Interesse an Cebit schwindet
Sinkende Besucherzahlen und weniger Aussteller: Die weltgrösste IT-Messe lahmt. Branchenkenner erwarten weder grosse Trends, noch bahnbrechende Neuentwicklungen.
In der nächsten Woche pilgern zwar wieder einige hunderttausend Menschen aus beruflichen Gründen oder aus Interesse nach Hannover. Hier findet vom 15. bis 21. März die Cebit, die immer noch weltgrösste IT-Messe, statt. Es kommen aber nur noch etwa halb so viel Besucher wie 2001, als sich 850 000 Menschen in den Messehallen drängten. Damals waren noch mehr als 8100 Aussteller vertreten, in diesem Jahr sind es weniger als 6000. Seitdem hat die Cebit etwa ein Viertel ihrer Aussteller und die Hälfte der Besucher verloren. «Nicht die Anzahl der belegten Hallen ist für uns relevant, sondern die Anzahl der angebotenen Lösungen», sagt Ernst Raue vom Vorstand der Deutschen Messe AG. Schliesslich seien ja auch die Erzeugnisse der IT-Branche immer kleiner geworden. Aber das ist nicht der Hauptgrund für den Schrumpfungsprozess der Cebit. Vielmehr ist der Messe die eigene Grösse über den Kopf gewachsen.
Bescheidene Anfänge
Die gemessen an der Ausstellungsfläche weltgrösste Messe für Computertechnik und Telekommunikation begann unter dem Dach der Industriemesse in Hannover: Seit 1970 hatte das «Centrum der Büro- und Informationstechnik» (Cebit) seinen Platz in der neuen Halle 1 am Nordeingang des Messegeländes. Erst 1986 öffnete die erste eigenständige Cebit ihre Tore: 2142 Aussteller präsentierten sich damals auf einer Ausstellungsfläche von 200 000 Quadratmetern, und 334 000 Besucher wurden gezählt.
Seit je plagt sich die Cebit mit dem Verhältnis zwischen professionellen Fachbesuchern und Privatanwendern. Der Anteil des begeisterten Privatpublikums erreichte 1995 fast ein Drittel. Um den Charakter als Fachmesse zu erhalten, wurden 1996 die Eintrittspreise drastisch erhöht. Ausserdem wurde eine Cebit Home eingeführt, die allerdings schon nach zwei Messen - 1996 und 1998 - wieder eingestellt wurde. Erfolgreicher war hingegen die Internationalisierung der Cebit mit Ablegern in Istanbul und Schanghai.
«Konsequente Neupositionierung»
Vor zehn Jahren konnte es noch erstrebenswert erscheinen, sich einen Überblick über die Trends der gesamten IT-Landschaft zu verschaffen. Dafür nahm man auch teure Hotels und verstopfte Strassen in Kauf. Inzwischen aber verlagern sich Fachinformation und Geschäftsanbahnung auf kleinere Spezialmessen wie die gerade in Barcelona beendete 3GSM World für die Mobilfunker oder die Computer Electronics Show (CES) für Unterhaltungselektronik in Las Vegas. In Deutschland gibt es die Konkurrenz der nunmehr jährlich stattfindenden Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin und der vom Start weg erstaunlich erfolgreichen Games Convention in Leipzig.
Die Messeveranstalter reagieren auf den Bedeutungswandel mit der Entscheidung für eine «konsequente Neupositionierung der Cebit». Die Messe wird ab 2008 auf sechs Tage verkürzt. Auch soll das Gewicht nach den Worten Raues wieder mehr auf Fachbesucher gelegt werden. Statt Quantität soll Qualität den Cebit-Besuch bestimmen. In diesem Jahr fehlen nicht nur wie bisher schon Apple, Hewlett-Packard und Cisco, sondern auch wichtige Hersteller wie Motorola, Nokia, Lenovo, Epson und Symantec.
Optimismus
Die Stimmung im Computergeschäft ist 2007 durchaus rosig, wie der Branchenverband Bitkom registriert. Mit einem globalen Umsatz von zwei Billionen Euro stellen Informationstechnik und Telekommunikation eine Schlüsselbranche der Weltwirtschaft dar. In Deutschland rechnet der Verband für dieses Jahr mit einem Umsatzplus von 1,6 Prozent auf nahezu 149 Milliarden Euro.
Branchenkenner erwarten auf der Cebit aber keine grossen Trends oder bahnbrechenden Neuentwicklungen. «Die Industrie entwickelt sich seit Jahren evolutionär und nicht revolutionär.» So gibt es in der Software-Branche schon länger die Tendenz, Anwendungen und Dienste als «Web-Services» ins Internet zu verlagern, zu einer «serviceorientierten Architektur» (SOA) miteinander zu verbinden oder nur bei Bedarf als «Software as a Service» (SaaS) zu nutzen. Das sind Trends, die auch für Privatanwender interessant werden. So gibt es etwa bei Google online verfügbare Software für Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Zu den Schwerpunkten der Messe gehören Satelliten-Navigation und Mobile Computing. Bei den Notebooks sollen Flash- Speicherbausteine als Solid State Disk das Aufstarten beschleunigen. (dapd)