Spurensicherung: Forensic Nurses helfen Opfern in Zürich

Publiziert

Häusliche GewaltForensic Nurses sichern Spuren – auch ohne Polizeianzeige

Der Kanton Zürich setzt seit einem Jahr auf Forensic Nurses: Sie helfen Opfern sexueller und häuslicher Gewalt direkt im Spital.

Betroffene von sexueller und häuslicher Gewalt werden im Kanton Zürich von Forensic Nurses unterstützt.
Im letzten Jahr wurden bei rund 200 Personen Spuren gesichert.
21 Personen reichten nachträglich eine Anzeige ein.
1 / 3

Betroffene von sexueller und häuslicher Gewalt werden im Kanton Zürich von Forensic Nurses unterstützt.

Julian Stratenschulte/dpa

Darum gehts

  • Der Kanton Zürich setzt seit einem Jahr auf Forensic Nurses, die Opfer von sexueller und häuslicher Gewalt betreuen.

  • Diese speziell ausgebildeten Pflegefachpersonen sichern Spuren auch ohne Polizeianzeige.

  • Im ersten Jahr wurden bei rund 200 Opfern Spuren gesichert, 21 reichten nachträglich eine Anzeige ein.

  • Das Projekt wird bis 2026 als Pilot geführt und soll in die Regelstrukturen überführt werden.

Wer von sexueller oder häuslicher Gewalt betroffen ist, wird im Kanton Zürich seit einem Jahr von sogenannten Forensic Nurses unterstützt. Die speziell ausgebildeten Pflegefachpersonen rücken an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr in alle Notaufnahmen der Zürcher Spitäler aus und sichern Spuren. Betroffene erhalten auch dann eine professionelle Spurensicherung, wenn keine Strafanzeige erstattet wird.

Anlässlich des einjährigen Bestehens hat der Kanton Zürich nun erstmals Zahlen zum Dienst veröffentlicht: In den letzten zwölf Monaten hat er bei rund 200 Opfern von sexueller und häuslicher Gewalt erfolgreich Spuren gesichert. Hinzu kommen rund 170 Fälle, in denen telefonische Unterstützung geleistet wurde. Etwa die Hälfte der untersuchten Opfer waren Betroffene von Sexualdelikten, die andere Hälfte Betroffene von häuslicher Gewalt. Die Mehrzahl der Opfer war weiblich und im Alter von 16 bis 35 Jahren.

Die Forensic Nurses sichern bereits im Spital Spuren der Übergriffe – und erleichtern so ein späteres Strafverfahren.

Die Forensic Nurses sichern bereits im Spital Spuren der Übergriffe – und erleichtern so ein späteres Strafverfahren.

PantherMedia / Artinun Prekmoung

Strafrechtliche Verfolgung

Bemerkenswert: In diesem ersten Jahr reichten 21 Opfer nachträglich eine Strafanzeige ein. Zum Vergleich: In den 13 Jahren zuvor, in denen bei nicht erfolgter Anzeige die Spurensicherung durch das Spitalpersonal stattfand, gab es nur eine nachträgliche Anzeige.

Regierungspräsidentin Natalie Rickli hob an der Medienkonferenz hervor: «Das Zürcher Modell ist ein innovativer Schritt in der Opferbetreuung und setzt neue Massstäbe in der Versorgung von Gewaltopfern. Die Zwischenbilanz ist positiv. Neben der besseren Betreuung der Opfer hat die vermehrte strafrechtliche Verfolgung auch einen starken präventiven Charakter.»

Forensic Nurses

Forensic Nurses sind speziell ausgebildete Fachkräfte, die kostenlos zu allen Notfallstationen der Spitäler im Kanton Zürich ausrücken. Sie übernehmen eine wichtige Rolle in der medizinischen und forensischen Betreuung von Opfern sexueller und häuslicher Gewalt.

  • Erreichbarkeit und Einsatz: 24/7 365 Tage im Jahr unter der Telefonnummer: 0800 09 09 09.

  • Spurensicherung und Dokumentation: Die Forensic Nurses sichern gerichtsverwertbare Spuren und dokumentieren Verletzungen (z. B. DNA-Abstriche, toxikologische Proben).

  • Beratung und Betreuung: Die Forensic Nurses informieren Betroffene über ihre Rechte und Möglichkeiten und vermitteln für die weitere Unterstützung und Begleitung an Opferberatungsstellen, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

  • Sensibilisierung und Weiterbildung: Die Forensic Nurses tragen aktiv dazu bei, das medizinische Personal in den Spitälern zu sensibilisieren und auf die frühzeitige Erkennung von sexueller und häuslicher Gewalt vorzubereiten. Diese Weiterbildung stärkt das Netzwerk im Kanton Zürich und verbessert die Versorgung der Opfer.

Die Forensic Nurses können mit Einverständnis des Opfers weitere Unterstützungsangebote, z. B. durch eine Opferberatungsstelle oder einen Platz in einer Schutzunterkunft, organisieren. Die enge Zusammenarbeit mit der Präventionsabteilung der Kantonspolizei Zürich stellt sicher, dass Betroffene schnell Schutzmassnahmen erhalten.

Der «Aufsuchende Dienst Forensic Nurses» wird während drei Jahren als Pilotprojekt bis Ende 2026 geführt und entsprechend evaluiert. Der Kanton will das Projekt in die Regelstrukturen überführen.

Weitere Informationen gibt es hier: Opferbetreuung durch Forensic Nurses.

Wie stehst du zu der Arbeit von Forensic Nurses im Kanton Zürich?

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Polizei nach Kanton

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche

Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein

Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer

LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133

Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Beratungsstellen für gewaltausübende Personen

Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?

Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.

Deine Meinung zählt

10 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen