ErziehungsmassnahmenHälfte der Kinder in der Schweiz sind Opfer von elterlicher Gewalt
Im Rahmen einer Umfrage geben über 40 Prozent der Eltern an, ihre Kinder schon einmal körperlich bestraft zu haben. Kinderschutz Schweiz fordert nun ein Gesetz für das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung.
Darum gehts
Eine Umfrage der Universität Freiburg im Auftrag von Kinderschutz Schweiz zeigt, dass fast 50 Prozent aller Kinder in der Schweiz zu Hause körperliche und/oder psychische Gewalt erleben. Die Studie wurde unter 1013 Eltern durchgeführt. Dabei wurden Zahlen zur physischen und psychischen Gewaltanwendung in der Kindererziehung erhoben sowie zum Rechtsverständnis der Eltern.
Die Ergebnisse zeigen, dass Gewalt in der Erziehung zum Alltag gehört: Knapp 40 Prozent der Befragten haben schon einmal eine Körperstrafe gegenüber ihrem Kind angewendet. Schläge auf den Hintern sind mit 15 Prozent die häufigste Bestrafungsmethode. Strafbar machen sich die Eltern damit nicht.
Gewalt an Kindern ist keine Privatsache
Denn in der Schweizer Gesetzgebung existiert kein Verbot von Körperstrafen, wenn sie nicht zu sichtbaren Schäden führen. Das will die Stiftung Kinderschutz Schweiz nun ändern, wie es in einer Medienmitteilung heisst. «Wir fordern, dass die Schweiz endlich die UN-Konvention über die Rechte des Kindes mit vereinten Kräften umsetzt», sagt Leiterin Regula Bernhard Hug. «Ein entsprechendes Gesetz für das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung ist nötig, denn die Erziehung der Kinder ist zwar Privatsache, Gewalt an Kindern ist es jedoch nicht».
Der Anlass für körperliche Erziehungsmassnahmen sei vielfältig, ergab die Umfrage. Eltern fühlten sich geärgert oder provoziert, sie waren müde und mit den Nerven am Ende oder das Kind hat nicht gehorcht. Auch psychische Gewalt könne jedoch Schaden anrichten, besonders wenn diese regelmässig vorkommt. Denn die Ergebnisse zeigen, dass fast jeder sechste Elternteil regelmässig psychische Gewalt ausübt. Am häufigsten erfolgt die heftige Beschimpfung, gefolgt vom Liebesentzug.
80 Prozent der Eltern haben ein schlechtes Gewissen
Gewaltanwendung in der Kindererziehung kann verheerende Auswirkungen haben, von körperlichen Schädigungen, zu kognitiven oder emotionalen Beeinträchtigungen, bis hin zu psychischen Schäden wie Depressionen, Suizidgedanken, Alkoholismus oder Drogensucht.
Die Idee einer Gesetzgebung stiess bei den befragten Eltern auf breite Zustimmung: Zwei Drittel gaben an, dass sie von einem solchen Gesetz positive Auswirkungen hinsichtlich der Förderung einer gewaltfreien Erziehung erwarten. Zumindest die Einsicht der Eltern punkto Grenzüberschreitung in der Erziehung hat in den letzten fünf Jahren stark zugenommen. So sagen heute acht von zehn Personen (doppelt so viele wie noch 2017), sie hätten ein schlechtes Gewissen wegen der erteilten körperlichen Strafe.
Nationale Präventionskampagne
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Polizei nach Kanton
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche
Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein
Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Beratungsstellen für gewaltausübende Personen
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