Funiciello will Klitoris-Poster in Männer-WCs

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Sex-WissenFuniciello will Klitoris-Poster in Männer-WCs

Das Wissen der Schweizer Jungpartei-Präsidenten über Sex ist lückenhaft. Laut Experten muss der Sexualkundeunterricht an Schulen verbessert werden.

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Die sieben Präsidenten der Jungparteien nehmen kein Blatt vor den Mund. Im Video «Let's talk about Sex!» beantworten sie die Fragen des Jugendnetzwerks Sexuelle Gesundheit Schweiz. (Video: Jugendnetzwerk Sexuelle Gesundheit Schweiz, Benoît Robert, Noemi Grütter)

Das Jugendnetzwerk Sexuelle Gesundheit Schweiz produzierte ein Video mit den Schweizer Jungpartei-Präsidenten zu ihrem Sex-Wissen. Für Noemi Grütter, Mitglied des Jugendnetzwerks, waren die Wissenslücken der Befragten bezüglich Sex erschreckend. Dabei spielten weder Ausbildung noch Parteizugehörigkeit eine Rolle für das Wissen.

Ana Fontes Martins, Co-Präsidentin der Jungen Grünliberalen, habe die Fragen am souveränsten beantwortet, so Grütter. Dies könne eventuell auf den im Vergleich zur Deutschschweiz qualifizierteren Sexualkundeunterricht mit externen Sexualpädagogen in der Romandie zurückgeführt werden. «Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass das Wissen der Jungpartei-Chefs zum Thema Sexualität sich in etwa mit dem eines Grossteils der Schweizer Bevölkerung deckt.»

Sexualkundeunterricht

In der Deutschschweiz wird der Sexualkundeunterricht laut Grütter trotz Verankerung im Lehrplan 21 nur sehr mangelhaft umgesetzt. «In jedem Kanton, jeder Gemeinde, jeder Schule und bei jeder Lehrperson wird er anders gehandhabt.» Dadurch gehe der Inhalt letztlich auf die Verantwortung einzelner zurück und sei nicht einheitlich.

Das hänge auch mit der Grösse des Themas zusammen, so Grütter. Dieses sei eigentlich zu umfassend, als das es aufgrund eines Kurses von Lehrern innerhalb weniger Lektionen abgehandelt werden könne. Für mehr Vermittlungsarbeit fehle aber vielfach das Budget von Schulen und Gemeinden.

Ganzheitliche Sexualaufklärung

Auch die Studie «Untersuchung zu sexuellen Rechten als Grundlage der Sexualaufklärung in der Schweiz» hält fest: «Weder die Eltern noch die Schule sind für sich in der Lage, eine ganzheitliche Sexualaufklärung zu bieten.» Dies zumeist aufgrund fehlender Kompetenzen oder Kenntnisse. Vor allem Väter würden ihre Pflicht bezüglich sexueller Aufklärung ihrer Kinder praktisch gänzlich vernachlässigen.

Aktualität des Verbesserungspotenzials

Laut Grütter kritisierten einige Jungpartei-Präsidenten den Sexualkundeunterricht ihrer Schulzeit: «Sie hätten sich eine breitere, positivere Ausrichtung desselben gewünscht.» So sollte nicht nur über Gefahren und mechanischen Ablauf informiert werden, sondern auch altersangemessen über Geschlechteridentitäten, sexuelle Ausrichtungen oder auch Rechte.

«Grundsätzlich hat sich aber seit der Schulzeit der Präsidenten der Jungparteien bis heute in der Umsetzung des Unterrichts nichts verändert», sagt Grütter. Deshalb sei das von den Politikern festgestellte Verbesserungspotenzial auch heute noch von Relevanz.

Für und wider die Klitoris-Bilder

Die vor kurzem abgetretene Juso-Chefin Tamara Funiciello schlägt im Video vor, Klitoris-Plakate vor allem in Männer-WCs aufzuhängen. Sie begründet dies auf Anfrage von 20 Minuten damit, dass die Gesellschaft offensichtlich nichts über weibliche Sexualität wisse: «Sie wird nur thematisiert, wenn es darum geht, nicht schwanger zu werden oder Männern Lust zu bereiten. Die weibliche Lust wird in unserer ach so liberalen Gesellschaft ausgeblendet.»

Den Vorschlag von Funiciello sieht Remo Zuberbühler, Präsident der Jungen Bürgerlich-Demokratischen Partei, kritisch: «Ich finde die Forderung von Tamara wenig sinnvoll. Man sollte besser den Sexualkundeunterricht richtig ausrichten und stärken. Sonst können wir mit der Gleichberechtigungsfrage auch gleich Eicheln in der Damentoilette aufhängen.»

«Klitoris-Plakate in allen WCs nützlich»

Für Grütter bietet Funiciellos Vorschlag einen Ansatz zur breiteren Aufklärung der Gesellschaft. «Die Klitoris ist über Jahrzehnte tabuisiert worden. Es gibt für den Sexualkundeunterricht sogar Bücher, in denen sie nicht einmal erwähnt wird.»

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