Ecstasy in Schoppen gemischt – «wir haben unsere Tochter erlöst»

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Hägglingen AGEcstasy in Schoppen gemischt – «wir haben unsere Tochter erlöst»

Ein Vater und eine Mutter haben ihre Tochter, die an Cerebralparese litt, getötet. Sie hätten es nicht ertragen, wie ihre dreijährige Tochter leidet, sagen die geständigen Eltern.

Die Eltern der dreijährigen Tochter töteten das Mädchen und legten es anschliessend ins Kinderbett. (Symbolbild)

Die Eltern der dreijährigen Tochter töteten das Mädchen und legten es anschliessend ins Kinderbett. (Symbolbild)

Tamedia/Madeleine Schoder

Darum gehts

  • Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten hat gegen die Eltern und Grossmutter Anklage wegen Mordes respektive Gehilfenschaft zum Mord erhoben.

  • Die Eltern mischten Ecstasy in den Gute-Nacht-Schoppen des Kindes und töteten es anschliessend.

  • Jetzt erklären die Eltern, warum sie es getan haben.

Die 31-jährige Mutter und der 33-jährige Vater mischten in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai 2020 ihrer Tochter Ecstasy in den Gute-Nacht-Schoppen. Dann warteten sie, bis die Wirkung einsetzte, erstickten es mit einem Tuch und legten es ins Kinderbettchen. Am nächsten Morgen alarmierten die Eltern die Kantonale Notrufzentrale und sagten, sie hätten das Mädchen leblos dort aufgefunden. Gegenüber der «Aargauer Zeitung» erklären die geständigen Eltern ihre Tat und erzählen, dass sie nichts bereuen.

«Wir haben unsere Tochter erlöst», sagen die Eltern. Die Dreijährige habe an einer schweren Cerebralparese, einer nicht heilbaren, zerebralen Erkrankung, gelitten. So konnte sie nicht selber schlucken, nicht gehen, nicht sprechen und hatte Krämpfe und Schmerzen. Die Eltern hätten sich rund um die Uhr um das Kind gekümmert. Das Kind hätten sie aber nicht getötet, weil es ihnen zu anstrengend war oder sie überfordert waren, erklären die Eltern. Sie hätten es nicht ertragen, anzusehen, wie ihre Tochter leidet. «Es hat wehgetan, dass man keinen Einfluss auf ihre Gesundheit nehmen konnte, dass man nichts machen konnte, um ihr zu helfen», sagt der Vater.

«Sie hat unter ihrem eigenen Leben gelitten»

Das Kind in eine externe Institution zu geben, sei für die Eltern nicht infrage gekommen. «Wir wollten unser Mädchen nicht abgeben wie ein kaputtes Spielzeug», sagt der Vater. Die Tochter sei sehr auf sie fixiert gewesen, habe sich etwa nur von ihr zu essen geben lassen, sagt die Mutter. Dass sich die Mutter sehr um das Kind gesorgt habe, gibt später auch der Kinderarzt zu Protokoll: «Ich hatte nie den Hinweis, dass etwas in der Mutter-Kind-Beziehung nicht stimmen würde.»

Die Mutter ist überzeugt, dass ihre Tochter nicht mehr am Leben bleiben wollte: «Sie hat unter ihrem eigenen Leben gelitten. Es wäre ihr nie besser gegangen. Sie hätte nie ein schönes Leben führen können.» Sie hätten gewollt, dass sie glücklich ist, so die Mutter. «Aber dazu musste sie ihren jetzigen Körper verlassen.» Der Vater habe recherchiert, «was das Humanste und Schmerzloseste» wäre, und die Drogen besorgt.

Tat zwei Mal vorbereitet

Den Schoppen hatten sie vor dem 6. Mai schon zweimal vorbereitet, der Tochter die Flasche dann aber nicht gegeben. In der Einvernahme mit der Staatsanwaltschaft sagte die Mutter, sie habe ihre Tochter zu keinem Zeitpunkt verlieren wollen. «Ich konnte es nicht. Das ist ja mein kleines Mädchen. Das ist ja nichts, was man einfach macht.» 

Der 6. Mai sei schliesslich ein «normaler Tag» gewesen – man habe ihn auf dem Spielplatz und Bauernhof verbracht und am Abend Bücher gelesen. «Es war kein besonderer Tag», sagt der Vater. «Wir haben einfach einen Schlussstrich gezogen, dass sie nicht mehr leidet.»

Eltern seit Beginn geständig

Drei Monate nach der Tat stürmte die Polizei die Wohnung und verhaftete die Eltern. Vorangegangen waren umfangreiche Ermittlungen: Die Eltern wurden überwacht, ihre Wohnung und das Auto verwanzt, die Telefone abgehört. Anschliessend verbringen sie mehrere Monate in U-Haft. Die Mutter stritt die Tat von Beginn weg nicht ab. «Ich habe das nicht für mich gemacht. Ich habe das nur für sie gemacht», sagte sie im Zentralgefängnis in Lenzburg am 11. August. «Wir wollten nur unserem Mädchen helfen, das so gelitten hat», sagte auch der Vater.

Der Fall ist nun vor dem Bezirksgericht Bremgarten hängig. Die Staatsanwaltschaft fordert je 18 Jahre Freiheitsstrafe und 15 Jahre Landesverweis wegen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes für die Mutter und den Kindsvater sowie fünf Jahre Freiheitsstrafe und 15 Jahre Landesverweis für die Grossmutter des verstorbenen Kindes wegen deren Gehilfenschaft bei der Tat. Wann der Prozess stattfindet, ist noch offen.

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