Auftritt in ZürichYuval (23) versteckte sich bei Hamas-Attacke unter Leichen
Zusammen mit 40 Personen versteckte sich Yuval Raphael am 7. Oktober in einem kleinen Schutzbunker. Sie und ihre Freundinnen gehören zu den einzigen Überlebenden.
Yuval Raphael erzählte in Zürich von ihren Erlebnissen am 7. Oktober.
20min/Mikko StammDarum gehts
Die 23-jährige Yuval Raphael überlebte die Hamas-Attacke vom 7. Oktober.
In einem Schutzbunker stellte sie sich unter Leichen tot.
In Zürich teilte die Israeli am Montag ihre Geschichte.
7. Oktober, 6.30 Uhr, Negevwüste: Raketen fliegen über das Gelände des Nova-Festivals in Israel. Vor Ort ist Yuval Raphael. Im Rahmen einer Veranstaltung der Gruppierung #neveragainisnow erzählte sie am Montag in Zürich ihre Geschichte (siehe Video).
«Wir waren am Feiern, plötzlich stoppte die Musik. Stattdessen hörten wir Sirenen.» Zusammen mit ihren vier Freundinnen sprang die 23-Jährige in ein Auto und fuhr Richtung Norden. Als die Gruppe einen kleinen Schutzraum am Strassenrand sah, hielt sie an und versteckte sich darin. «Es war sehr eng, viele hatten grosse Angst. Neben mir sass eine junge Frau. Sie zitterte am ganzen Körper und weinte.»
Wenig später hörten die Schutzsuchenden Stimmen: Die Hamas-Terroristen hatten sie gefunden. Die Gruppe verstummte. «Die Männer begannen auf Menschen im Raum zu schiessen. Ich sass in der Ecke, schloss meine Augen und kauerte mich zusammen. Als die Terroristen gingen und ich meine Augen öffnete, lag eine Leiche auf meinem Bein, die junge Frau neben mir lag tot gegen meine Schulter.»
«Ich flüsterte die Namen meiner Freundinnen»
Der Horror dauerte acht Stunden an: «Die Hamas-Anhänger kamen sechs Mal zurück. Jedes Mal lag ich zur Seite, legte den Kopf der toten Frau auf meinen und stellte mich tot.» Während die Männer im Raum waren, war es komplett still. Nachdem die Terroristen den Raum verliessen, flüsterte Yuval jeweils die Namen ihrer Freundinnen. «Ich wollte sehen, ob sie noch am Leben sind.» Auch eine Granate hätten die Hamas-Anhänger in den Schutzraum geworfen.
Am Nachmittag wurden die Überlebenden von einem Vater einer jungen Frau im Bunker und dem Militär gerettet. «Der Boden war voller Leichen. Um den Schutzraum zu verlassen, musste ich über die toten Körper steigen. Es war schrecklich.» Wie Yuval erzählt, überlebten elf von rund 40 Personen im Bunker die Attacke - fünf davon waren sie und ihre Freundinnen. «Eine meiner Freundinnen wurde von sechs Schüssen getroffen. Bis heute befindet sie sich in Spitalobhut.»
«Aus meinen Haaren fielen Hautfetzen»
Nachdem Yuval gerettet wurde, sei alles schnell gegangen. Die 23-Jährige wurde zu einer nahegelegenen Polizeistation gebracht. «Als ich aus dem Auto stieg, schauten mich alle schockiert an. Später verstand ich, wieso.» Die 23-Jährige ging ins Badezimmer. Dort gab es keinen Spiegel, aber eine Dusche. «Ich streckte meinen Kopf unter den Hahn und drehte ihn auf. Als das Wasser über meine Haare floss, fielen Hautfetzen zu Boden.»
Wochen danach denkt Yuval noch täglich über ihre schrecklichen Erlebnisse nach. «Die Tage direkt nach dem 7. Oktober ging es mir eigentlich okay. Ich war wie gelähmt und konnte teils sogar lachen.» Heute falle ihr das schwerer. «Plötzlich holte mich das Erlebte und die Emotionen, die ich in diesem Schutzraum fühlte, ein.» Dennoch will die 23-Jährige ihre Geschichte erzählen: «Darüber zu sprechen, hilft mir sehr. Es ist meine Art, mich zu wehren.»
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Hier findest du Hilfe:
Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
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