Das steckt hinter dem Naturphänomen in Genf

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Pointe de la JonctionIn Genf vereinen sich zwei Flüsse, aber nicht ihr Wasser – warum?

In Genf mündet die Arve in die Rhone. Und obwohl es keine Barriere gibt, die die beiden Flüsse trennen könnte, behalten die beiden ihre ursprüngliche Farbe zunächst bei. Das steckt dahinter.

Als würde eine Barriere sie trennen: So erscheint das Mündungsgebiet von Rhone und Arve an vielen Tagen.
Die «Trennung» der beiden Flüsse ist auch auf Satellitenbildern gut zu erkennen.
Dass sich das Wasser der beiden Flüsse farblich unterscheidet, ist ihrer Herkunft geschuldet: Die Rhone (links) kommt aus dem Genfersee, die Arve ist ein typischer Gebirgsfluss. 
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Als würde eine Barriere sie trennen: So erscheint das Mündungsgebiet von Rhone und Arve an vielen Tagen.

IMAGO/Pond5

Darum gehts

  • Dort wo Rhone und Arve zusammenfliessen, gibt es Beeindruckendes zu sehen. 

  • Obwohl sie sich ein Flussbett teilen, behalten beide Flüsse ihre Farbe bei. Ihr Wasser mischt sich nicht. 

  • Das hat unter anderem mit der Temperatur, der Fliessgeschwindigkeit und der Herkunft der beiden Flüsse zu tun.

  • Ein ähnliches Naturphänomen kann auch in Brasilien beobachtet werden. 

Zwei Flüsse, zwei Farben: Das ist erstmal nicht überraschend. Doch dass zwei Flüsse ihre Farben behalten, wenn sie zusammenfliessen, dagegen schon. Vor allem, wenn die farbliche Zweiteilung über eine gewisse Strecke bestehen bleibt. Doch genau das ist in Genf der Fall, besonders im Sommer.

Warum haben Arve und Rhone überhaupt unterschiedliche Farben?

Wenn die beiden Flüsse in Genf aufeinandertreffen, dann hat ihr Wasser schon eine Strecke hinter sich:

Die Arve entspringt im Massiv des Mont-Blanc am Col de Balme (2202 m). Sie ist also ein typischer Gebirgsfluss, «der Gletschermilch vom Mont-Blanc mitbringt», so Andri Bryner, Medienbeauftragter am Wasserforschungsinstitut Eawag. Als solche wird das grau oder weiss getrübte Abflusswasser eines Gletschers bezeichnet. Die Trübung entsteht durch das fein zerriebene Gestein im Wasser.

Während das Wasser der Arve voller mineralischer Schwebstoffe ist, führt die aus dem Genfersee kommende Rhone klares, leicht grünliches Wasser. Sie enthält lediglich ein paar wenige Schwebealgen aus dem See.

Warum vermischen sich die Flüsse nicht sofort?

Das hat mehrere Gründe: Zum einen ist das mit mineralischen Schwebeteilchen beladene Wasser der Arve schwerer als das klare Wasser der Rhone. Zum anderen «ist das Arve-Wasser immer sehr kühl, weil es direkt von den Gletschern kommt», erklärt Franck Pidoux, Direktor des kantonalen Wasseramts in Genf, gegenüber 20 Minuten. Die Temperatur liege immer zwischen zwölf und 15 Grad.

«Die Rhone fliesst zwar ebenfalls sehr kalt in den Genfersee, verlässt diesen aber in der Regel wärmer.» Das aus dem See herausfliessende Wasser sei an die Aussentemperatur gebunden. «Vorausgesetzt, es gibt keinen Wind und keine Bise», so Pidoux. Dieser könne die warmen Wasserschichten nämlich in Richtung Vevey oder Genf treiben, «was zu schnellen Temperaturschwankungen führen kann.» Im Sommer sei das Wasser jedoch in der Regel so warm, dass es hervorragend zum Baden geeignet ist. 

Wie lang bleibt die «Trennung» der Flüsse bestehen?

Das variiert und hängt von den Aussenbedingungen ab. «Es hängt davon ab, wie ruhig oder wirbelig der Fluss nach der Mündung fliesst», so Bryner. Auch der Temperaturunterschied und die Menge des Wassers spielen eine Rolle. Besonders ausgeprägt sei die «Trennung» im Sommer, so der Eawag-Sprecher. Der Grund: «Die Arve führt im Frühling (Schneeschmelze), im Sommer (Gletscherschmelze und Schneeschmelze in höheren Lagen) und im Frühherbst (Regen und erster Schnee, der sich nicht hält und schmilzt) sehr viel Wasser», so Pidoux. Im Hochwinter, während der Kälteperioden, seien die Abflüsse dagegen in der Regel sehr gering, «weil der Schnee das Wasser auf den Gipfeln ‹blockiert›.» Auch die unterschiedliche Schwere des Wassers hat einen Einfluss.

Aktuell kein Baden in Rhone und Arve

Phänomen nicht nur auf Genf beschränkt

Auch unterhalb der Stadt Manaus im brasilianischen Regenwald besteht das Wasser des Amazonas aus zwei verschiedenfarbigen Strömen, die sogar über Dutzende von Kilometern nebeneinander her fliessen: Es sind der Rio Solimões und der Rio Negro. Der Ort, wo sie sich vereinigen heisst in der Landessprache Encontro das Águas, was so viel wie «Zusammentreffen der Wasser» bedeutet. Auch hier spielen sowohl physikalische als auch chemische Faktoren mit rein.

Der Rio Negro hat mit 3,5 einen stark sauren pH-Wert, der von den im Wasser vorhandenen Huminstoffen (Humusbestandteile) herrührt, während der Rio Solimoes mit 7,5 einen schwach basischen pH-Wert hat. Der Rio Solimões fliesst mit 7,5 Kilometern pro Stunde (km/h), der Rio Negro mit nur 2,5 km/h. Wegen der unterschiedlichen Farben der beiden Flüsse unterscheiden sich auch deren Temperaturen. Der lehmig-weisse Solimões reflektiert das Sonnenlicht und ist immer kälter als 22 Grad Celsius, während der schwarze Rio Negro es absorbiert und gelegentlich Temperaturen über 28 Grad Celsius erreicht. Wegen der unterschiedlichen Temperaturen der Flüsse unterscheiden sich auch deren Dichten deutlich.

Wie Rhone und Arve bleiben auch der Rio Solimões und Rio Negro nach dem Zusammenfluss eine Weile getrennt. 
Sie fliessen sogar über Dutzende von Kilometern nebeneinander her.
Auch hier spielen sowohl physikalische als auch chemische Faktoren mit rein: Der Rio Negro hat mit 3,5 einen stark sauren pH-Wert, der von den im Wasser vorhandenen Huminstoffen (Humusbestandteile) herrührt, während der Rio Solimões mit 7,5 einen schwach basischen pH-Wert hat.
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Wie Rhone und Arve bleiben auch der Rio Solimões und Rio Negro nach dem Zusammenfluss eine Weile getrennt. 

imago stock&people

Hast du schon mal einen farblich zweigeteilten Fluss gesehen?

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