Muttenz BL«Hatte noch nie so Schmerzen» – Laserbehandlung endet vor Gericht
Eine Frau erlitt 2020 bei einer Laser-Haarentfernung Verbrennungen an Armen, Beinen und Po. Die 40-jährigen Coiffeuse, die den Eingriff durchführte, musste sich vor Gericht verantworten.
Darum gehts
«Sie können die Einsprache gegen den Strafbefehl immer noch zurück ziehen», liess Gerichtspräsident Christoph Spindler die beschuldigte Coiffeuse wissen. Gleich zwei Mal wies er sie subtil darauf hin, dass es wohl schlauer wäre, die Strafe wegen einfacher Körperverletzung zu akzeptieren. Unsicher dreht sie sich zu ihrem Anwalt um. «Nein, wir machen weiter», so dessen Antwort.
Vor bald einem Jahr wurde die 40-Jährige von der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft per Strafbefehl zu einer bedingten Geldstrafe von 3600 Franken und einer Busse verurteilt. Mitsamt den Verfahrenskosten hätte sie 9073 Franken bezahlen müssen. Die Coiffeuse führte im Juni 2020 in ihrem Salon eine Laser-Haarentfernungs-Behandlung bei einer Kundin durch. Diese erlitt danach Verbrennungen an den Armen, Beinen und Po. «Noch nie habe ich solche Schmerzen gehabt», sagte die Geschädigte später in der Einvernahme. Das Gerät des Modells Diode Laser System 808DH hatte sie direkt aus China importiert. Das Gerät wäre in der Schweiz gar nicht zugelassen gewesen.
«Ich wurde vom Hersteller reingelegt», so die Angeklagte. Sie habe den Dioden-Laser importiert, um Kosten zu sparen. Sie habe das Gerät schon knapp ein Jahr benutzt und es sei nie etwas passiert. «Ich weiss nicht, wie ehrlich meine Kundin zu mir war», so die Angeklagte. Sie habe die Behandlung abgebrochen, weil sie durchaus gemerkt habe, dass die Kundin Schmerzen hatte. Diese sei danach der Aufforderung, sich zu schonen, nicht nachgekommen. «Man darf sich nach der Behandlung nicht direktem Sonnenlicht aussetzen. Dennoch ging die Kundin in die Stadt», so die Beschuldigte. Auch habe die Geschädigte vorab eine Einverständniserklärung unterschrieben. «Jede kosmetische Arbeit hat ein Risiko», so die Beschuldigte.
«Niemand überprüft die Händlerangaben»
Im Laufe des Verfahrens wurde durch eine Fachperson festgestellt, dass das angegebene Ⅱb-Laser-Zertifikat in Europa gar nicht existiert. Auch handle es sich nicht um ein Gerät der angegebenen Kategorie Drei, sondern der Kategorie Vier, das nur von Ärztinnen und Ärzten gebraucht werden darf. «Niemand überprüft die Händlerangaben. Weiter ist es in der Kosmetik-Branche üblich, dass die Geräte aus China kommen», argumentiert der Anwalt der Beschuldigten. Und überhaupt hätte sie gar nicht wissen können, dass das Gerät in der Schweiz nicht zugelassen sei.
«Der Preisunterschied zwischen einem Gerät aus der Schweiz und einem Gerät aus China liegt bei der Verantwortung», argumentiert das Gericht. Ein Schweizer Händler übernehme die Verantwortung für das verkaufte Gerät. Wird darauf verzichtet, muss diese selbst getragen werden. «Mir ist klar, dass die Wahrnehmung und das Bewusstsein in der Bevölkerung anders ist», so Spindler. Alles sei nur einen Mausklick entfernt. Dies ändere jedoch nichts an den Importbestimmungen.
Teures Urteil und ein guter Rat
Das Gericht kam zum Schluss, dass die Sorgfaltspflicht verletzt wurde und die Beschuldigte der einfachen Körperverletzung schuldig zu sprechen sei. Auch stellte die Beschuldigte nie eine ärztliche Betreuung sicher, noch arbeitete sie mit einem Dermatologen zusammen für allfällige Nachbehandlungen.
Das Baselbieter Strafgericht erhöhte die bedingte Geldstrafe in seinem Urteil gar noch auf 4400 Franken. Auf ein Berufsverbot für Kosmetische Behandlungen wurde verzichtet. Die Beschuldigte muss jedoch einen Sachkundenachweis für Laserbehandlungen nachholen. Hinzu kommen neben den Verfahrenskosten noch 2000 Franken Genugtuung an die Geschädigte und 2000 Franken Urteilsgebühr, sofern die Coiffeuse das Urteil nicht anficht. Spindler gab ihr da einen deutlichen Rat: «Der Sachverhalt ist so klar, die Chancen sind nicht vorhanden.»
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