Neue GebührenHeftige Kritik an Swisscom vom Konsumentenschutz
Die neue Swisscom-Gebühr für Papierrechnungen stösst auf heftige Kritik. Der Konsumentschutz warnt vor Datenmissbrauch.
Wer eine Rechnung auf Papier zugeschickt haben möchte, zahlt bei Swisscom nun dafür. Ab Oktober kostet dies 2.90 Franken. Auch die Postüberweisung wird teurer. Was hat es damit auf sich?
Andere machen es vor
Eine Rechnung für die Rechnung ist bei vielen Firmen schon üblich: Die Telecom-Anbieter Sunrise und Salt verlangen dafür schon länger eine Gebühr. Auch die Finanzbranche lässt sich die Rechnungsstellung bezahlen: Banken und Kreditkartenfirmen waren die Ersten, die dafür Gebühren einführten. «Im digitalen Bereich ist das schon länger üblich, Swisscom hat damit eher lange gewartet», sagt Digitalexperte Jean-Claude Frick vom Vergleichsdienst Comparis zu 20 Minuten.
Das Besondere bei Swisscom
Swissom ist zwar an der Börse, aber rund 51 Prozent der Aktien sind in Staatsbesitz. Der Konzern hat anders als die anderen Telecom-Firmen einen Grundversorgungsauftrag für die Schweiz: Per Gesetz ist Swisscom dazu verpflichtet, für alle den Zugang zur Festnetztelefonie und zum Internet sicherzustellen. Für Kunden, die die Grundversorgung mit dem Festnetzanschluss für 25.25 Franken im Monat nutzen, gibt es die Papierrechnung per Post auch weiterhin gratis.
Datenschutz
Die Stiftung für Konsumentenschutz warnt vor dem wachsenden Datenaufkommen, denn Swisscom dränge die Kunden zur Online-Überweisung.«Swisscom unternimmt alles, um an möglichst viele Daten heranzukommen, der Konzern entwickelt sich zusehends zu einer riesigen Datenkrake», sagt Konsumentenschützerin Sara Stalder. Swisscom stelle sich mit den neuen Geschäftsbedingungen eine Blankovollmacht für den möglichst ungehinderten Umgang mit Kundendaten aus – darin eingeschlossen die Erstellung von Kundenprofilen und Weitergabe von Kundendaten an Werbevermarkter. Swisscom weist die Vorwürfe zurück. Es gebe einen ganz klaren Datenschutz des Konzerns. Vorhandene Bankdaten würden ausschliesslich und auf Wunsch des Kunden für die Rechnungsstellung verwendet (LSV) und unter keinen Umständen für Vermarktungszwecke genutzt oder an Dritte gegeben, sagt Swisscom-Sprecherin Sabrina Hubacher. Die Bankdaten verbleiben bei Online-Banking jederzeit beim Kunden respektive im Bankenportal. Swisscom habe keinen Zugriff darauf.
Erboste Kunden
«Frechheit» und «Abzocke»: Die Kommentare der 20-Minuten-Leser sind fast einhellig. «Ich muss Geld bezahlen, um Rechnungen zu bezahlen», wundert sich etwa eine Leserin. In einem anderen Kommentar heisst es: «Üblich ist es, dass man eine Rechnung auf Papier erhält. Man dreht einfach mal kurz die Tatsachen um und zockt die Leute ab.» Und einige Leser betonen, dass es fair wäre, denen einen Bonus zu geben, die sich die Rechnung schon jetzt papierlos mailen lassen.
Unternehmens-Logik
Der Preisdruck ist gerade im Mobilfunkmarkt enorm. «Die Abos werden immer günstiger, deswegen müssen sich die Firmen überlegen, wie sie die Kosten senken können, um die Umsatzverluste etwas abzufedern», sagt Telecom-Analyst Andreas Müller von der Zürcher Kantonalbank. Der Rechnungsversand kostet Swisscom nach eigenen Angaben jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag. Diese Kosten sollen nun verursachergerecht verrechnet werden, argumentiert das Telecom-Unternehmen.«Die Einsparungen wirken sich aber nicht gross auf das Konzernergebnis aus, dafür sind sie dann doch zu gering», sagt ZKB-Analyst Müller. Swisscom machte 2018 einen Gewinn von 1,52 Milliarden Franken.