Hörer will Moderator ins Puff schicken

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Harte KritikHörer will Moderator ins Puff schicken

Hugo Egon Balder bezeichnet Radiomoderatoren als «dümmer als die Jingles, die sie spielen». Schweizer Radiomacher schildern uns die skurrilsten Erlebnisse mit ihren Kritikern.

von
Kaspar Isler

«Wenn ich das Autoradio einschalte, höre ich Moderatoren, die noch dümmer sind, als die Jingles, die sie abspielen.» Mit dieser gepfefferten Aussage sorgte Presseprofi Hugo Egon Balder anlässlich der Münchner Medientage für Aufsehen. Die deutsche Radio- und TV-Legende macht zunehmend «viel Schwachsinn» im Rundfunk aus, berichtet Express.de. Die harten Worte des einstigen «Tutti Frutti»-Showmasters sorgen nicht nur unter Journalisten für Gesprächsstoff. Was sagen Radiomacher und Radiomacherinnen zur Kritik eines Rundfunkpioniers und mit welchen Anschuldigungen müssen sie sich rumschlagen? 20 Minuten hat bei Schweizer Moderatorinnen und Moderatoren nachgefragt.

Sind Moderatoren noch dümmer, als die Jingles, die sie abspielen? Diese provokative Frage schickten wir zur Beantwortung an unsere Kollegen hinter dem Mikrofon. Berufskomiker Stefan Büsser von Energy Züri kann sich ein Lachen nicht verkneifen: «Ich bin nicht dümmer als die Jingles, die wir spielen, aber auch nicht so gut wie die Musik», gibt er scherzhaft zu Protokoll. Ebenfalls ins humoristische Horn stösst Jontsch: «Unsere Jingles sind so unglaublich genial, dass es mir nichts ausmacht, schlechter zu sein», amüsiert sich der Moderator von Radio 24.

«Es bedarf einer gewissen Intelligenz, Radiojournalist zu sein»

Weniger lustig findet Tamara Cantieni die harsche Kritik aus dem Nachbarland: «Diese Aussage kann ich nicht ernst nehmen. Jeder, der einmal in einem Studio war, weiss, dass es einer gewissen Intelligenz bedarf, Radiojournalist zu sein», erklärt die Stimme von Radio1. Und ergänzt auf Balders «Tutti Frutti»-Vergangenheit anspielend: «In Zukunft moderiere ich als Kirsche, dann hat auch der Balder wieder Freude.»

Auch bei SRF-Moderatorin Anic Lautenschlager stossen Balders harte Worte auf taube Ohren: «Was sind Jingles? Im Ernst: Wir haben bei SRF 3 keine Jingles mit Werbeversprechen wie ‹die besten Hits auf dem besten Sender›. Der Satz von Balder tut mir in keiner Weise weh. Zu generell. Da könnte er genauso gut sagen: Manchmal laufe ich durch die Strasse und sehe unsympathische Leute.»

«Mir wurde schon mehrmals mit Klagen gedroht»

Durch die offenen Kanäle der Redaktionen flattern den Moderatoren unzählige Rückmeldungen ins Haus. «Ich kriege kaum negative Rückmeldungen. Viele Hörer nehmen uns als Freunde wahr», erklärt Tamara Cantieni. Bei Energy weht derweil ein rauerer Wind: «Mir wurde schon mehrmals mit Klagen gedroht. Von persönlicher Kritik wurde ich bisher aber weitgehend verschont. Einem Kollegen auf der Redaktion hat mal einer geschrieben: ‹Deine besten Momente sind die, in denen du nichts sagst›», berichtet Stefan Büsser. Bei Lautenschlager gab es gar eine Facebook-Seite, die forderte, sie solle SRF 3 sofort verlassen. «Ob sie mehr als zehn Mitglieder hatte, weiss ich nicht mehr», so die Moderatorin über ihre virtuellen Kritiker.

«Einer hat mir einen Gutschein fürs Bordell geschickt»

Im Posteingang von Jontsch geht es noch direkter zu und her. «Erst gestern bekam ich eine Mail mit dem Betreff ‹Mehr Musik, weniger Gschnurr› mit unzähligen Ausrufezeichen. Den Vogel abgeschossen hat aber einer, der mir einen Gutschein fürs Bordell geschickt hat. In einem handgeschriebenen Brief erklärte er mir, dass ich wohl zu wenig Sex hätte», erinnert sich Jontsch. Das «schöne Geschenk» habe er selbstverständlich nicht eingelöst, sondern sogleich an Stefan Büsser weitergereicht. Dieser könne den Gutschein fürs Puff besser gebrauchen, scherzt der Moderator liebevoll auf Kosten seines ehemaligen Arbeitskollegen.

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