TeuerungInflation knallt auf 3,4 Prozent – steigen die Preise immer weiter?
Die Preise sind im Juni so hoch geklettert wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. In den nächsten Monaten droht ein weiterer Anstieg. Vor allem, wenn Russland den Gas-Hahn zudreht.
Darum gehts
Die Preisteuerung hört nicht auf. Im Juni stieg die Inflation auf 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Bundesamt für Statistik mitteilt. Das ist die höchste Rate seit fast 30 Jahren. Vor allem die Treibstoffpreise knallen nach oben, aber auch Heizöl, Früchte und Gemüse wurden teurer.
«Aussergewöhnlich hoch» nennt Brian Mandt, Chefökonom der Luzerner Kantonalbank, die Inflationsrate in der Schweiz. Im Vergleich zum Ausland liege sie aber immer noch tief. So stiegen die Preise in der EU um über acht Prozent, in Spanien und in osteuropäischen Ländern gar zweistellig.
Ende der Preistreiberei zeichnet sich ab
Der Ukraine-Krieg treibe die Preise für Energie und Nahrungsmittel wie Sonnenblumenöl nach oben und sorge für weiteres Chaos in den Lieferketten, so Mandt. Es wird aber nicht alles teurer, so sanken etwa im Monatsvergleich die Preise für Kleider.
Zudem zeichne sich ein Ende der Preistreiberei ab, so Mandt. Er geht davon aus, dass die Haushalte in den nächsten Monaten weniger konsumieren und die Unternehmen weniger investieren, so seien die Spielräume geringer, die Preise auf die Endkunden abzuwälzen.
Mit einer Normalisierung der Preise sei aber erst in ein bis zwei Jahren zu rechnen. «Dann sollte es auch Alternativen zu russischer Energie geben, worauf die Energiepreise sinken könnten», sagt Mandt.
Nationalbank dämpft Preisschock ab
Auch Matthias Geissbühler, Investment-Chef von Raiffeisen Schweiz, glaubt, dass die Inflation in den nächsten Monaten nur noch leicht auf circa 3,5 Prozent ansteige und danach wieder sinke. «Die Nationalbank hat den Franken mit der Leitzinserhöhung deutlich gestärkt, das hat eine dämpfende Wirkung auf die importierte Inflation», so Geissbühler.
Der starke Franken lässt die Importpreise weniger stark steigen. Deshalb zahlten Schweizerinnen und Schweizer etwa relativ gesehen wenig fürs Erdöl im Vergleich zu Deutschen, sagt Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch.
Schlimmstes Szenario Gas-Lieferstopp
Allerdings droht eine weit grössere Inflation, falls Russland, wie von einigen Experten befürchtet, kein Gas mehr liefern sollte. Versorgungsengpässe im Winter würden für generell steigende Preise sorgen, so Minsch. Verbunden mit einem brummenden Arbeitsmarkt und entsprechenden Lohnsteigerungen könne das kritisch werden.
«Das wäre das schlimmste Szenario», sagt auch Raiffeisen-Experte Geissbühler. Die Folge wären massive Gas-Engpässe im Herbst und deutlich höhere Preise fürs Gas. «Fünf Prozent Inflation wären dann durchaus realistisch», so Geissbühler.
So hoch wie im Ausland mit teils zweistelligen Raten werde die Inflation aber selbst dann nicht sein. Dafür brauche es eine massive Erhöhung der Mietzinsen, was sich derzeit nicht abzeichne. Die Nebenkostenabrechnung dürfte nächstes Jahr aber wie auch die Krankenkassenprämien deutlich höher ausfallen, so Geissbühler.