Illegale Adoptionen – Behörden schauten weg

Aktualisiert

SchweizIllegale Adoptionen – Behörden schauten weg

Über 700 Kinder aus Sri Lanka wurden illegal in die Schweiz adoptiert. Das gesamte Ausmass des Behörden-Versäumnisses kommt nun ans Licht.

Bis zu 11'000 Kinder aus Sri Lanka wurden vor allem in den 1970er und -80er Jahren in verschiedenen europäischen Ländern an Eltern vermittelt – oft illegal und auch in der Schweiz.
Weil die Adoptionen aber über die Landesgrenze hinausgingen, waren letztlich die Bundesbehörden zuständig. Innerhalb des Eidgenössischen Polizei- und Justizdepartements (EJPD) habe es bereits ab Mitte der 1970er-Jahre kritische Stimmen gegeben, heisst es in der ZHAW-Studie.
Die ZHAW konnte für ihre Studie zum ersten Mal Akten ausgewählter Behörden des Bundes, dreier Kantone und verschiedener Bezirksämter und Gemeinden zu den Sri-Lanka-Adoptionen in der Schweiz auswerten.
1 / 4

Bis zu 11'000 Kinder aus Sri Lanka wurden vor allem in den 1970er und -80er Jahren in verschiedenen europäischen Ländern an Eltern vermittelt – oft illegal und auch in der Schweiz.

Back to the roots

Die Behörden von Bund und Kantonen haben gemäss einer Studie weggeschaut, als über 700 Kinder aus Sri Lanka teils illegal in die Schweiz adoptiert wurden. Nachdem bereits der Kanton St. Gallen zu den Vorgängen seit den 1970er-Jahren an die Öffentlichkeit gelangt ist, kommt nun mit der neuen Studie das gesamte Ausmass des Missbrauchs ans Tageslicht.

Bis zu 11'000 Kinder aus Sri Lanka wurden in einem international organisierten Handel vor allem in den 1970er und -80er Jahren in verschiedene europäische Länder an Eltern vermittelt – oft illegal. Die Schweizer Behörden wussten spätestens seit Ende 1981, dass es zu Unregelmässigkeiten und zu Fällen von Kinderhandel kam – das ist das Ergebnis einer Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), die das Bundesamt für Justiz am Donnerstag vorstellte.

Zwar hatten die Kantone die Aufsicht über die Adoptionsvermittlungsstellen. Weil die Adoptionen aber über die Landesgrenze hinausgingen, waren letztlich die Bundesbehörden zuständig. Innerhalb des Eidgenössischen Polizei- und Justizdepartements (EJPD) habe es bereits ab Mitte der 1970er-Jahre kritische Stimmen gegeben, heisst es in der ZHAW-Studie.

Lukrative Vermittlung

Auch die Schweizer Botschaft in Colombo sei über all die Jahre regelmässig mit einer grossen Zahl von Adoptionsfällen konfrontiert gewesen, da sie Visa für die sri-lankischen Kinder ausstellte. Die Vermittlung von sri-lankischen Adoptivkindern sei für die Akteure vor Ort wegen des grossen Armuts- und Lohngefälles nämlich hochlukrativ gewesen, was auch die Korruption begünstigt habe, heisst es in der Studie.

Die ZHAW konnte für ihre Studie zum ersten Mal Akten ausgewählter Behörden des Bundes, dreier Kantone und verschiedener Bezirksämter und Gemeinden zu den Sri-Lanka-Adoptionen in der Schweiz auswerten.

Den Ausgangspunkt zur Aufarbeitung des Themas hatte im Herbst 2017 eine niederländische Fernsehsendung gebildet, die auf den umfangreichen Kinderhandel zwischen Sri Lanka und mehreren europäischen Ländern hingewiesen hatte. (sda)

Deine Meinung zählt