Trennungs-Coach«In Beziehungen wird viel zu lange probiert, gekämpft und diskutiert»
Trennungs-Coach Thomas Meyer sagt, die meisten Beziehungen passten nicht. Dennoch scheuten die Betroffenen eine Trennung – aus Egoismus und Bequemlichkeit.
Darum gehts
Thomas Meyer berät Leute, die sich trennen wollen. 2017 ist sein Buch «Trennt euch» erschienen.
Die meisten Beziehungen passten nicht, die Betroffenen blieben aber drin, so Meyers Fazit.
Das frustriert ihn ab und zu. «Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass der Mensch so funktioniert.»
Herr Meyer, Sie sind Trennungs-Coach. Gefällt Ihnen der Job?
Ja. Es ist eine schöne, weil verantwortungsvolle und berührende Arbeit. Aber es gibt auch schreckliche Momente.
Zum Beispiel?
Manche Menschen sind in einer Beziehung, die sie nicht mehr wollen. Das ist schon genug traurig. Aber viele sind darüber hinaus in katastrophalen Verhältnissen, in denen es um Missbrauch, Gewalt und Terror geht. Dennoch schaffen sie den Absprung nicht.
Vier von fünf Partnerschaften passten nicht, schreiben Sie 2017 in «Trennt euch».
Ja. Sehr viele Beziehungen sind nicht harmonisch, nicht stabil und nicht gesund. Vor allem nicht für die Kinder. Und um die sollte es ja primär gehen.
Wann passt eine Partnerschaft nicht?
Es braucht in den zentralen Aspekten eine Ähnlichkeit. Ein einfaches, aber wichtiges Beispiel sind die Wertvorstellungen, etwa die politischen Ansichten. Wenn sie weit auseinanderliegen, gibt es immer wieder Momente der Ablehnung. Oder die Lebensumstände. Wenn jemand sehr viel Geld hat und der andere sehr wenig, schafft das ein Gefälle. Oder wenn der eine Kinder hat und der andere Kinder nicht mag.
Die Leute suchen Ihren Rat – befolgen sie ihn auch?
Meistens nicht. Viele sind zu stark auf die negativen Folgen der Trennung fokussiert. Eine Trennung ist tatsächlich unangenehm, wird aber oft als Katastrophe betrachtet. Die Beziehung, so schlecht sie auch ist, wird dann oft als das kleinere Übel in Kauf genommen. Ich versuche, den Menschen klarzumachen, was für einen Preis sie und ihre Kinder dadurch bezahlen. Eine schlechte Beziehung macht krank.
Sie sagen, die Leute blieben aus Egoismus und Bequemlichkeit in einer schlechten Beziehung. Das müssen Sie erklären.
Wenn jemand in der Beziehung unglücklich ist, sie aber dennoch nicht beendet, versuche ich, dem in den Coachings auf den Grund zu gehen. Dann kommen schnell eigennützige Gründe zum Vorschein. Etwa: «Ich will halt meine Kinder jeden Tag sehen.» Das ist total egoistisch. Die Frage ist doch, in was für einer Stimmung die Kinder aufwachsen. Aber vielen ist das letztlich egal. Sie halten ihre Kinder für zu blöd, um die Missstimmung überhaupt wahrzunehmen.
Führen Jüngere bessere Beziehungen als Ältere?
Auf jeden Fall sind sie realistischer. Sie wissen, dass eine Beziehung oft nicht ein Leben lang hält. Die Älteren, zu denen ich selbst gehöre, sind in Elternhäusern gross geworden, in denen man sich nicht trennte. Wir wissen, dass das nicht funktioniert, haben aber noch Mühe, das zu akzeptieren.
Es klingt so einfach, wenn Sie darüber reden. Wie war es bei Ihnen?
Es ist überhaupt nicht einfach, sondern brutal, roh und rabiat. Mir ist es immer schwergefallen, unabhängig davon, ob ich verlassen wurde oder verlassen habe. Beim ersten Mal habe ich sehr lange gelitten.
So einfach gehts: Trennungs-Coach Thomas Meyer erzählt in 13 Sekunden, wie man am besten eine Beziehung beendet.
20min/zoaKann man sich zu schnell trennen? Es ist auch wertvoll, Schwierigkeiten durchzustehen.
Wenn es einem Paar gelingt, Konflikte zu lösen und daran zu wachsen, freue ich mich. Doch in der Regel läuft es anders: Derselbe Konflikt taucht immer wieder auf und wird nie gelöst. Es wird viel zu lange probiert, gekämpft und diskutiert.
Wenn man sich zu jemand anderem hingezogen fühlt – ab wann soll man den Partner informieren?
Genau dann. Wenn man jemanden länger als einen kurzen Moment lang interessant findet und merkt, dass das weitergehen könnte. Dann gebietet es allein schon der Anstand, offen darüber zu reden. Wer das nicht macht und die Sache laufen lässt, hatte in seiner Beziehung ein unausgesprochenes Defizit.
Kann man nicht auch einfach mit jemandem essen gehen?
Warum sollte man das machen wollen? Das ist ein intimer, vertraulicher Rahmen. Für mich beginnt Fremdgehen schon da.
Viele würden hier widersprechen. Heute ist es doch normal, auch mit Personen des anderen Geschlechts befreundet zu sein.
Frauen, mit denen ich schon vor meiner Beziehung befreundet war, kündige ich natürlich nicht die Freundschaft. Doch wenn jemand Neues dazukommt, soll man mit dem Partner oder der Partnerin darüber reden, was für eine Art Kontakt das ist. Hat jemand von beiden sexuelle Absichten? Wenn es rein platonisch ist, spricht nichts dagegen. Aber das ist es nun mal meist nicht.
Ich höre bei Ihnen eine gewisse Resignation.
Ja, es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass der Mensch so funktioniert und keine Rücksicht nimmt auf Menschen, die er vorgibt zu lieben.
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