«Ich habe den grössten Bullshitjob»

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Sinnlose Arbeit«Ich habe den grössten Bullshitjob»

Sinnlose Arbeit: Der Ethnologe David Graeber nennt das Bullshit-Jobs. 20-Minuten-Leser zeigen, welche das sind.

von
ish
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Arbeit an sich hat eine hohe Reputation. Aber oft ist sie nutzlos, so der US-Ethnologe und Bestseller-Autor David Graeber. Angestellte seien damit beschäftigt, andere zu kontrollieren oder Eigentum zu bewachen. Nicht nur beim Staat, auch in der Privatwirtschaft gebe es sinnlose Arbeit. Gerade der Kapitalismus schaffe unproduktive Jobs, schreibt Graeber in seinem Buch «Bullshit-Jobs». Denn der Wert der Arbeit stehe über ­allem. «Haben auch Sie einen Bullshit-Job?», wollten wir von den Lesern wissen. Es haben sich viele gemeldet.

• Irgendeiner: «Ich habe wahrscheinlich den grössten Bullshit-Job, den man überhaupt haben kann: Ich bin RAV-Berater! Ich bin verhasst bei meinen Klienten, die ich so nennen muss, und ich denke, ich selbst brauche einen Therapeuten, um mit mir selbst klarzukommen, denn alles, was ich tue, ist Klienten quälen. Monatlich muss ich meine Klienten vorladen (gegen ihren Willen) und ich weiss genau, diese wollen nicht kommen. Ich bin angesetzt auf Personen 50+. Natürlich ist mir bekannt, dass sie wegen der höheren Vorsorgebeiträge kaum noch eingestellt werden. Davon weiss die Politik, denn sie hat die Beitragszahlungen so verfügt. Sie weiss auch, dass Klienten von uns nicht darüber hinwegkommen, und doch müssen wir Motivation heucheln und so tun, als wäre das nicht das Problem. So tun, als ob nichts wäre. Dies sind unsere Vorgaben und ich habe nichts als eine Bullshit-Existenz. Aber ich brauche die Arbeit und die Kohle, sonst sitze ich in der RAV-Falle!»

• Claudio: «Zusammen mit meiner Arbeitskollegin bin ich verantwortlich für ein kleineres Warenlager. Die Arbeit würde aber für einen alleine gut reichen, ohne dass diese Person zu viel Stress hätte. Mein Arbeitgeber hat davon aber keine Ahnung und meinen direkten Vorgesetzten interessiert das anscheinend nicht gross. Es ist mir jeden Tag langweilig, doch etwas sagen möchte ich nicht, aus Angst es danach zu stressig zu haben.»

• L.M. «Ich wurde zur Unterstützung der Telefonzentrale, des Mahnwesens und des Onlineauftritts eingestellt. Es interessiert jedoch niemanden, was ich leiste. Geschweige denn, ob ich überhaupt etwas leiste. Wenn ich mit meinem Chef darüber spreche, dass ich von allen ignoriert werde und man meine Arbeit nicht schätzt, ist es, als würde ich gegen eine Wand reden. Jetzt verbringe ich meine Zeit mit Surfen und Stellensuche.»

• Lola: «Ich sitze den ganzen Tag im Büro und warte, bis Kunden anrufen, die eigentlich einen Liefertermin für die gekaufte Ware abmachen wollen. Früher wurden die Termine alle über unser Büro gebucht, da war der Job noch nötig. Unterdessen können aber unsere Verkäufer in den Filialen beim Kauf direkt einen Liefertermin mit den Kunden vereinbaren. Mein Job ist also völlig überflüssig. Werde nächsten Monat kündigen, mein Nachfolger tut mir leid. Streichen will das Unternehmen die Stelle nicht, es gebe genug Kunden, die sich den Liefertermin nicht merken und dann froh seien, hier anrufen zu können. Also sitze ich eigentlich den ganzen Tag im Büro und warte, bis mich all die vergesslichen Kunden anrufen, um sich nochmals über den bereits abgemachten Liefertermin zu erkundigen.»

Mehr Bullshit-Jobs sehen Sie in der Bildstrecke oben.

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