«Ich wurde von einem Waffennarren bedroht»

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Drohungen gegen Politiker«Ich wurde von einem Waffennarren bedroht»

669 Fälle von Drohungen gegen Politiker oder Bundesangestellte registrierte das Bundesamt für Polizei 2018. Ernst wurde es 43-mal.

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Ein Nationalrat wurde bedroht. Dank eines Aufrufs auf Facebook konnte er herausfinden, wem die Nummer gehört. Der Mann posierte in den sozialen Medien mit Waffen.
2018 gingen 669 Meldungen wegen Drohungen gegen Bundesräte, Parlamentarier, Magistraten oder Bundesangestellte ein. 43 Fällen beurteilte das Bundesamt für Polizei als ernst.
Auch BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti sagt, sie erhalte regelmässig Hassmails mit inakzeptablem Inhalt. «Werden konkrete Drohungen ausgesprochen, leite ich das Mail an das Fedpol oder die Kantonspolizei weiter.»
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Ein Nationalrat wurde bedroht. Dank eines Aufrufs auf Facebook konnte er herausfinden, wem die Nummer gehört. Der Mann posierte in den sozialen Medien mit Waffen.

Im Februar erhielt ein Nationalrat einen Anruf. Ein Unbekannter beschimpfte ihn aufs Übelste und drohte ihm Gewalt an. Dank der Handynummer brachte der Politiker den Namen des Anrufers in Erfahrung. «Auf seinem Facebook-Profil sah ich, dass es sich um einen Waffennarr handelte, der mit Schusswaffen posierte.» Das habe ihn nachdenklich gestimmt. Er habe den Fall darum den Behörden gemeldet. Die Polizei habe dem Mann offenbar einen Besuch abgestattet.

Der Nationalrat will anonym bleiben – in Bundesbern spricht man ungern über solche Drohungen, um keine Trittbrettfahrer auf den Plan zu rufen. Doch sie kommen regelmässig vor, wie die am Donnerstag erschienene Jahresbilanz des Bundesamts für Polizei (Fedpol) zeigt. 2018 gingen 669 Meldungen wegen Drohungen gegen Bundesräte, Parlamentarier, Magistraten oder Bundesangestellte ein. 43 Fällen beurteilte das Fedpol als ernst: Wegen einer «potenziellen Fremdgefährdung» wurde die Kantonspolizei eingeschaltet.

SP: «Mehrheitlich Frauen werden bedroht»

«Wir prüfen alle Meldungen sorgfältig», sagt Fedpol-Sprecher Florian Näf. Dabei schauten sich die Experten an, wie konkret die ausgesprochene Drohung sei. Bei Bedarf werde die Polizei des Wohnkantons informiert, die dann die nötigen Massnahmen ergreife. Geheim bleibt, ob Exponenten bestimmter Parteien besonders häufig bedroht werden.

SP-Sprecher Nicolas Haesler stellt jedoch fest, dass Parlamentarier und weitere Parteiexponenten zunehmend Opfer von Drohungen würden, gerade in den sozialen Medien: «Auffallend dabei ist, dass mehrheitlich – aber nicht ausschliesslich – Frauen bedroht werden.» Man empfehle, bei konkreten Drohungen die Behörden einzuschalten.

Mit den Drohungen wolle man sich nicht abfinden: «Für die SP ist es unannehmbar, dass politisch aktive Menschen Hasskriminalität ausgesetzt sind.» Dies sei letztlich teilweise auch eine Folge «der zunehmenden politischen Hetze der rechtskonservativen Kreise gegen Frauen und Minderheiten». Die SP setze sich darum dafür ein, dass die Strafverfolgung gegen Hasskriminalität im Internet erleichtert werde.

«Wichtig, dass die Polizei diese Personen kennt»

Auch BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti sagt, sie erhalte regelmässig Hassmails mit inakzeptablem Inhalt. «Werden konkrete Drohungen ausgesprochen, leite ich das Mail an das Fedpol oder die Kantonspolizei weiter.» Sie finde es wichtig, dass «die Polizei diese Personen kennt». Gehe ein Drohmail gleich an mehrere Parlamentarier, komme es vor, dass man sich unter Ratskollegen austausche. «Wird konkret gedroht und schickt eine Person das E-Mail wiederholt, sind das Alarmsignale.»

Drohungen hätten in den letzten Jahren tendenziell zugenommen, sagt Quadranti. Als Politiker müsse man damit leben. «Sie gehören offenbar zum Zeitgeist.» Auch der Nationalrat, der am Telefon bedroht wurde, sagt: «Wir können uns nicht den ganzen Tag gegenseitig beweinen.»

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