ZürichFussballverein bezeichnet Chinesen in Clubheft als «fledermausfressende Spezies»
In einem Clubheft des FC Wollishofen werden Chinesen als «fledermausfressende Spezies» bezeichnet. «Ein trauriges Beispiel von Alltagsrassismus», sagt ein Experte.
Darum gehts
- Im Clubheft des FC Wollishofen bezeichnet ein Autor Chinesen als «fledermausfressende Spezies».
- Die Schweiz habe nicht nur dank Corona, sondern auch wegen GC die «chinesische Seuche».
- Ein Experte bezeichnet das als typisches Beispiel von «Alltagsrassismus». Auch der Fussballverband verurteilt die Zeilen.
- Der Präsident des Fussballclubs entschuldigt sich und spricht von einem Riesenfehler. Es handle sich um die Meinung einer Einzelperson.
- Wie der Autor sagt, tut es ihm leid. Er will sich in der nächsten Ausgabe des Hefts entschuldigen.
Was haben das Coronavirus und der Kauf von GC durch die Chinesin Jenny Wang miteinander zu tun? Eine ganze Menge, wenn man einem Artikel glaubt, der in der Clubzeitschrift «DropKick» des FC Wollishofen erschienen ist. Dort schreibt Autor «Toni», dass die Schweiz «dank den Chinesen nicht nur Corona», sondern GC «auch noch die chinesische Seuche im Stadion» habe.
In seinem Artikel schreibt Toni gegen die GC-Übernahme, die neue Besitzerin und Chinesen im Allgemeinen an. Dabei schreckt er auch nicht davor zurück, das chinesische Volk als «fledermaus- und weiss der Geier was noch alles fressende Spezies» zu bezeichnen und ihm gleichzeitig die Schuld an der Corona-Pandemie zu geben.
«Beleidigend und diskriminierend»
Dominic Pugatsch findet den Inhalt des Texts unglaublich: «Der Text ist ein trauriges Beispiel von Alltagsrassismus, den wir leider auch in der Schweiz haben», sagt der Geschäftsführer der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA). Die Aussagen seien beleidigend und diskriminierend: «Der Autor holt zu einem Rundumschlag gegen Chinesen aus und würdigt sie verbal herab.»
In der Zeitschrift eines Sportclubs habe so ein Text nichts zu suchen, sagt Pugatsch. «Beim Sporttreiben soll man Teamfähigkeit und Toleranz lernen. Umso schockierender ist es, wenn ein Fussballclub solche Pamphlete in Umlauf bringt.»
Irgendetwas müsse im Club schieflaufen, dass so ein Text abgedruckt worden sei, so Pugatsch. «Es ist zu hoffen, dass der Club jede notwendige Konsequenz zieht, um so etwas in der Zukunft zu verhindern. Besonders, weil davon auszugehen ist, dass der Club etwa für die Jugendförderung oder für die eigene Infrastruktur auch öffentliche Unterstützung erhält.»
Fussballverband verurteilt Aussagen
Tatsächlich erhält der Club nicht nur vom Sportförderprogramm Jugend + Sport, sondern auch von der Stadt Zürich Gelder. Letztes Jahr waren das 20’000 Franken städtische Jugendsportförderung, wie Stephan Wild-Eck, Leiter der Abteilung Sportförderung und Beratung, auf Anfrage sagt. Zum Fall äussern will er sich nicht, das sei nicht Aufgabe des Sportamts. Auch das für die «Jugend + Sport»-Beiträge zuständige Sportamt des Kantons Zürich will keine Stellung nehmen.
Anders der Schweizerische Fussballverband: «Wir verurteilen diese Zeilen, die unseres Wissens von einer Einzelperson verfasst wurden, und distanzieren uns von diesen Aussagen. Sie sind despektierlich und widersprechen den Statuten und dem Leitbild des SFV», sagt Adrian Arnold auf Anfrage. Der Verband stehe im Dialog mit dem FC Wollishofen. «Allfällige weitere Schritte werden geprüft.»
Auch GC reagiert irritiert: «Der Grasshopper Club Zürich ist sehr erstaunt und stark befremdet über die Publikation im Clubmagazin des FC Wollishofen», sagt Adrian Fetscherin. GC gehe davon aus, dass dies die rassistische Meinung eines Einzelnen sei und nicht die Meinung des FC Wollishofen darstelle. Der Club habe ein intaktes Verhältnis zum FC Wollishofen und begrüsse die Arbeit des FC. Nach einer Entschuldigung vonseiten des Vereins sei die Angelegenheit für GC aber erledigt.
FC-Präsident spricht von «Riesenfehler»
Der Präsident des FC Wollishofen bereut die Publikation des Artikels, wie er auf Anfrage sagt: «Das tut uns sehr leid. Der Text hätte nie so abgedruckt werden dürfen. Solche Aussagen gehen gar nicht», sagt Rolf von Allmen. Der FC Wollishofen und er selber stünden nicht hinter diesem Artikel. Es handle sich um die Meinung einer Einzelperson: «Der Autor des Texts ist ein langjähriges Clubmitglied, der immer wieder für unsere Zeitschrift über den Schweizer Fussball schrieb.»
Von Allmen spricht von einem «Riesenfehler»: «Ich habe den Artikel vor dem Druck abgesegnet, weil ich ihn nur überflogen habe.» Der FC Wollishofen habe kein Rassismusproblem, betont er: «Unser Fussballclub besteht zu zwei Dritteln aus Ausländern. Wir sind keine Rassisten, bei uns ist jeder willkommen.» So etwas dürfe nicht mehr passieren: «In Zukunft werden wir das Heft fünfmal durchlesen und kontrollieren, bevor wir es drucken.»
Autor: «Das ist eigentlich nicht meine Art und Weise»
20 Minuten konnte auch mit dem Autor Toni sprechen. Seinen Nachnamen will er nicht nennen: «Ich bin verantwortlich für den Artikel. Es tut mir uhuere leid», sagt er. Der Text sei im Ärger entstanden, dass GC verkauft worden sei. «Das ist eigentlich nicht meine Art und Weise. Es ist mir peinlich, aber ich kann es nicht mehr ungeschehen machen.»
Toni will im nächsten Vereinsheft eine Entschuldigung schreiben: «Weil meine Worte auch Mitglieder aus dem Verein getroffen haben.» Im Nachhinein betrachtet, könne man seine Aussagen «durchaus als rassistisch auffassen», gibt er zu. Trotzdem: «Ich bin überhaupt kein Rassist. Ich arbeite seit 30 Jahren mit Leuten aus unterschiedlichsten Kulturkreisen zusammen.»
Ob Tonis rassistische Zeilen strafbar wären, ist für Pugatsch schwer abzuschätzen. In diesem Fall scheine es ihm grenzwertig zu sein. Von einer Anzeige gegen sich aufgrund der Rassismusstrafnorm hat Toni laut eigener Aussage keine Kenntnis. Er weiss aber: «Das kann passieren, das ist mir schon klar.»