Prämienschock: «Immer mehr Menschen gehen mit Bagatellen in den Notfall»

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Prämienschock«Immer mehr Menschen gehen mit Bagatellen in den Notfall»

Um die stark steigenden Gesundheitskosten einzudämmen, will ein Viertel der Bevölkerung, dass unnötige Besuche in der Notaufnahme künftig aus der eigenen Tasche bezahlt werden müssen.

Die mittlere Prämie wird 334.70 Franken betragen. Dies sind 6,6 Prozent mehr als noch im Jahr 2022. Nun zeigt eine repräsentative Umfrage von 20 Minuten: Um diese Kosten zu senken, will mehr als ein Viertel der Schweizer Bevölkerung, dass Patienten, die den Notfall für Bagatellfälle nutzen, diesen selber bezahlen sollen.
Wer also mit einem Schnitt im Finger, Husten oder einem verstauchten Knöchel den Notruf wählt oder gleich selber in der Notaufnahme auftaucht, soll zur Kasse gebeten werden. Laut Martin Kuhn, Geschäftsführer von Regio-144, steigen die Bagatellfälle, für die der Rettungsdienst gerufen wird, tatsächlich stark an: «Einsätze, die rückblickend keinen Rettungswagen benötigt hätten, sind in den letzten zehn Jahren um 200 Prozent gestiegen.»
Auch wenn solche Fälle unnötigen Aufwand generieren, glaubt Kuhn nicht, dass tatsächlich viel Geld gespart werden könnte: «Ein Einsatz mit dem Krankenauto kostet durchschnittlich etwa 900 Franken. Für diese Kosten kommt die Allgemeinheit kaum auf – den grössten Teil zahlt der Patient selbst.»
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Die mittlere Prämie wird 334.70 Franken betragen. Dies sind 6,6 Prozent mehr als noch im Jahr 2022. Nun zeigt eine repräsentative Umfrage von 20 Minuten: Um diese Kosten zu senken, will mehr als ein Viertel der Schweizer Bevölkerung, dass Patienten, die den Notfall für Bagatellfälle nutzen, diesen selber bezahlen sollen.

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Darum gehts

Nach vier Jahren werden die Krankenkassenprämien 2023 wieder steigen. Die mittlere Prämie wird 334.70 Franken betragen. Dies sind 6,6 Prozent mehr als noch im Jahr 2022. Nun zeigt eine repräsentative Umfrage von 20 Minuten: Um diese Kosten zu senken, will mehr als ein Viertel der Schweizer Bevölkerung, dass Patienten, die den Notfall für Bagatellfälle nutzen, diesen selber bezahlen sollen.

Wer also mit einem Schnitt im Finger, Husten oder einem verstauchten Knöchel den Notruf wählt oder gleich selber in der Notaufnahme auftaucht, soll zur Kasse gebeten werden. Laut Martin Kuhn, Geschäftsführer von Regio-144, steigen die Bagatellfälle, für die der Rettungsdienst gerufen wird, tatsächlich stark an: «Einsätze, die rückblickend keinen Rettungswagen benötigt hätten, haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt und entsprechen aktuell rund einem Viertel aller Einsätze.» Leicht rückläufig sei hingegen der Anteil der schweren oder gar lebensbedrohlichen Fälle.

Fakt ist laut Kuhn, dass eine Fahrt ins Spital – wenn dies der Patient wünscht – nicht zu verhindern ist, weil jeder Patient ein Anrecht darauf hat. «Die Verunsicherung der Bevölkerung ist gestiegen. Die gesunde pragmatische Selbstwahrnehmung zum eigenen Körper hat sich verändert. Auch deshalb nutzen sie wahrscheinlich mehr den Notfall, als zuzuwarten und den Hausarzt aufzusuchen», so Kuhn.

«Bagatellen tragen zum Prämienwachstum bei»

Auch wenn solche Fälle unnötigen Aufwand generieren, glaubt Kuhn nicht, dass tatsächlich viel Geld gespart werden könnte: «Ein Einsatz mit dem Rettungswagen kostet durchschnittlich etwa 900 Franken. Für diese Kosten kommt die Allgemeinheit kaum auf – den grössten Teil zahlt der Patient selbst.» Wenn die Franchise aufgebraucht sei, dann übernehme die Krankenkasse 50 Prozent der anfallenden Kosten.

Laut Santésuisse gibt es jedoch ein gewisses Potenzial, Kosten im Notfallbereich einzusparen. Denn dem hohen Andrang bei Rettungswagen und Behandlungen im Notfall steht der Verband der Krankenversicherer kritisch gegenüber. Seit gut einem Jahr beobachte Santésuisse ein allgemein starkes Kostenwachstum, gerade auch bei den Spitalambulatorien.

«Bagatellen im Spital-Notfall führen ebenfalls zu hohen Kosten und tragen somit auch zum Prämienwachstum bei», sagt Matthias Müller von Santésuisse. Die stärksten Kostentreiber seien jedoch andere: «Die Arzttarife und die Kosten der Medikamente sind für das Kostenwachstum hauptverantwortlich», so Müller.

Ein Drittel der Patienten bei Fast Track behandelt

Die Notfallaufnahme des Universitätsspitals Zürich (USZ) verzeichnete im Jahr 2021 45’084 Patientinnen und Patienten. Rund ein Drittel dieser Patienten wurde dabei im sogenannten Fast Track behandelt – andernorts auch Notfallpraxis genannt und für leichte Notfälle gedacht. «Da am USZ die Patienten abgesondert im Fast Track behandelt werden, bleiben die Kojen im Notfall-Zentrum korrekterweise den schweren Fällen vorbehalten», sagt Claudio Jörg vom USZ.

Das Berner Inselspital behandelt jährlich bis zu 60 000 Patientinnen und Patienten. Seit der  Lockerung der Corona-Massnahmen im Frühjahr sei dabei einen erhöhten Bedarf an schneller medizinischer Versorgung zu verzeichnen. « Bagatellfälle machen bei uns nur einen sehr kleinen Teil der Konsultationen aus, zugenommen haben vielmehr die Konsultationen von chronisch kranken, älteren und schwer erkrankten oder verletzten Patientinnen und Patienten», schreibt Didier Plaschy vom Universitätsspital Bern.

16’296 Personen befragt

Hast du auch schon mal die Notaufnahme für eine Bagatelle aufgesucht?

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