Pillen, Dragees, Pulver: Für wen sich Nahrungsergänzungsmittel wirklich lohnen

Über die Nahrung oder doch lieber Tabletten? Wie sollten Vitamine aufgenommen werden?

Über die Nahrung oder doch lieber Tabletten? Wie sollten Vitamine aufgenommen werden?

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Pillen, Dragees, PulverFür wen sich Nahrungsergänzungsmittel wirklich lohnen

In unserer Reihe «Fitness Busters» räumen wir mit sechs gängigen Nahrungsergänzungmittel-Mythen auf, die für Verwirrung sorgen.

Vitamine, Ballaststoffe, Spurenelemente – der Markt ist geschwemmt von Nahrungsmittelergänzungen. Sie bescheren den Herstellern Umsätze in Milliardenhöhe. Aber wem bringen sie wirklich etwas? Wir räumen mit gängigen Mythen zum Thema auf.

Was sind Nahrungsergänzungsmittel?

Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Immunbooster: Der Markt ist geflutet von Pillen, die für fast alles eine Lösung bieten.

Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Immunbooster: Der Markt ist geflutet von Pillen, die für fast alles eine Lösung bieten. 

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1. Je mehr Nahrungsergänzungsmittel, desto besser!

Falsch! Es ist sehr verbreitet, täglich vorsorglich Tabletten mit Vitaminen und Mineralstoffen einzunehmen — in dem Glauben, das könne nicht schaden. Eine Überdosierung mit Nahrungsergänzungsmitteln kann aber riskant sein. Oftmals sind die einzelnen Vitamine und Mineralstoffe zu hoch dosiert und können dem Körper nachhaltig schaden. Speziell Vitaminpräparate werden schnell überdosiert. Das Problem: Höchstmengen für die Inhaltsstoffe von Nahrungsergänzungsmitteln gibt es bislang nicht, was eine Dosierung schwierig macht.

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2. Eine Überdosierung wird sofort bemerkt

Jein: Gegen eine Überdosierung von Vitamin D wehrt sich der Körper beispielsweise mit Erbrechen, Durchfall und Kopfschmerzen. Andere Überdosierungen bleiben länger unentdeckt, haben aber Folgeschäden. Auch wenn die Empfehlung auf der Packung eingehalten wird, musst du daran denken, dass du auch über die Nahrung Spurenelemente zu dir nimmst. Die genaue Dosierung zu treffen, ist also sehr schwierig. 

Die Packungsbeilage alleine zu studieren, reicht nicht. Für ein vollständiges Bild solltest du deine gesamte Ernährung im Auge behalten.

Die Packungsbeilage alleine zu studieren, reicht nicht. Für ein vollständiges Bild solltest du deine gesamte Ernährung im Auge behalten. 

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3. Alle brauchen Nahrungsergänzungsmittel

Falsch! Nur bei besonderen Situationen empfehlen Ärztinnen und Ernährungsberater Nahrungsergänzungsmittel. «Wer einen gesunden, aktiven Lebensstil hat und sich ausgewogen ernährt, braucht nicht zusätzlich solche Mittel einzunehmen. Einzig bei Vitamin D ist es ratsam, sich nach einer Beratung eventuell supplementieren zu lassen. Auch bei Schwangerschaft, Säuglingen, Krankheiten und vegetarischer oder veganer Ernährungsform sind Ergänzungen oft sinnvoll. Im Zweifel lohnt sich die Beratung durch eine medizinische Fachperson oder eine Ernährungsberatung», sagt Dr. Bernd Schultes, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie am Stoffwechselzentrum St. Gallen.

Selbst im ambitionierten Freizeitsport besteht nur in Ausnahmefällen (zum Beispiel bei einem klinischen Mangel) der Bedarf an Nahrungsergänzungsmitteln. Normalerweise können Sportlerinnen und Sportler ihren Tagesbedarf an Nährstoffen durch eine ausgewogene, abwechslungsreiche und saisonale Ernährung gut abdecken.

Selbst im ambitionierten Freizeitsport besteht nur in Ausnahmefällen (zum Beispiel bei einem klinischen Mangel) der Bedarf an Nahrungsergänzungsmitteln. Normalerweise können Sportlerinnen und Sportler ihren Tagesbedarf an Nährstoffen durch eine ausgewogene, abwechslungsreiche und saisonale Ernährung gut abdecken.

Unsplash / Lifefuel

Wie sieht es bei sehr sportlichen Menschen aus? Hier wird zwischen Freizeit- und Leistungssport differenziert. Wer bis zu 300 Stunden im Jahr trainiert, gehört zu den Freizeitsportlerinnen und -sportlern. Hier sind spezielle Nahrungsergänzungsmittel wie BCAAs und Glutamin nicht relevant, da man die entsprechenden Aminosäuren mit der Ernährung sehr gut abdecken kann. Auch eine Einnahme von Kreatin ist nicht nötig und kann bei Überdosierung zu Schäden führen. Wer Spitzensport betreibt, wird engmaschiger kontrolliert – eine ärztliche Beratung ist unerlässlich.

4. Alle Nahrungsergänzungsmittel haben eine super Qualität

Leider nein: «Für die Zulassung eines Nahrungsergänzungsmittels gibt es nur sehr geringe Hürden, im Gegensatz zu Arzneimitteln», sagt Dr. Schultes. Nahrungsergänzungsmittel müssen also nicht die strengen Tests und Qualitätsprüfungen durchlaufen, die für Medikamente vorgeschrieben sind, bevor sie auf den Markt gelangen. Daher kann man auch nicht immer sicher sein, dass alle im Handel erhältlichen Produkte die gleiche Qualität haben.

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5. Der Tagesbedarf muss eingehalten werden

Jein: «Tagesbedarfe» auf Lebensmittelpackungen erwecken den Eindruck, wir müssten diese Nährstoffmenge täglich erreichen, um keine Unterversorgung zu riskieren. Es handelt sich aber um langfristige Durchschnittswerte zur Orientierung. Es ist deshalb überhaupt kein Problem, diese Werte auch tagelang nicht zu erreichen. Ein Pizza-Abend mit Glace und Wein liegt gut drin, wenn du dich langfristig ausgewogen ernährst. Das gilt besonders, wenn man, so oft es geht, frische Lebensmittel verwendet.

Darf auch mal sein: Pommes und Ketchup.

Darf auch mal sein: Pommes und Ketchup. 

Pexels / Alena Shekhov

Bei einer abwechslungsreichen Ernährung, zu der auch mal Pommes Frites und Ketchup gehören, enthält unsere Nahrung ausreichend Vitamine und Spurenelemente. 

6. Vitamine und Mineralstoffe können besser über Tabletten als über die Nahrung aufgenommen werden

Falsch! In vielen Gemüsesorten gibt es mehr als 400 Inhaltsstoffe, die für den Körper wichtig sind. Vitamine machen da nur einen kleinen Teil aus. Auch sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe, Mineralstoffe und Spurenelemente sind für den Körper von Bedeutung – und viele von ihnen lassen sich gar nicht in Nahrungsergänzungsmitteln verpacken. «In vielen Fällen braucht der Körper die anderen Enzyme und Nährstoffe, die in Vollwertkost enthalten sind, um sie richtig aufzunehmen. Wenn diese Mikronährstoffe isoliert werden, haben sie oft nicht denselben gesundheitlichen Nutzen», sagt Dr. sc. nat. Vanessa Craig, studierte Molekularbiologin am medizinischen Campus Rivr in Zürich.

Möglichst viele Farben, möglichst unverarbeitet, möglichst frisch und saisonal: Die beste Medizin ist eine gesunde Ernährung.

Möglichst viele Farben, möglichst unverarbeitet, möglichst frisch und saisonal: Die beste Medizin ist eine gesunde Ernährung. 

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Am besten ist es also, seinen Nährstoffbedarf mithilfe natürlicher Nahrungsmittel zu decken. Das Beste: Bei Gemüse ist eine Überdosierung praktisch unmöglich. 

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