Erziehungsmassnahmen: Hälfte der Kinder in der Schweiz sind Opfer von elterlicher Gewalt

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ErziehungsmassnahmenHälfte der Kinder in der Schweiz sind Opfer von elterlicher Gewalt

Im Rahmen einer Umfrage geben über 40 Prozent der Eltern an, ihre Kinder schon einmal körperlich bestraft zu haben. Kinderschutz Schweiz fordert nun ein Gesetz für das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung.

Eine Umfrage, welche die Universität Fribourg im Auftrag von Kinderschutz Schweiz durchgeführt hat, belegt, dass 50 Prozent der Kinder in der Schweiz Opfer von elterlicher Gewalt sind.
Die Stiftung Kinderschutz Schweiz lanciert am 17. Oktober 2022 eine nationale Präventionskampagne.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass Gewalt in der Erziehung zum Alltag gehört: Schläge auf den Hintern sind mit 15 Prozent die häufigste Bestrafungsmethode. (Symbolbild)
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Eine Umfrage, welche die Universität Fribourg im Auftrag von Kinderschutz Schweiz durchgeführt hat, belegt, dass 50 Prozent der Kinder in der Schweiz Opfer von elterlicher Gewalt sind.

imago images/Petra Schneider

Darum gehts

Eine Umfrage der Universität Freiburg im Auftrag von Kinderschutz Schweiz zeigt, dass fast 50 Prozent aller Kinder in der Schweiz zu Hause körperliche und/oder psychische Gewalt erleben. Die Studie wurde unter 1013 Eltern durchgeführt. Dabei wurden Zahlen zur physischen und psychischen Gewaltanwendung in der Kindererziehung erhoben sowie zum Rechtsverständnis der Eltern. 

Die Ergebnisse zeigen, dass Gewalt in der Erziehung zum Alltag gehört: Knapp 40 Prozent der Befragten haben schon einmal eine Körperstrafe gegenüber ihrem Kind angewendet. Schläge auf den Hintern sind mit 15 Prozent die häufigste Bestrafungsmethode. Strafbar machen sich die Eltern damit nicht.

Gewalt an Kindern ist keine Privatsache

Denn in der Schweizer Gesetzgebung existiert kein Verbot von Körperstrafen, wenn sie nicht zu sichtbaren Schäden führen. Das will die Stiftung Kinderschutz Schweiz nun ändern, wie es in einer Medienmitteilung heisst. «Wir fordern, dass die Schweiz endlich die UN-Konvention über die Rechte des Kindes mit vereinten Kräften umsetzt», sagt Leiterin Regula Bernhard Hug. «Ein entsprechendes Gesetz für das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung ist nötig, denn die Erziehung der Kinder ist zwar Privatsache, Gewalt an Kindern ist es jedoch nicht». 

Der Anlass für körperliche Erziehungsmassnahmen sei vielfältig, ergab die Umfrage. Eltern fühlten sich geärgert oder provoziert, sie waren müde und mit den Nerven am Ende oder das Kind hat nicht gehorcht. Auch psychische Gewalt könne jedoch Schaden anrichten, besonders wenn diese regelmässig vorkommt. Denn die Ergebnisse zeigen, dass fast jeder sechste Elternteil regelmässig psychische Gewalt ausübt. Am häufigsten erfolgt die heftige Beschimpfung, gefolgt vom Liebesentzug.

80 Prozent der Eltern haben ein schlechtes Gewissen

Gewaltanwendung in der Kindererziehung kann verheerende Auswirkungen haben, von körperlichen Schädigungen, zu kognitiven oder emotionalen Beeinträchtigungen, bis hin zu psychischen Schäden wie Depressionen, Suizidgedanken, Alkoholismus oder Drogensucht. 

Die Idee einer Gesetzgebung stiess bei den befragten Eltern auf breite Zustimmung: Zwei Drittel gaben an, dass sie von einem solchen Gesetz positive Auswirkungen hinsichtlich der Förderung einer gewaltfreien Erziehung erwarten. Zumindest die Einsicht der Eltern punkto Grenzüberschreitung in der Erziehung hat in den letzten fünf Jahren stark zugenommen. So sagen heute acht von zehn Personen (doppelt so viele wie noch 2017), sie hätten ein schlechtes Gewissen wegen der erteilten körperlichen Strafe.

Nationale Präventionskampagne

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Polizei nach Kanton

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche

Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein

Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer

LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133

Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Beratungsstellen für gewaltausübende Personen

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