Great Barrier erholt sich aktuell und ist dennoch in Gefahr

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Great Barrier ReefAustraliens Korallenriffe sind «ernsthaft bedroht»

Die neue Studie zu den Wassertemperaturen beim Great Barrier Reef verheisst nichts Gutes. So geht es den Korallenriffen vor der Küste Australiens aktuell.

Das Great Barrier Reef vor der Nordostküste zählt seit 1981 als Weltnaturerbe.
Es wird auch als eines der sieben Weltwunder der Natur bezeichnet.
Doch es ist in Gefahr: Die Unesco attestierte ihm im Juni 2024 «ernsthaft bedroht» zu sein.
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Das Great Barrier Reef vor der Nordostküste zählt seit 1981 als Weltnaturerbe.

Nasa

Darum gehts

  • Dem Great Barrier Reef geht es nicht gut. Das zeigen eine neue Studie und der «Reef Snapshot 2023-24».

  • Trotz einer leichten Erholung im aktuellen australischen Winter, zeigen sich Fachleute besorgt.

  • Dem Riff bleibe immer wenig Zeit, sich zu erholen.

  • Die Unesco bezeichnet das Weltnaturerbe als «weiterhin ernsthaft bedroht» und fordert Australien auf, unverzüglich Massnahmen zum Schutz des grössten Korallensystems der Welt zu ergreifen.

Die Temperaturen an der Meeresoberfläche haben ein kritisches Niveau für eine massive Korallenbleiche erreicht, heisst es in einer neuen Studie eines australischen Forschungsteams. Die Ergebnisse zeigten, dass die extreme Hitze des Ozeans in jüngster Zeit zu massiver Korallenbleiche am Great Barrier Reef geführt hat, heisst es in einer Mitteilung. Doch was heisst das? Wie geht es dem Great Barrier Reef?

Aktuell erholt sich das Great Barrier Reef

Die aktuellsten Daten zum Zustand des grössten Korallensystems der Welt stammen von Juni 2024. Da berichtete die Great Barrier Reef Marine Park Authority (GBRMPA) von einer leichten Erholung der Riffe gegenüber dem Vormonat. Die Korallenbleiche sei zurückgegangen: «In der zentralen Region wurden bei etwa 70 Prozent (von 42 Riffen) keine Korallenbleiche gemeldet», heisst es in dem Statusupdate. «In der südlichen Region wurde bei etwa 80 Prozent (von 32 Riffen) eine geringe Verbreitung festgestellt.» Dort seien zwischen ein und zehn Prozent der Korallen von einer Bleiche betroffen. Von der nördlichen Region gibt es laut der Behörde nur wenige Daten. Die, die es gibt, offenbarten weder Bleiche noch Korallensterben.

Warst du schon mal am Great Barrier Reef?

Das sind doch ganz gute Nachrichten, oder nicht?

Es handelt sich dabei in erster Linie um eine Momentaufnahme – aus dem australischen Winter, währenddessen kühlere Wassertemperaturen den Riffen die Möglichkeit zur Erholung bietet. Im Sommer, wo die Temperaturen höher sind, hätte das Great Barrier Reef dagegen gelitten. Sie seien so stark angestiegen, dass sie dem Riff den «höchsten thermischen Stress aller Zeiten» bescherten, heisst es im «Reef Snapshot 2023-24». Der im April 2024 veröffentlichte Bericht, wurde vom GBRMPA, dem Australian Institute of Marine Science (Aims) und der australischen Wissenschaftsbehörde Csiro herausgegeben.

Demnach sei schon im März klar gewesen, dass der Hitzestress zur fünften Massenkorallenbleiche am Great Barrier Reef seit 2016 geführt hatte, die gleichzeitig Teil des vierten globalen Bleichereignisses ist. Luftaufnahmen hätten dann gezeigt, dass 73 Prozent der untersuchten Riffe im Marine Park eine ausgeprägte Korallenbleiche aufwiesen. «Zum ersten Mal wurde in allen drei Regionen des Great Barrier Reefs eine extreme Korallenbleiche beobachtet», heisst es in dem Bericht. Konkret sei an 39 Prozent der Riffe im gesamten Marine Park eine sehr starke Bleiche (61–90 Prozent der Korallenbedeckung gebleicht) oder eine extreme Bleiche (mehr als 90 Prozent der Korallenbedeckung) beobachtet worden. Besonders betroffen waren die südlichen und zentralen Regionen.

Kartierung der Korallenbleiche am Great Barrier Reef im vergangenen Sommer: Nicht alle Regionen sind gleich stark betroffen.

Kartierung der Korallenbleiche am Great Barrier Reef im vergangenen Sommer: Nicht alle Regionen sind gleich stark betroffen.

GBRMPA

Warum ist die Korallenbleiche problematisch?

Wenn Korallenpolypen von längeren Hitzewellen gestresst sind, stossen sie die farbigen Algen ab, die sie mit Nahrung versorgen und mit denen sie sonst in einer Gemeinschaft zu gegenseitigem Nutzen zusammenleben. Sie bleiben fahl und weiss zurück oder produzieren grell leuchtende Farben – in einem letzten Versuch, sich zu schützen. «Ohne ihre Symbiosepartner ‹verhungern› die Korallen und sterben ab», so Laura Puk, Expertin für Korallen und Mangroven vom WWF Deutschland. Das Resultat sind weisse Kalkskelette, die rasch von grün-braunen Algen überwachsen werden.

Darum sind Fachleute trotz der aktuellen Erholung besorgt

Das Great Barrier Reef hat sich schon mehrfach regeneriert. Laut einer 2018 im Fachjournal «Nature Geoscience» veröffentlichten Studie erholten sich die Korallenriffe vor Australien in den vergangenen 30’000 Jahren fünfmal von einem fast vollständigen Kollaps. Allerdings gelingt ihnen das nur, wenn der Stressauslöser, wie etwa eine extreme Erwärmung des Ozeans, für einen längeren Zeitraum reduziert wird. «Ich habe grosse Bedenken, dass das Riff in seiner jetzigen Form das Tempo der Veränderungen überlebt, die durch die zahlreichen Stressfaktoren (siehe Box) ausgelöst werden, die schon wirken oder in naher Zukunft noch dazukommen», erklärte einer der Studienautoren, Jody Webster von der University of Sydney, damals. Seither sind die Wassertemperaturen weiter und schnell angestiegen, wie die aktuelle Studie zeigt.

Hitze ist nicht das einzige Problem

Laut dem «Reef Snapshot 2023-24» sorgten vergangenes Jahr zwei Wirbelstürmen für starken Wellengang, der die Korallen beschädigte. Überflutungen sorgten für Süsswasserbleichen an Riffen in Küstennähe. Das vermehrte Vorkommen des Dornenkronenseesterns in manchen Regionen machte den Korallen zusätzlich zu schaffen. Statt wie früher nur im Süden des Great Barrier Reefs kam es auch in der nördlichen und zentralen Regionen zu Ausbrüchen. Auch die Versauerung des Meeres stresst die Korallen.

2022 hiess es, das Great Barrier Reef erhole sich so stark wie seit 36 Jahren nicht mehr – ist das kein gutes Zeichen?

Tatsächlich meldete das Aims-Institut vor zwei Jahren den stärksten Korallenbewuchs seit 36 Jahren. Doch davon waren nicht alle Bereiche des Great Barrier Reefs betroffen. Während es in den nördlichen und zentralen Regionen zu einer Zunahme kam, wurde im Süden eine Abnahme verzeichnet. Zudem wurde von dort auch ein vermehrtes Vorkommen des Dornenkronenseesterns gemeldet. Hinzu kommt, dass für den Anstieg vor allem auf die schnellwachsenden Steinkorallen der Gattung Acropora verantwortlich waren. Diese sind aber besonders anfällig für Wellenschäden und durch hohe Wassertemperaturen angestossene Korallenbleichen.

Great Barrier Reef ist «weiterhin ernsthaft bedroht»

Die Unesco attestierte dem Great Barrier Reef Ende Juni, «weiterhin ernsthaft bedroht» zu sein. Das Weltnaturerbe könne nur dann gerettet werden, wenn «dringende und nachhaltige Massnahmen» ergriffen werden. Die UN-Organisation fordert Australien auf, diese unverzüglich zu ergreifen. Das hätte höchste Priorität. Auf die rote Liste der gefährdeten Naturerbestätten setzte die Unesco das Great Barrier Reef aber bisher nicht.

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