«Im Ernstfall könnten wir uns eh nicht wehren»

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Berufsarmee«Im Ernstfall könnten wir uns eh nicht wehren»

FDP-Politiker Pierre Maudet hat mit seinem Vorschlag zur Abschaffung der Wehrpflicht in ein Wespennest gestochen. Das zeigen die Kommentare im Talkback.

von
oku
Der neuen Bedrohungslage noch gewachsen? Viele Leser haben Zweifel an der Tauglichkeit der Schweizer Armee bei einem möglichen Ernstfall. (Bild: Keystone)

Der neuen Bedrohungslage noch gewachsen? Viele Leser haben Zweifel an der Tauglichkeit der Schweizer Armee bei einem möglichen Ernstfall. (Bild: Keystone)

Wehrpflicht abschaffen, Armee auf 20 000 Mann verkleinern und in Sachen Verteidigung den Schulterschluss mit der EU suchen – derlei Vorschläge für die Schweiz hätten noch vor wenigen Jahren unweigerlich zu einem kollektiven Aufschrei geführt. Vermutlich wäre die politische Karriere des geistigen Brandstifters in Sachen Armee wohl sofort beendet gewesen. Nicht so im Fall des Stadtgenfer Sicherheitsdirektors Pierre Maudet (FDP). Ganz im Gegenteil: «Bravo, endlich einer aus dem rechten Lager, der nicht nur Scheinreformen anstrebt. Genau so kann ich mir eine Armee vorstellen», schreibt zum Beispiel Leser Matthias – und spricht damit offenbar vielen aus dem Herzen.

Zumindest ist die Zustimmung für eine Abschaffung der Milizarmee in den Kommentaren überraschend gross. So zum Beispiel «Dr. B.»: «Ich finde den Vorschlag sehr gut durchdacht und sinnvoll. Für was braucht man 100 000 Soldaten die für nichts durch den Dreck kriechen?», fragt er provokativ in die Runde. Eine Antwort darauf erhält er nicht. Dafür aber weitere Unterstützung: «Die Gefahr das jemand die Schweiz angreift ist absurd. Daher ist unsere Armeesystem veraltet und gehört ins letzte Jahrtausend! Und wenn dabei sogar noch Geld eingespart werden kann, umso besser», schiesst Hans Mueller scharf. Generell scheint die veränderte Bedrohungslage das Argument, dass am häufigsten ins Feld geführt wird.

«Wir könnten uns niemals wehren»

Dass in Sachen Armee und Anpassung irgend etwas grundsätzlich schief läuft, davon ist Bedamarkli überzeugt: «Die Schweiz ist sonst ein fortschrittliches Land, nur in Sachen Armee denken wir noch wie in den 40er Jahren (Igelstellung).» Und Manuel Benz bringt die Meinung vieler Kommentatoren auf den Punkt: «Fakt ist doch, dass wir uns gegen allfällige Feinde aus dem Ausland mit unseren Panzern und Gewehren niemals wehren können. Die Bedrohungslage ist schlicht eine andere.»

Auch Markus will dem nicht widersprechen, gibt aber zu bedenken: «Die Bedrohungslage heute ist eine andere als vor Jahrzehnten, diesbezüglich unsere Armee neu ausrichten macht Sinn. Zuerst müssten aber die Bundesratsparteien gemeinsam übereinkommen, wie die Schweiz unabhängig vom Ausland und neutral in einer Krise oder einem Kriegsereignis zu verteidigen wäre.» Unabhängig von diesem Aspekt findet Hans Peter: «Pierre Maudet hat endlich verstanden, dass eine viel kleinere Armee mit motivierten Leuten viel besser zum Schutz der Schweiz beiträgt.»

Die Armee als Lebensschule?

Gegen eine so radikale Änderung der Armeestruktur ruft aber auch Gegner auf den Plan. So sorgt sich B. Gränicher ernsthaft um die Sicherheit des Landes: «20 Tausend Mann? Eine Schön-Wetter-Armee kann ich dazu nur sagen. Wie will ein Land in einer wirklichen Krise mit so wenigen Soldaten die Sicherheit garantieren?» Dem kann David nur beipflichten: « Eine Armee von 20 000 Mann ist absolut lächerlich, genau so gut könnten wir eine neue Taktik entwickeln. Zum Beispiel: Im Kriegsfall ergeben wir uns alle auf der Stelle.»

Ein ganz anderes Argument für den Erhalt der Milizarmee führt CK an: « Die Armee ist eine Lebensschule. Dort lernen verwöhnte Teenager endlich mal, selbst etwas zu tun. Grossmäuler lernen, dass sie sich unterordnen müssen. Gesetzesbrecher lernen, sich an Regeln zu halten. Einzelgänger lernen Teamwork und sozial Schwächere bekommen in der Gruppe neues Selbstvertrauen.» Aus diesem Grund ist er gegen eine Berufsarmee.

Berufsarmee unkontrollierbar

So ähnlich sieht es auch Sven: «Viele von denen, die das Gut finden, sind wohl einfach zu faul, um ein paar Wochen Dienst in der Armee zu leisten.» Das will Don Joe so nicht unbedingt unterschreiben. Doch für ihn gibt es im Zusammenhang mit der Abschaffung der Wehrpflicht ein anderen grossen Haken: «Die Berufsarmee hat das Problem, dass sie eine abgeschlossene Gemeinschaft ist. Sobald es einem Land schlecht geht und dieses Land zudem nicht gerade demokratisch ist, verselbständigt sich die Berufsarmee.»

Doch mit dieser Meinung befindet er sich derzeit offenbar in der Minderheit. So sprechen sich in einer Ad-hoc-Umfrage zum Thema Wehrpflicht respektable 59 Prozent für eine Abschaffung aus. Was ist Ihre Meinung? Kommentieren Sie die Vorschläge im Talkback und stimmen Sie im Poll ab!

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