Islamist gegen Mubarak-Anhänger

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Stichwahl in ÄgyptenIslamist gegen Mubarak-Anhänger

Nun ist es definitiv: In Ägypten kommt es zu einer Stichwahl um die Präsidentschaft. Mohammed Mursi oder Ahmed Schafik - für viele Ägypter sind beide nicht wählbar.

Das Rennen um die Präsidentschaft in Ägypten bleibt offen. Ein Islamist und ein Mann des ehemaligen Regimes des gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak kämpfen in der Stichwahl am 16. und 17. Juni um das höchste Staatsamt.

Das gab Faruk Sultan, der Präsident der Wahlkommission, am Montag in Kairo offiziell bekannt. In der ersten Runde der Präsidentenwahl am 23. und 24. Mai habe Mohammed Mursi, der Kandidat der Muslimbruderschaft, mit 24,3 Prozent der Stimmen vorne gelegen. Mubaraks letzter Ministerpräsident Ahmed Schafik kam danach mit 23,3 Prozent auf den zweiten Platz. Die Wahlbeteiligung lag bei 46 Prozent.

Die Wahlkommission wies am Montag die Wahlanfechtungen von fünf unterlegenen Kandidaten als «grundlos» ab. Die Beschwerdeführer hatten Verstösse gegen die Wahlordnung sowie unstatthafte Wählerbeeinflussungen und massiven Stimmenkauf zur Sprache gebracht.

Wahlen «nicht sauber»

Unter den Beschwerdeführern gegen den ersten Wahlgang war der linke Kandidat Hamdien Sabbahi, der mit 20,4 Prozent der Stimmen überraschend auf dem dritten Platz gelandet war. Er beanstandete auch, dass Schafik eigentlich von der Wahl hätte ausgeschlossen werden müssen. Er berief sich darauf, dass die Wahlordnung vorsieht, dass Vertreter des alten Regimes nicht wählbar sind.

Der gemässigte Islamist und Ex-Muslimbruder Abdel Moneim Abul Futuh, dessen Beschwerde von der Wahlkommission ebenfalls abgewiesen wurde, sagte in Kairo, die Wahl sei «nicht sauber» gewesen. «Ich hatte gehofft, sie würde zumindest so fair und korrekt sein wie die Parlamentswahl (zur Jahreswende). Sie war es nicht.»

Abul Futuh, den Meinungsforscher vor der Wahl als Favoriten gehandelt hatten, kam mit 17,2 Prozent der Stimmen nur auf den vierten Platz. An fünfter Stelle folgt der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga und Ex-Aussenminister Amr Mussa (knapp 11 Prozent).

Buhlen um Unterstützung

Die beiden Bestplatzierten brachten sich bereits für das Finish in Stellung. «Ich verspreche allen Ägyptern eine neue Ära», erklärte Schafik am Samstag in Kairo. Die Muslimbruderschaft umwarb indes einige der in der ersten Runde unterlegenen Kandidaten.

Unter anderem sollen ihnen die Vize-Präsidentschaft und wichtige Posten in der nächsten Regierung angeboten worden sein, falls sie ihre Anhänger im Juni zur Wahl Mursis aufriefen. Sabbahi und Abul Futuh erklärten, in keinerlei Verhandlungen mit den Muslimbrüdern zu stehen.

Enttäuschte Aktivisten

Aktivisten der Aufstandsbewegung, die den Sturz Mubaraks bewirkt hatte, zeigten sich bitter enttäuscht über einen Wahlausgang, der den Bürgern nur noch die Wahl zwischen einem Mubarak-Mann und einem frommen Islamisten belässt.

Einige von ihnen hatten die Wahl von vornherein boykottiert, andere ihre Stimme dem Linken Sabbahi oder dem mit wenig Chancen angetretenen Aktivisten Chalid Ali gegeben. Die meisten Organisationen der sogenannten Revolutionsjugend neigen nun dazu, zur Wahl Mursis aufzurufen. Gegenüber dem Ex-Regime-Mann Schafik betrachten sie ihn als das «geringere Übel».

Dem früheren Luftwaffenchef und letztem Regierungschef Mubaraks, Schafik, wird von Kritikern vorgeworfen, dem seit Mubaraks Sturz herrschenden Militärrat zu nahe zu stehen. Seinen Wahlkampf führte er vor allem mit dem Versprechen, das Land zu der Stabilität zurückzuführen, die von vielen Ägyptern seit dem Sturz Mubaraks vermisst wird. (sda)

Proteste gegen Wahlausgang

Mehrere hundert Menschen haben am Montagabend in Kairo und Alexandria gegen das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentenwahl in Ägypten protestiert. Auf dem symbolträchtigen Tahrir-Platz im Zentrum der Hauptstadt Kairo strömten 500 Demonstranten zusammen und riefen: «Das Volk will das Regime zum zweiten Mal stürzen!»

Wenige Stunden zuvor hatte die Wahlkommission das Ergebnis des Urnenganges vom 23. und 24. verkündet. Demnach werden der Islamist Mohammed Mursi und der Ex-Regime-Mann Ahmed Schafik in der Stichwahl am 16. und 17. Juni um das höchste Staatsamt kämpfen.

Beobachter rechnen damit, dass sich die Proteste in den kommenden Wochen noch ausweiten könnten. Vor allem ein Sieg Schafiks, der die Unterstützung des mächtigen Militärs und der immer noch an Geld und Einfluss reichen Netzwerke der ehemaligen Regime-Partei NDP geniesst, könnte die Stimmung unter der sogenannten Revolutionsjugend zum Kochen bringen.

Der fast 30 Jahre herrschende autoritäre Präsident Husni Mubarak war im Februar 2011 durch einen Volksaufstand gestürzt worden. Dessen Zentrum war von Anfang an der Tahrir-Platz.

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