Günstiger Wein: Experten erklären, woraus man achten muss

Günstiger Wein macht gute Laune – auch beim Trinken? Wir haben Experten gefragt, was ein Wein für unter zehn Franken drauf hat.

Günstiger Wein macht gute Laune – auch beim Trinken? Wir haben Experten gefragt, was ein Wein für unter zehn Franken drauf hat.

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NachgefragtWas kann ein Wein für unter 10 Franken?

Beim Kauf von Wein orientieren sich viele am Preis. Ein guter Wein muss teuer sein, heisst es. Eine Winzerin und einen Sommelier finden: Da ist was dran.

Standhaft hält sich die Annahme, ein Wein müsse viel kosten, um wirklich gut zu sein. Bei einer Befragung der Gen Z zu ihrem Weinkonsum gaben viele an, Wein sei ihnen zu teuer. Aber kann nicht auch ein Wein für unter zehn Franken gut sein? Einiges spricht dafür, anderes dagegen – und das sagen eine Winzerin und ein Sommelier.

Ursprünglich kein Luxusgut

Im Mittelalter gehörte Wein fest zum Alltag dazu und wurde in allen Bevölkerungsschichten getrunken. Wegen der schlechten Wasserqualität wurde er auch genutzt, um den Flüssigkeitsbedarf zu decken – sogar Kinder bekamen ihn (in verdünnter Form) zu trinken.

Früher wurde viel mehr Wein angebaut – auch in eher ungeeigneten Regionen, da das Resultat nicht so wichtig war. Hauptsache, das Getränk war sauberer als Trinkwasser.

Früher wurde viel mehr Wein angebaut – auch in eher ungeeigneten Regionen, da das Resultat nicht so wichtig war. Hauptsache, das Getränk war sauberer als Trinkwasser.

Pexels / Roland Dumke

Während Kaiser, Zaren und Könige die qualitativen und komplexen Tropfen tranken – womit sich bestimmte Weinregionen der alten Welt noch heute schmücken – musste das Volk mit dem dünnen Fusel aus schlechten Anbaugebieten vorliebnehmen.

Dank der Weiterentwicklung des Weinanbaus und der technisch fortgeschrittenen Produktion ist ein eher preiswerter Wein nicht mehr gleich ungeniessbar.

«Man trägt zur Ausbeutung bei»

Wie gut kann ein billiges Produkt wirklich sein und ab welchem Preis gilt eine Flasche Wein als qualitativ und geschmacklich hochwertig? «Einen ordentlichen Wein kriegt man nicht für unter zehn Franken. Schon gar nicht in einem Regal in der Schweiz», meint Dorli Muhr, Winzerin und Gründerin des Unternehmens Wine+Partners. Bedenke man, wie hoch die Margen von Importeuren, Speditionen und Händlern sind, bleibe nur noch ein Hungerlohn über.

Winzerin Dorli Muhr.

Winzerin Dorli Muhr.

dorlimuhr.at

«Damit ist klar, dass irgendjemand ausgebeutet wird: Entweder die Mitarbeitenden, die Natur – oder Winzerin und Winzer selbst. Mit gutem Gewissen kann man so einen Wein daher nicht trinken – man trägt zur Ausbeutung bei.»

«Mindestens zwölf Franken sollte man investieren»

«Ein Wein unter zehn Franken kann höchstens schmecken, wenn er direkt beim Winzer im Ausland gekauft wurde, zum Beispiel in Spanien. Aber selbst dort wird es wenig Weine zu diesem Preis geben, die wirklich begeistern», so Marc Almert, Schweizer Weinsommelier und Geschäftsführer von Baur au Lac Vins.

Sommelier Marc Almert.

Sommelier Marc Almert.

Zur Verfügung gestellt von Wine+Partners

«Mindestens zwölf, eher 14 bis 20 Franken sollte man investieren, um einen Wein mit Charakter, von fair bezahlten Winzerinnen und Winzern und Weinbergsarbeitenden zu erhalten, der möglichst ohne die Nachteile industrieller Produktion erzeugt wurde», so Almert.

Es sei ähnlich wie beim Fleisch: «Klar kann ich eine Wurst für wenige Rappen kaufen. Aber tollen Geschmack, Landwirtschaft mit Tierwohl und faire Entlohnung aller Beteiligten untergrabe ich, wenn ich nur wenige Rappen ausgebe.»

Fazit: Muss guter Wein teuer sein?

Ja, denn:

  • Weinbau ist nach wie vor eher teuer – besonders in Regionen mit hohen Löhnen wie der Schweiz.

  • Ist ein Wein günstig, wurden Kosten eingespart (bei der Handlese, Reifezeiten, der Produktionsmethode oder bei den Arbeitern).

  • Günstiger Wein wurde höchstwahrscheinlich industriell hergestellt – mit gezüchteten Hefen, Zusatzstoffen und angepasster Säure.

Nein, denn:

  • Weine aus Ländern mit niedrigeren Produktionskosten (Spanien, Portugal, Südfrankreich, Südamerika) können oft ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten als Produkte aus teuren Produktionsländern.

  • Grosshändler wie Coop, Denner, Lidl, kaufen oft in grossen Mengen ein und können dadurch günstige, aber solide Weine anbieten.

  • Ein Alltagswein für zehn Franken kann für den direkten Konsum gut sein. Auch, wenn er weniger komplex ist und sich nicht über Jahre entwickelt und somit nicht lagerfähig ist.

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