Gefängnisstrafe «light» für Berlusconi

Aktualisiert

Wegen AmnestieGefängnisstrafe «light» für Berlusconi

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi müsste wegen Steuerbetrugs vier Jahre hinter Gitter - eigentlich. Denn drei Jahre davon fallen unter eine Amnestieregelung.

von
jbu
Silvio Berlusconi verlässt am 19. Oktober das Gericht - allerdings nach einer Anhörung zum sogenannten Bunga-Bunga-Verfahren, das ebenfalls noch gegen ihn läuft.

Silvio Berlusconi verlässt am 19. Oktober das Gericht - allerdings nach einer Anhörung zum sogenannten Bunga-Bunga-Verfahren, das ebenfalls noch gegen ihn läuft.

Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist in einem Prozess um Steuerbetrug zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Zudem sei Berlusconi die Ausübung öffentlicher Ämter für drei Jahre untersagt worden, berichtete die Zeitung «La Stampa» auf ihrer Internetseite. Weiter muss der «Cavaliere» demnach dem Finanzamt 10 Millionen Euro zurückzahlen.

Berlusconi wurde im Prozess beschuldigt, in den 1990er Jahren persönlich in eine Kette fingierter Verkäufe verwickelt gewesen sein. Beim Verkauf von Fernsehrechten seines Unternehmens Mediaset seien die Kosten um hunderte Millionen Dollar aufgebläht worden, hatte der Mailänder Staatsanwalt Fabio De Pasquale argumentiert und für Berlusconi eine Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten beantragt. Der Richter übertraf den Antrag des Staatsanwalts mit seinem Urteil entsprechend sogar noch.

Die in erster Instanz verhängte Gefängnisstrafe betrage allerdings effektiv nur ein Jahr, die restlichen drei Jahre fielen unter eine Amnestieregelung aus dem Jahr 2006, teilte das Gericht in Mailand am Freitagabend mit.

Die Regelung war unter der damaligen linksgerichteten Regierung unter Ministerpräsident Romano Prodi erlassen worden, um das Problem überfüllter Gefängnisse in dem Land in den Griff zu bekommen.

Verjährungsfrist läuft aus

Aus Gründen der Verjährung ist auch offen, ob das am Freitag gefällte Urteil in einem Berufungsverfahren überhaupt rechtskräftig werden kann.

Sehr wahrscheinlich ist, dass die Verjährungsfrist für die im Mailänder Prozess verhandelten Straftatbestände im kommenden Jahr endet. In Italien muss ein Urteil, bevor es rechtskräftig wird, zwei Berufungsinstanzen durchlaufen.

Dass die Anwälte Berlusconis Berufung einlegen, gilt als sicher. Bei der Urteilsverkündung war der 76-Jährige Milliardär nicht anwesend.

Immunitätsgesetz durchgeboxt

Der Prozess begann im Jahr 2006 und verzögerte sich immer wieder. So hatte sich Berlusconi in seiner Zeit als Ministerpräsident ein Immunitätsgesetz verabschieden lassen, das erst wieder vom Verfassungsgericht einkassiert werden musste. Zudem brachte er immer vor, er könne Gerichtstermine nicht wahrnehmen, weil sie mit seinen Verpflichtungen als Regierungschef kollidieren würden.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Berlusconi in einem Gerichtsprozess ungeschoren davonkäme: Seit seiner ersten Wahl im Jahr 1994 wäre er laut dem «Telegraph» für unglaubliche 2500 Anhörungen in 100 Fällen vorgeladen gewesen. In diversen Fällen kam es auch zu erstinstanzlichen Verurteilungen. Dank Berufungen und Verjährungen blieb der «Cavaliere» aber immer auf freiem Fuss.

Auch ein Verfahren in der Schweiz

Auch die Schweiz hat im Zusammenhang mit dem Mediaset-Verfahren zunächst rund 150 Millionen Franken auf Schweizer Konten gesperrt. Ausserdem hat die Bundesanwaltschaft selbst ein Verfahren wegen Verdachts auf Geldwäscherei eingeleitet. Dies bestätigte Jeannette Balmer, Sprecherin der Bundesanwaltschaft (BA).

Das Strafverfahren in der Schweiz wurde nach Angaben der BA- Sprecherin im September 2011 aufgegeben. Ein grosser Teil der Anklagepunkte sei verjährt gewesen. Die übrigen Teile seien Gegenstand der Untersuchungen in Italien gewesen.

Bunga-Bunga und der Fall Mills

Doch auch nach der Verurteilung im Mediaset-Prozess droht Berlusconi noch weiteres Unheil. Laut «le inchieste» laufen noch mehrere weitere Prozesse gegen den ehemaligen Regierungschef Italiens. Im Fall «Mills» geht es um Bestechung zur Falschaussage vor Gericht. Berlusconi soll dem englischen Anwalt David Mills 600 000 Dollar bezahlt haben, damit dieser vor Gericht für ihn lügt.

Für grosses Aufsehen sorgte in der jüngsten Vergangenheit der «Bunga-Bunga-Prozess», auch bekannt als «Ruby-Affäre». In dieser geht es um Amtsmissbrauch und Sex mit Minderjährigen. Berlusconi wird vorgeworfen, im Jahr 2010 mit der zur Tatzeit minderjährigen Nachtclub-Tänzerin Karima al Mahrough alias «Ruby» Sex gehabt zu haben. Als Zeuge im Prozess wäre niemand geringerer als Hollywood-Star George Clooney vorgeladen gewesen. Er hätte für die Verteidigung zu den sogenannten «Bunga Bunga»-Partys in Berlusconis Villa aussagen sollen, bei denen es angeblich zu sexuellen Handlungen gekommen sein soll. Clooney hatte die Gerichtsvorladung aber ignoriert. (jbu/sda/dapd)

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