«Vertreibungsaktion der Stadt»: Höngger gehen gegen Parkplatzabbau im Quartier auf die Barrikaden

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«Vertreibungsaktion der Stadt»Höngger gehen gegen Parkplatzabbau im Quartier auf die Barrikaden

Den geplanten Velovorzugsrouten fallen in der Stadt Zürich zahlreiche Parkplätze zum Opfer. So auch in Höngg. Anwohner sind empört – und kündigen Einsprachen an.

Der Parkplatzabbau sei unnötig, sagt Andreas Egli vom Quartierverein Höngg. 

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Darum gehts 

Ein durchgehendes Netz für alle Velofahrerinnen und Velofahrer in den Quartieren, der Innenstadt und der Agglomeration Zürichs: das ist das Ziel der «Velostrategie 2030». Über 100 Kilometer Velovorzugsrouten sind insgesamt geplant. Damit setzt die Stadt Zürich die Velorouten-Initiative um, die im September 2020 mit 70,5 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde.

Leidtragende sind autofahrende Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher, die auf die Parkplätze in den blauen Zonen angewiesen sind. Auch in Höngg sollen 219 Parkplätze in der blauen Zone der Velovorzugsroute zum Opfer fallen: Alle 107 Parkplätze an der Riedhofstrasse, alle 32 im Sydefädeli und 80 der bisher 114 Parkplätze an der Ackersteinstrasse. Anstelle sind 36 neue Veloparkplätze geplant.

Bei den Anwohnerinnen und Anwohnern sorgt das für Unmut: «Dass jetzt gleich derart viele Parkplätze verschwinden sollen, finde ich nicht gut», sagt Liegenschaftsbesitzer Heiner Kubny (72). Er selbst werde «selbstverständlich» Rekurs einlegen. «Es bleibt zu hoffen, dass zumindest ein Teil der Parkplätze gerettet werden kann.»

Quartierverein spricht von «Vertreibungsaktion»

Dass Autofahrende im Quartier vor grosse Probleme gestellt werden, sagt auch ein weiterer Anwohner (56): «Wir können in Zukunft schlicht nirgends mehr parkieren.» Er habe einen Smart, könne sich aber keinen Tiefgaragenplatz leisten. «Das Auto ist für mich ein kleines Stück Freiheit – müsste ich das aufgeben, würde ich wohl wieder zurück auf Deutschland ziehen.»

Die Einsprachefrist gegen den Parkplatzabbau laufe noch bis zum 18. Juli, sagt Andreas Egli, FDP-Gemeinderat und im Vorstand des Quartiervereins Höngg. Er warnt: «Viele Anwohnerinnen und Anwohner werden in Höngg in Zukunft keinen Parkplatz mehr haben, wenn keine Einsprache erhoben wird.» Zahlreiche Personen hätten keinen Zugang zu einer Garage und könnten das Auto nicht auf dem Grundstück abstellen. «Die Stadt Zürich führt eine aktive Vertreibungsaktion durch – wer sich nicht zum Verkauf des Autos entschliesst, wird wegziehen müssen.» Auch daher rechne er mit Rekursen.

Lebenswertere Stadt dank Velo-Highways

Der Parkplatzabbau sei demokratisch legitimiert, sagt Yvonne Ehrensberger, Geschäftsführerin von Pro Velo Zürich. «Die Bevölkerung hat sich mit einer grossen Mehrheit für diese Velovorzugsrouten ausgesprochen.» Der Abbau von Parkplätzen sei die flächeneffizienteste, billigste und sicherste Variante, die Initiative umzusetzen, sagt Ehrensberger. «Die Parkplätze in der blauen Zone sind öffentlicher Raum und gehören daher der Stadt Zürich – und darum allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt – nicht nur den Autofahrenden.»

Auch in anderen internationalen Städten sei die Stadt lebenswerter geworden, nachdem Platz auf der Strasse umverteilt worden sei, sagt Ehrensberger: «Man muss die Stadt den Menschen zur Verfügung stellen, nicht Blech.» In Zürich gehe es dank dem guten ÖV klar auch ohne Auto: «Über die Hälfte der Haushalte in Zürich haben kein eigenes Fahrzeug.» Falls nun ein Rekurs eingereicht werde, hoffe sie, dass ein Gericht bald möglichst klare Verhältnisse schafft. «Der Entscheid, dass die Stadt über eigene Flächen entscheiden darf, wäre auch für die weiteren Velovorzugsrouten richtungsweisend.»

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