Im Libanon gestrandet«Wir fühlen uns von der offiziellen Schweiz im Stich gelassen»
Alexandra M. aus dem Kanton Zürich sitzt auf Nadeln: Ihre Schwester befindet sich im Libanon – und findet wegen annullierter und ausgebuchter Flüge keinen Weg nach Hause. Die Schweiz plant jedoch keine Evakuierungen.
Darum gehts
Israel hat eine Bodenoffensive im Libanon gestartet.
Damit eskaliert die Situation im Nahen Osten weiter.
Alexandra M. aus dem Kanton Zürich ist verzweifelt: Ihre Schwester befindet sich im Libanon und findet keinen Weg zurück in die Schweiz.
Die Familie fühlt sich im Stich gelassen.
Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) plant jedoch keine Evakuierungen für Schweizerinnen und Schweizer.
Israel hat seine Bodenoffensive im Libanon gestartet. Damit spitzt sich die bereits prekäre Situation weiter zu. Grosse Sorgen bereitet das Alexandra M. (53) aus dem Kanton Zürich: Ihre Schwester Cora (51) befindet sich seit einigen Wochen im Libanon, um ihre zwei Töchter und ihre Enkelin vor Ort zu besuchen. «Wir sind verzweifelt – wir schaffen es nicht, sie zurück in die Schweiz zu holen», sagt Alexandra gegenüber 20 Minuten.
«Sie haben echt Todesangst»
Seit einigen Tagen stehe sie in engem Kontakt mit ihrer Schwester und deren Familie, die sich in der Stadt Zahlé befänden, rund eineinhalb Autostunden von Beirut entfernt. Ihre Schwester Cora habe über 20 Jahre lang im Libanon gelebt und viele schwierige Situationen erlebt. «Aber diesmal ist die Lage enorm prekär. Meine Schwester und meine Nichten sind derzeit – den Umständen entsprechend – wohlauf, aber sie haben echt Todesangst», erzählt Alexandra.
Flüge nach Hause zu buchen, grenze an ein Ding der Unmöglichkeit: Die meisten seien bereits ausgebucht, die wenigen anderen würden andauernd annulliert. «Wir haben uns auch mit der Schweizer Botschaft in Verbindung gesetzt, aber die haben meiner Schwester nur geraten, ein Segelboot zu mieten und damit nach Zypern zu fahren», erzählt die 53-Jährige. Mittlerweile hätten sie einen Flug buchen können – doch dieser startet erst am 11. Oktober. «Das ist erst in zehn Tagen», sagt Alexandra besorgt.
Familie fühlt sich im Stich gelassen
Das eidgenössische Amt für auswärtige Angelegenheiten (EDA) rät bereits seit längerem von Reisen in den Libanon ab. Seit Ende Juli empfiehlt es zudem, das Land mit eigenen Mitteln zu verlassen. Die Familie fühlt sich trotzdem von der offiziellen Schweiz und dem Aussendepartement im Stich gelassen. «Wir wissen selbst, dass die Reise meiner Schwester in den Libanon nicht sehr clever war. Aber es ist immer eine schwierige Situation, wenn man Kinder dort hat», sagt Alexandra.
Doch jetzt, wo unter anderem Deutschland und Grossbritannien ihre Staatsbürger aus dem Libanon evakuieren, würde sie erwarten, dass auch die Schweiz dies tue. Es gehe der Zürcherin dabei auch nicht nur um ihre eigene Schwester, sondern auch um anderen Schweizerinnen und Schweizer, die derzeit auf sich alleine gestellt seien. «Die Botschaft sagte uns, wir sollen uns bei den Deutschen melden – doch wollten uns die Kontakte zu ihnen nicht vermitteln», kritisiert Alexandra.
Bund plant keine Evakuierungen
«Das EDA führt keine organisierte Ausreise von Schweizer Staatsangehörigen aus», bestätigt ein Sprecher auf Anfrage von 20 Minuten. Der Entscheid, eine Krisenregion zu verlassen, erfolge freiwillig auf eigene Kosten der ausreisenden Person. Auskunft über Flugverbindungen erteilten die Fluggesellschaften. «Ausreisewilligen Schweizer Staatsangehörigen wird daher empfohlen, sich bei den Fluggesellschaften und Reiseveranstaltern über Ausreisemöglichkeiten zu informieren», so der Sprecher.
Darüber hinaus habe das Aussendepartement keine Kenntnis von verletzten Schweizer Staatsangehörigen. Bei der Schweizer Botschaft im Libanon seien rund 1200 Auslandsschweizerinnen und Auslandsschweizer angemeldet, auf der «Travel Admin» App hätten rund 90 Personen einen Aufenthalt im Libanon registriert. Auch das Personal der Schweizer Vertretungen im Nahen Osten sei wohlauf.
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Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
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