Würgespiele im Bett«Ich wurde zum ersten Mal mit 14 gewürgt»
Früher vor allem in der BDSM-Szene, heute recht verbreitet: Wie die Sex-Umfrage von 20 Minuten zeigt, experimentieren vor allem Jugendliche und junge Erwachsene im Bett mit Atemkontrolle und Würgespielen. Eine Sexualtherapeutin warnt vor Gefahren.
Darum gehts
Würgespiele gewinnen besonders bei jungen Menschen an Beliebtheit.
Durch Atemnot können euphorische Gefühle hervorgerufen werden.
Die Praktik ist aber alles andere als ungefährlich: Wer «falsch» oder zu fest würgt, kann dem*der Partner*in gesundheitliche Schäden zufügen, die bis zum Tod führen können.
Die 20-Minuten-Community erzählt von ihren Erfahrungen.
Sexualtherapeutin Ines Schweizer ordnet das Phänomen ein und gibt Tipps.
Während «Choking» (Anm.d.Red. zu deutsch: würgen) früher nur Anhänger*innen der BDSM-Szene ein Begriff war, werden die Würgespiele heute in vielen Schweizer Schlafzimmern praktiziert. Die grosse Sexumfrage von 20 Minuten zeigt, dass hauptsächlich Jugendliche und jungen Erwachsene auf diese Technik beim Sex setzen. So geben mehr als jeder Sechste der 16 bis 17-Jährigen (16 Prozent) und 10 Prozent der 18 bis 34-Jährigen an, das Sexspiel mit der Hand um den Hals bereits mindestens einmal ausprobiert zu haben.
Die grösste Sexumfrage der Schweiz
22'659 Personen aus der ganzen Schweiz haben am 25. und 26. Juli online an der grössten Sexumfrage der Schweiz teilgenommen. 20 Minuten hat die Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen LeeWas, das schweizweit auf Newsportalen regelmässig umfassende Abstimmungs- und Wahlumfragen macht, durchgeführt. LeeWas gewichtet die Umfragedaten nach demografischen und geografischen Variablen. Der Fehlerbereich liegt bei 1,2 Prozentpunkten.
Auch ein grosser Teil der 20-Minuten-Community hat Choking schon mindestens einmal ausprobiert. Drei Leser*innen gewähren Einblick in ihr Sexleben und verraten, worin der Reiz der Würgespiele liegt und welche Erfahrungen sie damit bisher gemacht hat.
«Ich stehe darauf, während dem Sex gewürgt zu werden»
Leserin M. S.* (24): «Ich stehe sehr drauf, während dem Sex gewürgt zu werden. Ich kann nicht genau sagen warum, aber es hilft mir, in eine Art Trance zu gelangen und der Sex wird so viel intensiver. Ich stehe aber generell auch auf Schmerzen beim Sex und finde ich es spannend, wie verschiedene Berührungen plötzlich anders wahrgenommen werden. Aber Achtung: Es gibt «richtig» und «falsch», wenn es ums Würgen geht: Der Druck sollte nie direkt auf der Luftröhre liegen, sondern immer daneben.»
«Ich mag es, jemanden zu würgen»
Leser J. W.* (31): «Ich mag es, jemanden zu würgen. Wichtig dabei ist, dass alle Beteiligten ihre Grenzen kennen und es beiden Parteien Spass macht. Was mich daran reizt, ist die Dominanz und Macht, aber auch, dass das Würgen meine Partnerin noch mehr in Extase versetzen kann. Würgespiele sind wirklich nur dann toll, wenn die gewürgte Person daran genauso viel Spass hat wie man selbst (und umgekehrt). Für Anfänger*innen ist die richtige Technik wichtig: Übt das vor dem Sex, sitzend und in einem hellen Raum. Ausserdem kann man nach dem Ampelsystem arbeiten: «Grün» bedeutet «alles klar», «Orange» bedeutet «ich komme an meine Grenzen» und «Rot» bedeutet den sofortigen Stopp.»
«Ich wurde zum ersten Mal mit 14 gewürgt»
Leser O. B.* (28): «Ich wurde mit 14 das erste Mal gewürgt beim Sex. Mein damaliger Freund hat seine Hand bei der Penetration an meinen Hals gehalten und zugedrückt. Das hat das Gefühl verstärkt und mir sehr gut gefallen. Wenig später fing ich an, auch selbst den aktiven Part der Atemkontrolle zu übernehmen. In den folgenden Jahren habe ich Würgen immer mehr in mein Sexleben integriert. Heute ist es – passiv wie aktiv – nicht mehr wegzudenken.»
«Jugendliche wollen dazugehören und mitreden»
Sexualtherapeutin Ines Schweizer ist das Phänomen bekannt. Auch bei ihr in der Praxis suchen vermehrt Paare Hilfe, weil sie sich bezüglich «leichten BDSM-Praktiken›»nicht einig werden. Die Verbreitungsmöglichkeiten des Internets und die generelle Enttabuisierung von Sexualität führten dazu, dass solche Praktiken grössere Bekanntheit erlangen. «Ich denke, dass gerade bei 16 bis 18-Jährigen vor allem das ‹dazu gehören› und ‹mitreden wollen› grosse Beweggründe sind, so etwas auszuprobieren.»
Die Praktik ist laut der Expertin alles andere als harmlos. Würge man sein Gegenüber zu stark oder am falschen Ort, könne dies zu schweren gesundheitlichen Schäden oder gar zu Todesfällen führen. Ausserdem sei es sehr wichtig, im Vorfeld die Zustimmung des*der Partners*in einzuholen und niemanden damit zu überraschen: «Wird eine Person überrumpelt, kann es sein, dass diese aus Überforderung weder verbal noch non-verbal reagieren kann. Das kann besonders bei einer solchen Praktik verheerende Folgen haben.»
«Die Kontrolle über Leben und Tod ist für einige erregend»
Den Reiz der gefährlichen Praktik erklärt Schweizer so: «Kontrollverlust und Unterwerfung können in einem sexuellen Kontext spannend sein. Man ist seinem*seiner Partner*in ausgeliefert und übergibt in dieser extremen Variante quasi die Kontrolle über Leben und Tod. Zum anderen löst der Sauerstoffmangel im Gehirn unter anderem Adrenalin aus, was zu euphorisierenden Gefühlen führen kann. Dieser Aspekt kann auch bei der Selbstbefriedigung reizvoll sein.»
Möchte jemand trotz aller Gefahren mit Würgespielen experimentieren, rät Schweizer Folgendes: «Am besten ist es, wenn man den Wunsch im Vorfeld direkt anspricht. Stösst dieser auf Anklang, ist es wichtig, sich vorher eingehend zu informieren und die Anatomie des Halses zu verstehen.» ‹Trockenübungen› seien ebenfalls empfehlenswert und man solle ein Safe-Word und -Signal vereinbaren, falls es dem*der Partner*in unwohl werde. «So lernt man die eigenen Reaktionen auf Atemnot und Grenzen kennen, bevor man den Schritt ins Schlafzimmer macht.»
*Name der Redaktion bekannt
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