Impfnachfrage - «GLP-Wähler checken eben, was Impfungen der Welt gebracht haben»

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Impfnachfrage«GLP-Wähler checken eben, was Impfungen der Welt gebracht haben»

Bei Wählerinnen und Wählern der Grünliberalen und der SP ist die Impfnachfrage mit 84 Prozent am grössten. Bei SVP-Wählerinnen und Wählern ist sie mit 37 Prozent am tiefsten.

«SP-Wähler haben ein hohes Verantwortungsbewusstsein»: SP-Fraktionschef Roger Nordmann, hier während der Frühlingssession 2021.
Sie ist die Impfkritikerin der SVP: Die Ärztin und Luzerner Nationalrätin Yvette Estermann. «SVP-Wähler überlegen zuerst», sagt sie.
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20min/Simon Glauser

Darum gehts

  • Zwei Drittel der Bevölkerung in der Schweiz sind einmal oder zweimal geimpft. Das besagt eine Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag der SRG.

  • Am tiefsten ist die Impfnachfrage bei Sympathisantinnen und Sympathisanten der SVP. 63 Prozent der Befragten mit SVP-Nähe wollen sich nicht impfen lassen oder noch abwarten.

  • Am höchsten ist die Impfnachfrage bei Sympathisantinnen und Sympathisanten von SP und Grünliberalen mit rund 84 Prozent.

60 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind ein- oder zweimal geimpft, bei weiteren drei Prozent steht die Impfung kurz bevor. 37 Prozent wollen sich nicht impfen lassen.

Das ist der Befund des achten Corona-Monitors, den die Forschungsstelle Sotomo im Auftrag der SRG erstellt hat. Der Monitor zeigt auch, wie hoch die Impfnachfrage bei den Wählerinnen und Wählern der grossen Parteien ist. Am höchsten ist sie mit 84 Prozent bei der SP und bei den Grünliberalen. Am tiefsten bei der SVP – von den Befragten mit Nähe zur Volkspartei wollen sich nur 37 Prozent impfen lassen.

GLP-Präsident Jürg Grossen ist nicht erstaunt über den Befund. «Das entspricht unserer Überzeugung. Nur mit einer hohen Impfrate können wir die Schäden für Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft in Grenzen halten. Ich bin dankbar, dass unsere Basis auch so denkt und diese Nähe zur Wissenschaft aufweist.» Und: «GLP-Wähler checken eben, welchen Nutzen Impfungen bisher der Welt gebracht haben. Wie sehr sie geholfen haben, Leid zu verringern.» Seine Wählerinnen und Wähler impften sich wohl weniger aus egoistischen, sondern mehr aus solidarischen Gründen, glaubt der Berner Oberländer.

«Ich rufe die SVP-Wähler auf: Auch wenn Ihr auf dem Land wohnt, lasst Euch impfen.»

Roger Nordmann, SP-Fraktionschef

SP-Fraktionschef Roger Nordmann spricht von einem «hohen Verantwortungsbewusstsein in der SP». Natürlich impfe man sich auch aus eigennützigen Gründen, aber eben auch für die Entlastung der Spitäler und für die vulnerablen Mitmenschen. «Ich rufe die SVP-Wähler auf: Auch wenn ihr auf dem Land wohnt – lasst euch impfen.» Man müsse auch bedenken, dass Massnahmen schwer zu rechtfertigen seien, sobald alle, die sich impfen lassen wollen, die Impfung bekommen haben. «Ich habe keine Lust mehr auf einen weiteren Herbst, wie wir ihn letztes Jahr hatten.»

«Wir machen sicher keine Impfwerbung»

SVP-Nationalrat Franz Grüter sagt dazu: «Ja, wir haben Leute, die skeptisch sind. Das müssen wir respektieren.» Für ihn selber sei es von Anfang an klar gewesen, dass er sich impfen lasse, sagt der IT-Unternehmer aus dem Kanton Luzern. «Ich bin viel unterwegs.» Ausserdem wolle er seine herzkranke Tochter schützen.

Ein Impfzwang dürfe es nicht geben, sagt Grüter. Dennoch könnte der Bund seiner Ansicht nach mehr machen, um die Leute zum Impfen zu motivieren. «Beispielsweise mit einem Impfbus, der zu den Leuten geht, wie früher der Migros-Bus.» Oft hänge die fehlende Impfnachfrage auch mit Bequemlichkeit zusammen, meint Grüter. Solche Massnahmen seien aber Sache der Kantone und des Bundes, sicher nicht der SVP.

SVP-Präsident Marco Chiesa sagt: «Wir machen sicher keine Impfwerbung. Wir sind auch gegen den Impfzwang und die Diskriminierung von Ungeimpften.» Der Impf-Entscheid sei persönlich und müsse respektiert werden. «Ich habe mich impfen lassen», sagt der Tessiner. Doch es stehe seiner Partei nicht zu, die Rolle des Motivators zu spielen.

«SVP-Wähler sind bodenständig. Sie überlegen zuerst, bevor sie sich impfen lassen.»

Yvette Estermann, SVP-Nationalrätin

Yvette Estermann, SVP-Nationalrätin aus dem Kanton Luzern, ist weniger moderat: «Ich bin beruhigt, wenn ich diese Nachrichten höre – ich bin offenbar in der richtigen Partei.» Grund für die Impfskepsis bei SVP-Anhängern und -Anhängerinnen sei der, dass diese «bodenständig» seien und zuerst «überlegen», bevor sie sich impfen liessen. Die Pandemiebewältigung habe viel mit Panikmache zu tun gehabt, sagt Estermann. «Das hatte seine Gründe. Druck aufbauen, Angst machen, damit die Leute gehorchen.»

«Wissenschaftsskepsis» bei SVP-Anhängern

Die Skepsis gegenüber der Impfung sei stark mit der politischen Orientierung verbunden, schreibt das Umfrage-Autorenteam. Insbesondere steche die Anhängerschaft der SVP hervor. Dabei spiele die in den nationalkonservativen Milieus «eher verbreitete Wissenschaftsskepsis» eine wichtige Rolle.

Bei der FDP liegt die Impfnachfrage nach dem Corona-Monitor bei 77 Prozent, bei den Mitte-Wählerinnen und -Wählern geben 78 Prozent an, sich impfen zu lassen. Bei den Grünen sind es 71 Prozent.

Corona-Monitor

Online-Befragung

Die Befragung zum siebten SRG-Corona-Monitor fand zwischen dem 1. und dem 5. Juli 2021 statt. Die Grundgesamtheit bildete die «sprachlich integrierte Wohnbevölkerung der Schweiz ab 15 Jahren». Rekrutiert wurden die Befragten über die Websites der SRG und des Forschungsinstituts Sotomo, das die Umfrage durchgeführt hat. Verwertet wurden die Daten von 23 337 Personen.

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