Hormonfreie Verhütungspille für Männer stoppt Spermien sofort

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Verhütung «on demand»Hormonfreie Verhütungspille für Männer stoppt Spermien sofort

Eine Stunde vor dem Sex zur Verhütung eine Pille nehmen, deren Effekt mehrere Stunden anhält: Was in Tests mit Mäusen klappt, sollte auch beim Menschen klappen.

Wer Sex, aber keinen Nachwuchs haben will, kann aus einer Reihe von Verhütungsmitteln auswählen.  
Doch: Die Hauptverantwortung tragen nach wie vor die Frauen. Für Männer gibt es bisher nur zwei Möglichkeiten. 
Und zwar: Kondom oder Samenleiter durchtrennen, von Fachleuten Vasektomie genannt. 
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Wer Sex, aber keinen Nachwuchs haben will, kann aus einer Reihe von Verhütungsmitteln auswählen.  

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Darum gehts

  • Bislang gibt es kaum Verhütungsmittel für den  Mann. 

  • US-Forschende haben nun aber einen Wirkstoff entdeckt, der – hormonfrei – das Angebot aufstocken kann. 

  • Das derzeit TDI-11861 genannte Präparat kann kurz vor dem Sex eingenommen werden und bietet für zwei Stunden 100-prozentigen Schutz. 

  • Bislang gibt es erst Erkenntnisse aus Tests mit Mäusen.

  • Bis die hormonfreie Pille für den Mann auf den Markt kommen kann, dürfte es aber noch Jahre dauern.

Kondom oder Samenleiter durchtrennen – das sind die Möglichkeiten, die Männern bislang zur Verhinderung von Schwangerschaften zur Verfügung stehen. Die «Pille für den Mann», von der seit Jahren gesprochen wird, gibt es noch nicht. Auch das Antibabygel, das schwedische Forschende entwickelt haben, ist noch Zukunftsmusik. Entsprechend ist Verhütung nach wie vor hauptsächlich in Frauenhand.

Etwas daran ändern könnte ein Wirkstoff, den die Forschungsgruppe um Lonny Levin und Jochen Buck vom biomedizinischen Forschungszentrum an der Cornell University in New York entwickelt hat. Die Ergebnisse aus Tests mit männlichen Mäusen (siehe Box) seien vielversprechend, berichtet das Team im Fachjournal «Nature Communications».

100 Prozent Schutz in den ersten zwei Stunden

Keine Hormone, keine Hormonnebenwirkungen

In TDI-11861 ist eine Substanz enthalten, die im Körper ein zelluläres Signalprotein namens lösliche Adenylylzyklase oder sAC vorübergehend blockiert. Durch Zufall hatten die Forschenden zuvor herausgefunden, dass Mäusen und Menschen, denen dieses Protein fehlt, unfruchtbar, aber ansonsten gesund sind. Lässt die durch den Stoff ausgelöste Blockade nach, ist der Ursprungszustand wiederhergestellt.

Das bedeutet: Anders als die Antibabypille für Frauen enthält TDI-11861 keine Hormone. Es schaltet das Testosteron nicht aus und verursacht nicht die Nebenwirkungen eines männlichen Hormonmangels. Das Präparat erhöht nicht das Thromboserisiko. Weiter hat es keine Auswirkungen auf die Libido der männlichen Tiere oder ihr Paarungsverhalten. Auch bei kontinuierlicher Anwendung über sechs Wochen konnten Levin und Buck keine Nebenwirkungen feststellen.

Weitere Vorteile

Laut den Forschenden gibt es noch weitere Vorteile: So kann der Wirkstoff gespritzt oder in Form einer Pille oder Tablette eingenommen werden. In beiden Fällen wirke er ähnlich effektiv: Die Spermien blieben im Körper der weiblichen Maus offenbar auch längerfristig so unmobil, dass sie nicht für eine Schwangerschaft sorgten, so das Team.

Zudem scheint TDI-11861 auch kurzfristig zu wirken: «Jedes andere experimentelle hormonelle oder nichthormonelle Verhütungsmittel für Männer braucht Wochen, um die Spermienzahl zu senken oder sie unfähig zu machen, Eizellen zu befruchten», erklärt die ebenfalls an der Studie beteiligte Pharmakologin Melanie Balbach. Im Falle der Mäuse reichten 30 bis 60 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr aus.

Einziger Nachteil aus Sicht der Forschenden: Die Pille schützt nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Und: Man müsse nach dem Einnehmen des Wirkstoffs die Zeit im Auge behalten. Allerdings könnte man schnell nachlegen, wenn das Liebesspiel länger dauere als gedacht.

Geduld ist gefragt

Bis die hormonfreie Pille für den Mann auf den Markt kommen kann, dauert es noch. Laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sind noch viele weitere Tests erforderlich: zunächst solche an Kaninchen, dann an Menschen. Die Forschenden rechnen mit Jahren.

Nicht alle Verhütungsmittel schützen gleich gut. Welches wie gut ist – gemessen am Pearl-Index – zeigen die folgenden Bilder. Der Pearl-Index gibt an, wie sicher eine Verhütungsmethode ist.
Wenden 100 Frauen ein Jahr lang das gleiche Verhütungsmittel an und treten in diesem Zeitraum drei Schwangerschaften auf, so beträgt der Pearl-Index 3. Ein Pearl-Index von 0,1 besagt, dass eine von 1000 Frauen, die ein Jahr lang das gleiche Verhütungsmittel anwenden, schwanger wird. Das heisst: Je niedriger der Pearl-Index ist, desto sicherer ist das Verhütungsmittel.
Hormonspirale: Die Hormonspirale wirkt ausschliesslich in der Gebärmutter, sie hat keine Unterdrückung des Eisprungs zur Folge. Sie wird von einem Frauenarzt eingesetzt und wirkt zwischen drei und fünf Jahren. Wie das Hormonimplantat enthält sie ausschliesslich Gestagene. 
Vorteile: Man muss sich nur alle paar Jahre mit Verhütung auseinandersetzen. Die hormonbedingten Nebenwirkungen sind gering, da die Hormonspirale sehr lokal wirkt. Auch die Hormonspirale eignet sich für Frauen, die kein Östrogen vertragen und in nächster Zeit keinen Kinderwunsch haben. Die Menstruationsschmerzen sind sehr schwach.
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Nicht alle Verhütungsmittel schützen gleich gut. Welches wie gut ist – gemessen am Pearl-Index – zeigen die folgenden Bilder. Der Pearl-Index gibt an, wie sicher eine Verhütungsmethode ist.

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