Israel und LibanonHarter Schusswechsel an der Grenze
Zwischen libanesischen und israelischen Grenzsoldaten ist es zu einem Schusswechsel gekommen. Mehrere Menschen wurden getötet.

Israelische Soldaten visieren ihre Ziele im Libanon.
Ein Schusswechsel mit vier Toten an der israelisch-libanesischen Grenze hat vier Jahre nach dem Krieg zwischen beiden Ländern die internationale Gemeinschaft alarmiert. Es war der bislang schwerste Zwischenfall seit dem Krieg zwischen Israel und dem Libanon im Sommer 2006.
Die UN-Friedenstruppe UNIFIL mahnte beide Seiten zur Zurückhaltung. Bundesaussenminister Guido Westerwelle erklärte in Berlin: «Ich bin besorgt über diese gewaltsamen Auseinandersetzungen.» Die Bemühungen um Frieden in der Region dürften nicht gefährdet werden.
Die israelischen und die libanesischen Streitkräfte machten einander gegenseitig für den Schusswechsel verantwortlich. Nach Angaben eines libanesischen Offiziers kam es zum Gefecht, als israelische Soldaten einen Baum auf der libanesischen Seite der Grenze zu fällen versuchten. Die israelischen Streitkräfte erklärten hingegen, der Baum habe auf ihrem Territorium gestanden.
Der für die Region zuständige Kommandeur, Generalmajor Gadi Eisenkot, warf den libanesischen Soldaten überdies vor, auf zwei mehr als 300 Meter von dem Zaun entfernten Israelis geschossen zu haben. Ein israelischer Offizier sei dabei getötet und ein Hauptmann schwer verletzt worden. Die israelischen Soldaten hätten daraufhin zurückgeschossen und später auch mit Hubschraubern und Artilleriegeschützen einen libanesischen Militärstützpunkt angegriffen, erklärte Eisenkot.
Die libanesische Seite meldete drei Tote. Israelische Artilleriegeschosse hätten ein Militärfahrzeug im Grenzort Aidasseh in Brand gesetzt, dabei seien zwei Soldaten getötet und ein dritter verletzt worden, sagte ein Sicherheitsbeamter. Ein weiteres Geschoss habe einen Journalisten tödlich getroffen.
UNIFIL ermittelt
Die Friedenstruppe UNIFIL erklärte, der Vorfall werde untersucht. Ob die israelischen Soldaten die Grenze verletzt hätten, sei noch nicht klar, sagte UNIFIL-Sprecherin Andrea Tenenti dem israelischen Rundfunk. Ein Foto der Nachrichtenagentur AP zeigt einen Israeli auf der Hebebühne eines über den Grenzzaun hinweg ragenden Kranauslegers, der offenbar einen Baum zu fällen versucht. Der von Israel errichtete Zaun folgt allerdings nicht überall exakt dem tatsächlichen Grenzverlauf.
Nach Angaben der israelischen Streitkräfte befand sich der Baum «jenseits des Zauns, aber noch auf israelischem Territorium». Zudem habe Israel den Plan, den Baum zu fällen, bei der Friedenstruppe UNIFIL angemeldet, erklärte ein Militärsprecher. Nach Darstellung der libanesischen Journalistin Ronith Daher, die den Zwischenfall nach eigenen Angaben beobachtete, hatte ein UNIFIL-Vertreter die israelischen Soldaten explizit vor einer Grenzübertretung gewarnt.
Suleiman wirft Israel Grenzverletzung vor
Der libanesische Staatspräsident Michel Suleiman warf Israel vor, die gemeinsame Grenze verletzt und damit gegen die UN-Resolution verstossen zu haben, die im Jahr 2006 den Krieg zwischen beiden Seiten beendete. Suleiman forderte die libanesischen Streitkräfte auf, «jeder israelischen Aggression entgegenzutreten, was immer es auch für Opfer kostet».
Bereits seit einigen Monaten sind verschärfte Spannungen zwischen Israel und dem Libanon zu beobachten. Israel beschuldigt die libanesische Hisbollah-Miliz, ihr Raketenarsenal seit dem Krieg 2006 mit Hilfe Syriens und des Irans wieder deutlich ausgebaut zu haben. Im Libanon wiederum wurden seit vorigem Jahr über 70 Personen unter dem Verdacht der Kollaboration mit Israel festgenommen.
UNO ruft zu Zurückhaltung auf
Der UNO-Sicherheitsrat trat am Dienstag in New York zu einer ausserordentlichen Sitzung zusammen. Das Gremium rief die beiden Konfliktparteien zu «grösstmöglicher Zurückhaltung» auf.
Israel und Libanon sollten Massnahmen ergreifen, um eine weitere Eskalation zu verhindern, sagte der amtierende Ratsvorsitzende, der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin. «Die Mitglieder des Sicherheitsrats haben beide Seiten aufgefordert, an der UN- Resolution 1701 festzuhalten.»