«Google hat mich zum Hypochonder gemacht»

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Krank gegooglet«Google hat mich zum Hypochonder gemacht»

Die 20-Minuten-Leser haben auf Google schon viele vermeintliche Todesurteile gefunden. Und doch – dank dem Internet konnte das eine oder andere rätselhafte Leiden kuriert werden.

von
bsg

Im Internet nach einer Diagnose für die eigenen Wehwehchen zu suchen, scheint unter den 20-Minuten-Lesern Alltag zu sein. Von den knapp 4000 Umfrage-Teilnehmern googelt ein Grossteil hin und wieder nach der Ursache ihrer Leiden. Jeder Fünfte nutzt das Internet gar, um nicht zum Arzt zu müssen. Diese Methodik ist, und das bemerkt auch ein Grossteil der Leser im Kommentarfeld, mit Vorsicht zu geniessen. Denn die Diagnosen, die Dr. Google stellt, sind häufig sehr unzuverlässig. So schreibt Leserin Petra: «Mein Mann hatte gemäss Google eine akute Blinddarmentzündung. Obwohl er sich den schon vor zehn Jahren hat entfernen lassen. Aber wer weiss, vielleicht hat er ja einen zweiten oder er ist nachgewachsen?»

«Oft sind diffuse Ängste die Folge»

Auch Leserin «MrsX» kam dank Onlinerecherche auf eine vermeintlich klare Ursache für ihr Stechen in der Brust: Herzinfarkt. Sie rief sogleich die Ambulanz und wurde mit Blaulicht ins Spital gefahren. Zum Glück handelte es sich bei der Beschwerde nur um eine eingeklemmte Rippe. Doch sie ist nicht allein mit ihrer von Internetdiagnosen geschürten Angst vor einer ernsthaften Krankheit. Dr. Felix Huber von der MediX Praxis in Zürich erklärt dazu: «Ich habe sehr häufig Patienten, die mit diffusen Ängsten zu mir kommen, weil sie ihre Beschwerden gegoogelt haben. Ein Grossteil der Menschen ist aber schnell beruhigt und froh, wenn man Entwarnung geben kann. Ausserdem können Vorab-Recherchen seitens des Patienten manchmal sogar sehr zielstrebig zu einer zuverlässigen Diagnose führen.»

«Ich war ein Hypochonder und den Ausschlag gab nicht zuletzt Dr. Google»

Dass die Internetrecherche von Krankheitssymptomen auch schwerwiegende Folgen für die Psyche haben kann, bestätigen die Leser und der Fachmann. Dr. Huber sagt dazu: «Oftmals sind Patienten fest davon überzeugt, dass sie körperliche Krankheiten haben, obwohl das Problem ein psychisches ist. Diese Patienten dann vom Gegenteil zu überzeugen, ist sehr schwierig und braucht viel Feingefühl.» Das bestätigt auch der Kommentierende Roberto: «Hypochondrie ist eine schlimme, psychische Krankheit, die ich selber erlebt habe. Die Auslöser waren ein persönlicher Schlag und nicht zuletzt auch Dr. Google.»

Auch der Fachmann nutzt das Internet

Generell geht Dr. Felix Huber aber entspannt damit um, dass dank Internet vermeintlich jeder zum Fachmann werden kann: «Das ist heutzutage nun einmal so und Fälle, in denen ein Patient die Internetdiagnose zu ernst genommen hat, sind selten.» Auf die Frage, ob auch er hin und wieder die Ursachen für Symptome im Internet suche, antwortet Dr. Felix Huber: «Ich nutze Suchmaschinen vor allem, um Patienten Bilder zu zeigen. In Ausnahmefällen, wenn ich medizinisches Wissen abrufen muss, google ich nach spezifisch medizinischen Websites.»

Dr. med. Felix Huber ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Geschäftsführer der mediX Notfallpraxis am Stauffacher in Zürich.

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