Coop-CEO Joos Sutter«Ich wollte als Chef keine Du-Kultur verordnen»
Nach zehn Jahren als CEO gibt Joos Sutter diese Woche seinen Posten ab. Im Abschiedsinterview spricht er über Chef-Stress, die Coop-Kultur und seine künftige Aufgabe.
Darum gehts
Diese Woche räumt Joos Sutter sein Chefbüro. 20 Minuten gibt er ein exklusives Interview.
Dabei spricht der langjährige Coop-Chef auch über sein Verhältnis zur Arbeit.
Und Sutter sagt: «Es ärgert mich, wenn die Konkurrenz vor uns ist.»
Joos Sutter, Sie waren vor Jahren mal als Skilehrer tätig. War das Ihr coolster Job und jener als CEO Ihr strengster?
Während des Studiums gab ich Skischule und leitete ein Skischulbüro. Das war schon cool – damals. Alles, was ich angepackt habe, tat ich mit voller Energie und Überzeugung. Da spielt es keine Rolle, ob ich CEO oder Skilehrer bin.
Wie gross war der Stress?
Natürlich habe ich extrem viel gearbeitet. Ich war sieben Tage pro Woche auf Abruf. Das hat mich aber nicht gestört und gehört bei so einem Job dazu. Trotzdem fand ich Zeit, um ab und zu auf Skitouren zu gehen oder aufs Mountainbike zu steigen.
Nun geben Sie den CEO-Job an Ihren Nachfolger Philipp Wyss ab. Wie muss man sich Ihre letzte Woche als Chef vorstellen?
Es hat sich noch gar nicht viel geändert: Die Agenda ist noch immer gleich voll und ich gebe bis zum Schluss Gas. Diese Woche gabs viele letzte Gespräche mit Leuten, die ich direkt geführt habe. Es war sehr herzlich. Die Veränderung kommt per 1. Mai, wenn ich als Coop-Präsident eine neue Rolle übernehme. Ganz weg bin ich also nicht.
Als CEO waren Sie im Dauereinsatz. Beginnt mit dem Präsidenten-Job nun der gemütlichere Teil…
Ich werde so viel arbeiten wie bis anhin, einfach weniger im Tagesgeschäft. Die Arbeitstage waren nie eine Last. Ich wechsle nicht den Job, weil ich mehr Freizeit brauche. Ich kann mir gut vorstellen, neben Coop noch ein bis zwei Mandate anzunehmen.
Wenn Sie auf Ihre Karriere als CEO zurückblicken: Wie zufrieden sind Sie?
Wir hatten sehr gute zehn Jahre. 2010 zählten wir 20 Milliarden Franken Umsatz, jetzt sind es 30 Milliarden, über fünf Milliarden davon machen nachhaltige Produkte aus. Zudem konnten wir von 50’000 auf 90’000 Mitarbeitende ausbauen. Wir hatten die richtige Strategie und gutes Teamwork! Mir war wichtig, dass Coop innovativ ist. Das war der Motor, die guten Zahlen sind die Folge.
War der schlimmste Tag für Sie als Coop-Chef, als Sie im Shutdown 2020 die Läden schliessen mussten?
Wir mussten auf einen Schlag 1000 Läden schliessen. In solchen Situationen funktioniert man nur noch und sucht nach Lösungen. Das Thema hat mich aber weder erschüttert noch habe ich gehadert: Ich musste einfach agieren. In solchen Momenten wächst man als Team zusammen.
Mich ärgert es sehr, wenn die Konkurrenz vor uns ist.
Wegen der Pandemie kam der Einkaufstourismus zum Erliegen. Das hat Ihnen in die Hände gespielt.
In der Tat konnten wir wegen des stillstehenden Einkaufstourismus im Detailhandel wachsen. Mit den Lockerungen wird der Einkaufstourismus aber erneut anziehen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir einen Teil des Umsatzes halten können.
Wie sehen Sie die Perspektiven für 2021?
In der Nähe einzukaufen hat an Bedeutung gewonnen. Darum wird auch dieses Jahr der Detailhandel gut laufen. Was wir im Detailhandel gewinnen, könnten wir im Grosshandel allenfalls verlieren, weil dieser stark von der Hotellerie und Gastronomie und damit von der Pandemie abhängig ist.
Viele Konzerne haben eine Du-Kultur, etwa Swisscom oder die SBB. Warum ist Coop da so zurückhaltend?
Ich wollte als Chef keine Du-Kultur verordnen. Die Leuten sollen das untereinander regeln. Persönlich bin ich mit vielen Leuten per du. Eine Firmenkultur kommt aus dem Herzen und hängt davon ab, wie man mit den Leuten umgeht und wie die Zusammenarbeit organisiert ist. Ob man einander duzt oder siezt, spielt keine Rolle.
Wie wird sich der Preiskampf im Schweizer Detailhandel noch weiter verschärfen?
Verglichen mit früher geben die Menschen weniger Geld für Lebensmittel aus. Trotzdem ist der Preiskampf da und wir müssen uns ihm stellen. Als Supermarkt wollen wir für alle Preislagen etwas anbieten können. Unsere Preise müssen auf dem Niveau der Konkurrenz sein.
Wie weit runter können die Preise noch gehen?
In gewissen Bereichen ist nicht mehr viel Luft drin. Klar ist: Der Preiskampf darf nicht zulasten der Natur gehen. Im ganzen Wertschöpfungsstrang gibt es aber immer wieder Möglichkeiten, Einsparungen zu erzielen, etwa in der Logistik, bei Zwischenhändlern oder bei Herstellern. Diese haben häufig die besseren Margen als Coop.
Wie sehr haben Sie darauf geschaut, was Ihre Konkurrenz macht?
Natürlich schaut man immer nach links und nach rechts. Mich ärgert es jeweils sehr, wenn die Konkurrenz vor uns ist. Ich bin da mit viel Emotionen dabei, aber daraus ziehe ich auch viel Energie. Grundsätzlich sehe ich es sportlich: Manchmal haben wir die Nase vorn, manchmal die anderen. Sehr gefreut hat mich stets auch Anerkennung der Konkurrenz, wovon wir teilweise über Umwege erfahren haben.
Sie wurden von der «Bilanz» mal als «Alpencharmeur» und «Berggrind» beschrieben. Trifft das zu?
Das sind Schubladisierungen, die ich locker nehme. Als Charmeur würde ich mich aber nicht bezeichnen. Meine Herkunft aus den Bergen will ich allerdings nicht verleugnen. Und ja: Ich kann einen harten Kopf haben.
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