Geiselnahme in Zug bei Yverdon: Polizei gibt Motiv bekannt

Livetickeraktualisiert am Freitag, 9. Februar, 2024

Polizei zu MotivGeiselnehmer wollte mit Asylzentrum-Mitarbeiterin in Kontakt treten

Für vier Stunden wurden am Donnerstagabend in der Nähe von Yverdon VD 13 Personen in einem Zug zur Geisel genommen. Ein 32-jähriger Mann war mit einer Axt bewaffnet.

20 Minuten berichtet aus Essert-sous-Champvent.

20min

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Freitag, 09.02.2024
17:15

Polizei gibt neue Details bekannt

Die Kantonspolizei Waadt gibt am Freitagnachmittag in einer Medienmitteilung mehr Details zur Geiselnahme und dem Motiv des Täters bekannt: Beim Mann, der am Donnerstag, zwölf Passagiere und den Lokführer eines Zuges zwischen Baulmes und Yverdon-les-Bains als Geiseln genommen hatte, handelt es sich um einen 32-jährigen Asylbewerber iranischer Nationalität, der dem Kanton Genf zugewiesen wurde. Zum Zeitpunkt der Tat sei er mit einer Axt, einem Hammer und einem Messer bewaffnet gewesen. 

Bei der Überwältigung des 32-Jährigen habe die Polizei zuerst ein Elektroschockgerät eingesetzt. Als der Mann weiter auf die Einsatzkräfte und die Geiseln zugekommen sei, setzte ein Polizist seine Waffe ein und schoss auf den 32-Jährigen. Dabei wurde dieser tödlich verletzt. «Ersten Ermittlungen zufolge waren seine Motive auf seine Situation als Asylsuchender sowie auf seinen hartnäckigen Wunsch zurückzuführen, mit einer Mitarbeiterin eines Asylbewerberzentrums in Kontakt zu treten», heisst es in der Mitteilung. Die Polizei habe aufgrund seines Verhaltens bereits mehrmals einschreiten müssen.

16:20

So geht es dem Lokführer

20 Minuten hat beim Verkehrsunternehmen Travys nachgefragt, wie es dem betroffenen Lokführer geht. Laut der Sprecherin Marine Kerhoas hat der Fahrer beim Vorfall keine körperlichen Verletzungen erlitten. Nachdem die Polizei alle Passagiere befreien konnte, sei der Lokführer zusammen mit allen Betroffenen nach Yverdon gebracht und dort psychologisch betreut worden. Danach sei er von der Polizei verhört worden. «Derzeit erholt sich der Lokführer vom Geschehenen.»

15:48

Misstrauen gegenüber Geflüchteten

20 Minuten trifft in Sainte-Croix auf zwei kurdische Geflüchtete. Der Vorfall werfe ein schlechtes Licht auf sie, sagen sie gegenüber Reporter Mikko Stamm. «Die Leute im Ort haben uns heute ganz anders angeschaut.» Wie sie sagen, spürten sie, dass ihnen am Freitag verstärkt Misstrauen entgegengebracht werde. «Dabei machen wir hier keine Probleme und kommen gut mit den Leuten im Dorf zurecht.»

15:21

Markus wäre fast auf dem besagten Zug gewesen

Markus (58) aus Sainte-Croix hat am Donnerstag die Verbindung nur eine halbe Stunde vor dem besagten Zug genommen. «Als ich vom Vorfall erfahren habe, dachte ich nur: Himmel Donnerwetter, was geht denn hier ab? Es hat mich schockiert.» Der Gedanke, dass er fast auf diesem Zug gewesen wäre, löse bei ihm beklemmende Gefühle aus.

Markus aus Sainte-Croix ist schockiert.

Markus aus Sainte-Croix ist schockiert.

20min
14:40

«In der Schule haben heute alle darüber gesprochen»

«Viele Schülerinnen und Schüler nehmen den Zug nach Yverdon jeden Tag», sagt Mohammad (17). Wie er erzählt, hätten nun viele Angst. «In der Schule haben heute alle darüber gesprochen, was gestern Abend passiert ist.»

Waadtländer Jugendliche nutzen die Zugverbindung täglich.

20min
14:35

Helene (44) macht sich Sorgen um ihre Tochter

Helene (44) aus Sainte-Croix erfuhr gestern Abend von der Geiselnahme. «Ein Freund hat mir eine Artikel geschickt. Zuerst dachten ich es sei ein Fasnachtsscherz.» Danach habe sie sofort an ihre Tochter gedacht, die täglich mit dem Zug zwischen Sainte-Croix und Yverdon-les Bains reist. «Zum Glück nicht gestern Abend.» Dennoch macht sich die Mutter Sorgen um ihr Kind. «Ich nehme an, dass heute Abend weniger Leute den Zug nehmen werden als üblich.»

Helene aus Sainte-Croix macht sich Sorgen um ihre Tochter.

Helene aus Sainte-Croix macht sich Sorgen um ihre Tochter.

20min
14:23

Geiselnehmer will nach England

In den Aufnahmen der Geiseln hört man den 32-jährigen Iraner gebrochen Englisch sprechen. Er spricht unter anderem darüber, dass er nach England gehen will. In den unzusammenhängenden Worten kommt zudem durch, dass der Geiselnehmer in der Schweiz nicht zufrieden ist. Gemäss Recherchen der Zeitung «24heures» ist der 32-Jährige 2023 nach Grossbritannien gereist. Dort sei seine Anwesenheit gemeldet worden. Daraufhin sei er in die Schweiz zurückgeschickt worden.

13:35

Wollte der Geiselnehmer seine Ex-Freundin unter Druck setzen?

Laut der Zeitung «24heures» soll der Geiselnehmer im Zug die Passagiere vor allem bedroht haben, um seine ehemalige Lebensgefährtin, die im Kanton Neuenburg wohnt, unter Druck zu setzen. Er habe gewollt, dass sie vor Ort kommt. Dies sei jedoch nicht gelungen.

13:16

Neue Details zum Täter

Den Sicherheitsbehörden soll der 32-jährige Iraner laut dem Westschweizer Fernsehsender RTS nicht wegen Gewalttaten oder Radikalisierung bekannt gewesen sein. Der Mann sei 2022 in die Schweiz eingereist und im Bundeszentrum von Boudry (NE) registriert worden. Laut RTS wurde er dann im November 2022 dem Kanton Genf zugewiesen, da er auf einen Entscheid über seinen Asylantrag im erweiterten Verfahren wartete.

Wie der Fernsehsender schreibt, soll der Mann danach zeitweise verschwunden sein. Über ihn sollen mehrere Vermisstenanzeigen mit potenzieller Suizidgefährdung ausgestellt worden sein. Laut Sicherheitsquellen wurde er jedoch wegen kleinerer Vergehen, wie Diebstahl und öffentliche Trunkenheit, aufgegriffen.

12:26

Anwohner haben Angst

Die Stimmung im nahegelegenen Sainte-Croix ist am Freitag bedrückt. Wie eine Anwohnerin gegenüber 20 Minuten sagt, habe sie Angst. «Was passiert ist, ist schrecklich.» Ein anderer Anwohner berichtet, dass sein Bruder am Donnerstagabend im besagten Zug sass. «Ich habe ihn seither noch nicht gesehen. Als ich aber gestern vom Vorfall erfuhr, bin ich sofort zum Bahnhof in Essert-sous-Champvent gefahren. Von dort habe ich den Polizeieinsatz miterlebt.»

Der Zug fuhr am Donnerstagabend von Sainte-Croix nach Yverdon-les-Bains.

Der Zug fuhr am Donnerstagabend von Sainte-Croix nach Yverdon-les-Bains.

20min
12:03

Bundesrat Beat Jans schaltet sich ein

Nach dem Vorfall im Regionalzug bei Yverdon VD meldet sich am Freitag der Bundesrat Beat Jans auf X zu Wort: «Mit grosser Betroffenheit habe ich die Geiselnahme in einem Regionalzug in Yverdon verfolgt. Ich habe mit den mobilisierten Polizeikräften telefoniert und ihnen für ihren Einsatz gedankt.» Die Bevölkerung habe das Recht, in Sicherheit zu leben, schreibt er weiter. «Ich wünsche den Betroffenen und ihren Angehörigen Kraft und Mut, um diese Ereignisse zu verarbeiten.» Zudem versichert der Bundesrat, dass das Staatssekretariat für Migration den Fall und die möglichen Konsequenzen mit den betroffenen Kantonen analysieren wird.

11:05

«Kein terroristischer Akt»

Wie die Waadtländer Polizei am Vormittag sagt, geht man bei der Geiselnahme nicht von einer terroristischen Tat aus. Laut dem Sprecher Jean-Christophe Sauterel gibt es keine Elemente, die auf einen terroristischen Akt hinweisen. «Weder terroristisch noch dschihadistisch», schreibt «Blick» in Berufung auf die Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

10:10

Am Morgen danach ist von der Tat nichts mehr zu spüren

Der 20-Minuten-Reporter Mikko Stamm berichtet aus Essert-sous-Champvent. «Von der Tat vom Donnerstagabend ist heute am Bahnhof nichts mehr zu spüren.» Es seien keine Menschen vor Ort. «Einzig einen Fotografen habe ich angetroffen. Auch die Polizei ist nicht da.»

Laut einem Anwohner steigen am Bahnhof täglich nur rund zwanzig Personen ein und aus. Der Zug halte nur auf Verlangen.

Am Morgen nach dem Vorfall ist der Bahnhof menschenleer.

Am Morgen nach dem Vorfall ist der Bahnhof menschenleer.

20min

20 Minuten berichtet aus Essert-sous-Champvent.

20min
08:40

Augenzeuge berichtet

Im betroffenen Zug sass am Donnerstagabend ein 20-jähriger Mann. Wie er gegenüber «Blick» erzählt, war er auf dem Nachhauseweg von der Arbeit. «Als ich den Mann sah und herumschreien hörte, dachte ich zunächst, er sei ein Betrunkener oder einer, der unter Drogen steht. Solche Leute sieht man ja immer wieder im Zug. Aber sie sind ungefährlich.» Doch auf einmal habe die Stimmung gedreht. «Plötzlich merkte ich, dass er eine Waffe hatte. Es war eine kleine Axt.»

Wie der 20-Jährige berichtet, habe der Geiselnehmer mit den Passagieren gesprochen und wirkte dabei gestresst. Dennoch: «Ich hatte nicht den Eindruck, er wolle Leute verletzen», sagt der Passagier zu «Blick». Als die Polizei eintraf, sei es unübersichtlich geworden. Die Einsatzkräfte setzten Sprengstoff ein, um den Geiselnehmer abzulenken. Von da an habe der 20-Jährige nicht mehr viel mitbekommen. «Es ist speziell, dass so eine Sache in der Schweiz passiert.»

Während der Geiselhaft hat ein Passagier gefilmt.

20min
08:33

Geiselnahme im Zug

Ein Mann hielt am Donnerstagabend 15 Passagiere eines Regionalzugs zwischen Baulmes und Yverdon-les-Bains VD als Geiseln fest. Wie die Polizei in der Nacht auf Freitag mitteilte, handelte es sich beim Geiselnehmer um einen 32-jährigen Asylbewerber aus dem Iran. Der Mann war mit einer Axt und einem Messer bewaffnet. Er brachte um 18.35 Uhr den Zugführer und 14 Passagiere in seine Gewalt.

Der Zug stand mit verschlossenen Türen an der Haltestelle Essert-sous-Champvent. Den Geiseln gelang es, die Polizei zu alarmieren. Diese rückte mit einem Grossaufgebot an. Nach Verhandlungen mit einem Übersetzer – zum Teil via Whatsapp – griff die Polizei den Zug an. Der Geiselnehmer wurde tödlich verletzt. Die Geiseln konnten unverletzt befreit werden.

Die Einsatzkräfte hätten eine Gelegenheit genutzt, als der Täter sich kurz von den Geiseln entfernte, um einzugreifen. Dabei sei Sprengstoff zum Einsatz gekommen, um ihn abzulenken. Der Mann sei daraufhin mit der Axt auf einen Polizisten losgestürmt, der deshalb geschossen habe. Der Angreifer sei noch an Ort und Stelle gestorben.

Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Das Motiv für die Tat des 32-Jährigen ist noch unklar.