KirgistanGewürgt, getreten, geschlagen
Die Human Rights Watch hat den kirgisischen Sicherheitsbehörden vorgeworfen, bei der Aufarbeitung der Ausschreitungen vom Juni gefoltert zu haben. Die Organisation listet mehr als 3500 Fälle auf.
Sicherheitskräfte würden regelmässig willkürlich Menschen festnehmen und sie dann im Polizeigewahrsam misshandeln oder foltern, schreibt HRW in einem am Montag veröffentlichten Bericht.
Opfer berichteten der Menschenrechtsorganisation, sie seien gewürgt, getreten und mit Gummiknüppeln geschlagen worden; Beamte hätten mindestens auf einem Opfer Zigaretten ausgedrückt. Mindestens ein Inhaftierter sei an den Folgen der Misshandlungen gestorben.
Während die Behörden behaupteten, bei der Verfolgung von während der Unruhen begangenen Verbrechen sowohl Kirgisen als auch Usbeken ins Visier zu nehmen, würden Usbeken die Mehrheit der Inhaftierten ausmachen. Einige der Sicherheitskräfte seien offenbar «eher Teil des Problems als der Lösung», erklärte HRW-Experte Ole Solvang.
Beihilfe zur Hetzjagd auf Usbeken
Der Menschenrechtsorganisation zufolge spielten die Sicherheitskräfte auch während der Ausschreitungen eine unrühmliche Rolle. Die Sicherheitskräfte hätten damals selbst «bewusst oder unbewusst» Angriffe auf die usbekische Minderheit ermöglicht.
Bei den Unruhen zwischen Kirgisen und Usbeken im Süden der ehemaligen Sowjetrepublik starben Mitte Juni gemäss Schätzungen bis zu 2000 Menschen. Zentrum der Ausschreitungen war die Stadt Osch.
Zeugen aus den zerstörten usbekischen Stadtteilen hätten übereinstimmend berichtet, dass Männer in Tarnuniformen in gepanzerten Militärfahrzeugen von den Bewohnern provisorisch errichtete Barrikaden abgebaut hätten.
Dadurch erst sei es dem Mob möglich gewesen, in die Wohngebiete einzudringen, auf die Bewohner zu schiessen, die Häuser zu plündern und niederzubrennen, schreibt die Menschenrechtsorganisation weiter.
Als die Sicherheitskräfte die Bewohner der betroffenen Quartiere entwaffnen sollten, hätten sie in einigen Fällen «entweder absichtlich oder unabsichtlich dem gewalttätigen Mob Deckung gegeben», heisst es im Bericht.
Es müsse daher untersucht werden, ob die Truppen auch aktiv an den Angriffen teilgenommen hätten. Die Präsidentin des zentralasiatischen Landes, Rosa Otunbajewa, hatte zuvor bereits in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP eingeräumt, Sicherheitskräfte hätten Menschenrechtsverletzungen begangen.
Unter Beobachtung der OSZE
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte im Juli beschlossen, eine Polizeimission nach Kirgistan zu entsenden.
Unter Leitung des Schweizer Diplomaten Markus Müller soll die 52- köpfige Gruppe die lokalen Polizei beim Abbau ethnischer Spannungen beraten und deren Arbeit beobachten. Die Mission ist vorerst auf vier Monaten befristet.
(sda)