Solidarität mit Brian«Ich wünsche dir, dass du die Kraft behältst, die du hast»
Brian will auf Instagram mit Briefen der Welt seine Geschichte erzählen. Die bisherigen Posts polarisieren.
Darum gehts
Intensivtäter Brian hat neu einen Insta-Kanal und veröffentlicht Briefe.
Die Posts sorgen für zahlreiche Kommentare – von mitfühlend bis anklagend.
Ein Forensiker erklärt, wie es zur Empathie kommen kann.
Mit einem handgeschriebenen Brief meldete sich Intensivtäter Brian (25) aus der Isolationshaft in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies. Dieser wurde auf seinem Insta-Kanal mein_name_ist_brian veröffentlicht. An nur einem Tag kamen über zweitausend Abonnierende dazu. Auf die beiden publizierten Posts gab es in dieser Zeit hunderte von Kommentaren. Fazit: Die beiden publizierten Zettel polarisieren auf Social Media.
Was steht in den Kommentaren?
Brian erhält viel Kritik. «Dieses schwer kriminelle Subjekt hat nicht zu jammern, sondern sich besser zu benehmen», heisst es etwa. Es solle Verantwortung übernehmen und aufhören, anderen die Schuld für seine Situation zu geben. Auch kritische Fragen werden gestellt: «Warum hast du einen Menschen mit dem Messer in den Rücken gestochen? Warum warst du nach dieser Tat immer noch gewalttätig?»
Doch es gibt auch etliche Nutzerinnen und Nutzer, die sich mit ihm solidarisieren. «Es tut mir leid und macht mich wütend, wie du behandelt wirst», heisst es etwa. In mehreren Kommentaren wird ihm Mut zugesprochen. «Ich wünsche dir, dass du die Kraft behältst, die du hast. Ich bin sicher, dass du viel Kraft hast. Du hast schon so vieles geschafft.» In einer anderen Reaktion heisst es: «Ich hoffe, dass es bald besser wird. Auch ich sende dir viel Kraft, Geduld und Ausdauer. Du hast hier viele Leute, die auf deiner Seite sind.» Unter den Kommentaren ist auch eine Aufforderung, weiterhin gegen den Justizapparat zu kämpfen.
Wie erklärt ein Psychiater das Mitgefühl?
Dass sich Menschen mit einem verurteilten Straftäter wie Brian solidarisieren, erstaunt Psychiater Thomas Knecht nicht. «Es ist ein bekanntes Phänomen, dass Menschen mit einem Straftäter mitfühlen», sagt der Forensiker vom Psychiatrischen Zentrum Appenzell Ausserrhoden. Er nennt drei mögliche Beispiele. Es gebe Menschen, die eine Gemeinsamkeit mit Brian spüren, weil sie sich selbst in einer Aussenseiter-Situation befinden. Dann gebe es auch Personen, die eine Abneigung gegen Staatsgewalt haben und in ihm das Bild eines Polizeistaats sehen. So erhält die Person die Eigenschaften eines Opfers. Eine extreme und seltene Form sei, wenn Brian als starker Mann eine Faszination und eine sexuelle Anziehung insbesondere auf Frauen auslöst.
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