Illegale Deals?Ruag will Armee entschädigen und personelle Änderungen vornehmen
Bei der Ruag kam es wohl zu einem massiven Betrugsfall: Berichte zeigen «diverse Verfehlungen». Nun äussert sie sich zu den Vorwürfen – und will personelle Massnahmen ergreifen.
Darum gehts
Der ehemalige Ruag-Chef, der über Jahre illegal mit Ersatzteilen für Panzer gehandelt und diese unter dem Marktwert an einen deutschen Partner verkauft haben soll, arbeitet heute bei diesem Geschäftspartner.
Drei neue Berichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle zeigen, wie diverse Verfehlungen und Mängel in der Rüstungsfirma dem mutmasslichen Betrüger die krummen Geschäfte erleichterten.
In einer Stellungnahme kündigt die Ruag diverse Massnahmen an, etwa personelle Veränderungen. Einen allfälligen Schaden beim Bund will sie «vollumfänglich» vergüten.
Der ehemalige Ruag-Chef, der den Bund im grossen Stil betrogen haben soll, arbeitet heute beim deutschen Geschäftspartner. Gegen ihn wird in Deutschland wegen Korruption im Panzergeschäft ermittelt. Auch die Ruag hat Strafanzeige gegen die involvierten Personen eingereicht. In einer Stellungnahme bezeichnet sie die eruierten Missstände als «inakzeptabel». Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Untersuchung der Kanzlei Niederer Kraft Frey dauert noch an, auf wichtige Daten und Interviews haben sie noch keinen Zugriff. Trotzdem bestehen laut der EFK ausreichend Hinweise auf möglichen Betrug und dass der ehemalige Kadermann mit seiner Partnerin und einem deutschen Zwischenhändler zusammengearbeitet hat.

Mit fragwürdigen Panzerdeals soll ein ehemaliger Ruag-Chef den Bund im grossen Stil betrogen haben. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) schätzt, dass der mutmassliche Betrüger einen Schaden in hoher zweistelliger Millionenhöhe verursacht hat.
VBS«Der Verdacht auf strafrechtlich relevante Anknüpfungspunkte in der Schweiz reichen von ungetreuer Geschäftsbesorgung, Betrug, Urkundenfälschung, Verletzung des Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisses, passiver Bestechung, wirtschaftlicher Nachrichtendienst bis hin zum Verdacht auf Geldwäscherei», heisst es.
Ruag kündigt «lückenlose Aufklärung» an
In einer Mitteilung nimmt die Ruag ausführlich Stellung zu den EFK-Berichten. Sie spricht von Personen mit «mutmasslich krimineller Energie», die dem Unternehmen geschadet hätten. Man teile die Einschätzung der EFK: «Die Erkenntnisse zeigen auf, dass es innerhalb der Ruag-Organisation mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit systematisch zu betrügerischen Geschäftstätigkeiten gekommen ist. Im Zentrum dieser Geschäfte steht der internationale Ersatzteilhandel.»
So funktioniert das Ruag-Universum – und das will der Bund
Gleichzeitig zeigen die EFK-Berichte: Die Probleme bei der Ruag sind vielfältig und gehen weit über das Fehlverhalten von einzelnen Personen hinaus. Die Berichte zeichnen das Bild einer Firma, die durch Umstrukturierungen sowie zahlreiche Wechsel an der Spitze geschwächt ist und die Regeln nicht durchsetzt.
Die Ruag bestätigt «fehlende oder ungenügende Kontrollen». Nun will die Rüstungsfirma die «belastende Vergangenheit» aufarbeiten: «Die neue Unternehmensführung ist sich ihrer Verantwortung bewusst und wird die Verfehlungen der Vergangenheit lückenlos aufklären sowie konkrete Massnahmen einleiten.»
Die EFK hielt in ihrem Bericht fest, dass die «wesentlichen Fakten» dank einer Whistleblowing-Meldung bereits 2019 auf dem Tisch lagen. Dazu sagt die Ruag auf Anfrage, dass die Firma das Schreiben zur Kenntnis genommen, aber nicht an die richtigen Stellen weitergeleitet habe: «Die Hintergründe sind Gegenstand der laufenden Untersuchung.»
Schweizer Armee soll «vollständig» entschädigt werden
Neben der bereits eingereichten Strafanzeige will die Ruag auch rechtzeitig Zivilansprüche stellen, um den Schaden ersetzt zu bekommen. Auch der EFK-Empfehlung, eine mögliche Organhaftung zu prüfen, will die Ruag nachkommen. Ebenso der Empfehlung, die deutsche Tochtergesellschaft umgehend in die Muttergesellschaft zu integrieren.
Amherds Nachfolger muss bei Prüfkommission antraben
Die aufgedeckten Missstände sollen auch persönliche Konsequenzen haben. Jürg Rötheli, seit Anfang Jahr der Präsident des Verwaltungsrats, hat laut der Ruag bereits «personelle Veränderungen» in die Wege geleitet. Ziel sei es, die Ruag «unbelastet» weiterzuentwickeln und den «eingeleiteten Kulturwandel» voranzutreiben. Auf Nachfrage geht Ruag nicht ins Detail. Demnächst soll Näheres kommuniziert werden.
Ab diesem Freitag gewährt die Ruag ausgewählten VBS-Mitarbeitenden zudem eine Online-Zugriffsrecht. Diese können künftig auf das SAP-System für die Verwaltung der Ersatzteillager zugreifen und damit die unbewilligten Verschrottungen und Inventurdifferenzen aufarbeiten. Der Hintergrund: Die EFK konnte den Verdacht nicht ausräumen, dass verschwundene Ersatzteile weiterverkauft wurden.
Genügen die Massnahmen, welche die Ruag nun ergreift?
«Falls es zu unbewilligten Entnahmen gekommen sein sollte, wird die Ruag die Schweizer Armee vollständig entschädigen», teilt die Ruag mit. Weiter sollen die Compliance-Prozesse durch ein Audit extern überprüft werden. «Die Ruag setzt alles daran, um die Situation rasch zu verbessern.»
Ruag-Boss: «Schwerwiegende Fehler und Fehlentscheide»
«Es ist inakzeptabel, dass innerhalb unseres Unternehmens schwerwiegende organisatorische Fehler, Fehlentscheide und Fehleinschätzungen passiert sind», teilt der neue VR-Präsident Jürg Rötheli mit.

Ruag-CEO Ralf Müller ist seit einem Jahr dabei: «Mir ist bewusst, dass wir das Vertrauen nur mit grösstmöglicher Transparenz zurückgewinnen können und wir sind gewillt, diese umfassend sicherzustellen», sagt er.
RuagRalf Müller, seit einem Jahr der CEO der Ruag, schreibt, er wolle dafür sorgen, dass die operative Leistung statt der belastenden Vergangenheit im Vordergrund stehe. Man habe bereits wichtige Schritte unternommen und setze weitere Massnahmen mit hoher Priorität um: «Mir ist bewusst, dass wir das Vertrauen nur mit grösstmöglicher Transparenz zurückgewinnen können und wir sind gewillt, diese umfassend sicherzustellen.»
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