Hohe Inflation«EZB ist aufgewacht» – EU-Notenbank erhöht Leitzins auf 2 Prozent
Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank schrauben angesichts der massiven Teuerung den Leitzins weiter in die Höhe. Sollte er allerdings noch viel weiter steigen, droht eine neue Euro-Krise.
Darum gehts
Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich mit einer weiteren kräftigen Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte gegen die Rekordinflation im Euroraum. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der Notenbank leihen können, steigt damit auf 2,0 Prozent, wie die EZB am Donnerstag in Frankfurt mitteilte.
Die Inflation sei nach wie vor deutlich zu hoch und werde für längere Zeit über dem Zielwert von zwei Prozent bleiben. So erreichte die Inflation im Euroraum im September 9,9 Prozent. Dafür verantwortlich macht die EZB die steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise, Lieferengpässe und wieder stärkere Nachfrage nach der Pandemie.
Jetzt ist die EZB aufgewacht
Der Experte findet den Schritt der EZB richtig. «Es ist gut, dass die EZB aufgewacht ist. Sie hat die Inflation lange unterschätzt und spät reagiert, aber jetzt versucht sie mit grossen Schritten Gegensteuer zu geben», sagt Matthias Geissbühler, Investment-Chef von Raiffeisen Schweiz.
Allerdings gebe es bereits seit einigen Monaten einen Abschwung der Wirtschaft in Europa. Durch die Leitzinserhöhung werde dieser noch verstärkt. Deshalb bestehe die Gefahr, dass die EZB die Wirtschaft komplett abwürgt, zumal die EZB zur Wiederherstellung der Preisstabilität weitere Zinsschritte ankündigte.
Gefahr einer neuen Euro-Krise
Es drohe gar eine neue Euro-Krise, sollte der Leitzins noch viel stärker steigen. Denn in Ländern wie Italien, Griechenland und Portugal ist das Kreditausfallrisiko bereits deutlich höher als in Deutschland. «Es ist ein schwieriger Spagat für die EZB, sie muss die Zinsen im Zuge der Inflationsbekämpfung erhöhen, aber nicht zu stark, damit die Zinsen in den Peripheriestaaten nicht aus dem Ruder laufen», so Geissbühler.
Auf die Schweizer Bevölkerung hat der EZB-Entscheid am Donnerstag laut Geissbühler noch keine direkten Auswirkungen. «Der Euro-Franken-Kurs bewegt sich seitwärts, weil die Märkte den Schritt erwartet haben», so Geissbühler.
Es werde aber nun spannend sein zu sehen, was die Schweizerische Nationalbank im Dezember entscheiden wird. Der Leitzins liegt aktuell nur bei 0,50 Prozent, trotzdem erwartet Geissbühler nur noch einen kleinen Schritt auf 1 Prozent, weil die Inflation in der Schweiz vergleichsweise tief ist.
«Damit ginge die Zinsdifferenz zwischen der Schweiz und dem Euro-Raum auseinander, der SNB ist das aber wohl ganz recht. Denn dies dürfte den Euro stützen, was gut für die Schweizer Exportwirtschaft ist», so Geissbühler.
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