworfenen Sachverhalte akribisch dargelegt. Die BA habe zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Teil quasi als «copy and paste» einfach in die Teile der Anklageschriften der beiden anderen Beschuldigten hätte eingefügt werden müssen. Dem stimmt das Bundesgericht bei und bezeichnet die Begründung des Bundesstrafgerichts als übertriebenen Formalismus.
Aus der Gesamtbetrachtung der Anklageschrift ergebe sich ohne Weiteres, welche Taten Blancho und Illi vorgeworfen würden.
Veröffentlichte Propaganda-Videos
Die Urteile stehen im Zusammenhang mit einem Film, in dem ein Interview mit dem Anführer des syrischen Ablegers der Terrororganisation al-Qaida gezeigt wird. Der IZRS hatte den Film im November 2015 auf seinem Youtube-Kanal veröffentlicht.
Ein zweiter Film wurde im Dezember 2015 in einem Hotel in Winterthur aufgeführt und anschliessend ebenfalls auf dem Youtube-Kanal des IZRS veröffentlicht. Die Filme wurden auch über die sozialen Netzwerke des IZRS bekannt gemacht.
Propaganda für al-Qaida
Die BA erhob 2017 Anklage gegen drei Vorstandsmitglieder des IZRS. Ihnen wurde vorgeworfen, gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen al-Qaida und Islamischer Staat sowie verwandter Organisationen verstossen zu haben, indem sie die Filme hergestellt, veröffentlicht und aktiv beworben hätten.
Durch die Veröffentlichung der Propaganda-Videos habe der Anführer des syrischen Ablegers der al-Qaida eine Plattform erhalten, um seine Person und die Ideologie der von ihm vertretenen al-Qaida vorteilhaft darzustellen und zu propagieren.
Geht der Fall nach Strassburg?
Das Bundesstrafgericht sprach lediglich Cherni in fünf von sechs Anklagepunkten schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten.
Der IZRS hat von den Urteilen Kenntnis genommen, wie er in einer Medienmitteilung von Freitag schreibt. Er prüft nun, ob er die Urteile an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterziehen soll. (vro/sda)