Israels Libanon-Krieg war völlig dilettantisch
Schallende Ohrfeige für den israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert: Der Regierungschef habe die Soldaten überstürzt, schlecht organisiert, mit unklaren Zielen und von «Schwächen im strategischen Denken» begleitet in den Libanon-Krieg geschickt.
Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert ist nach scharfer Kritik einer Untersuchungskommission an der Kriegsführung in Libanon schwer angeschlagen. Medien bezeichneten Olmerts Lage als Kampf um das politische Überleben.
Der Regierungschef habe die Soldaten überstürzt, schlecht organisiert, mit unklaren Zielen und von «Schwächen im strategischen Denken» begleitet in den Kampf gegen die Hisbollah geschickt, listete der Bericht die im Krieg gemachten Fehler am Montag auf.
Der Krieg sei begonnen worden ohne nachzudenken, wie er zu beenden sei, sagte der Leiter der Kommission, der frühere Richter Eliahu Winograd. Der Bericht setzt Olmert, der bereits in einem Umfragetief steckt, weiter unter Druck. Doch der Politiker zeigte sich vor der Veröffentlichung des Berichtes bereit zum politischen Ringen.
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Der Libanonkrieg
Der Libanonkrieg im Sommer 2006 begann nach einem Überraschungsangriff der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz auf den Norden Israels. Bei dem Angriff entführten Hisbollah-Kämpfer zwei israelische Soldaten, drei weitere wurden getötet.
Sie feuerten zudem entlang der Grenze Raketen und Mörsergranaten in israelisches Gebiet. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert befahl der Armee daraufhin, in den Libanon vorzudringen. Insgesamt dauerte der Krieg, der am 12. Juli begonnen hatte, gut einen Monat.
Auf der libanesischen Seite starben bei Kämpfen und Bombardements mehr als 1200 Menschen, überwiegend Zivilisten, auf der israelischen rund 160 Soldaten und Zivilisten.
Die Einwohner Nordisraels mussten wegen Raketenangriffe wochenlang in Schutzräumen ausharren. Bedeutende Teile der libanesischen Infrastruktur wurde stark beschädigt oder zerstört. Es entstand Schaden in Milliarden-Höhe.
Meinungsumschwung
Zu Beginn des Krieges stand die israelische Öffentlichkeit fast geschlossen hinter Olmerts Kriegspolitik. In einer Umfrage sprachen sich 81 Prozent der Befragten für eine Fortführung der Militäroperation aus. 58 Prozent meinten, diese sollte andauern, bis die Hisbollah «hinweggefegt» ist. Rückblickend sieht Israel den Krieg als Misserfolg.
Die Kriegsziele, wie die Regierung sie zu Beginn des Kampfes gegen die radikal-islamische Hisbollah definiert hatte, wurden nicht erreicht. Es gelang der Armee nicht, die beiden verschleppten Soldaten zu befreien. Auch die angestrebte Schwächung der Hisbollah wurde nicht erreicht und die israelische Abschreckungskraft nach Ansicht von Experten durch den Krieg stark beschädigt.
Olmert in Bedrängnis
Olmerts Chancen stünden nun schlecht, schrieb die Tageszeitung «Jediot Achronot» am Montag über dessen Regierung. In einem demokratischen Land könne die politische Führung nicht über lange Zeit gegen die öffentliche Stimmung regieren.
Sollte Olmert scheitern, gilt Aussenministerin Zipi Liwni als mögliche Nachfolgerin - zunächst an der Spitze seiner Kadima- Partei. Während einer Kabinettssitzung mit Olmert am Sonntag war Liwni durch ihr Schweigen aufgefallen.
Dem Vernehmen nach diskutiert sie bereits mit Parlamentsabgeordneten ihrer Partei und Bürgermeistern über die Zukunft von Kadima. Zwar wolle sie Olmert nicht stürzen, hat sie bei den Treffen erkennen lassen, aber sollte dieser abtreten, fühle sie sich in der Lage, in der Partei und im Land die Zügel in die Hand zu nehmen.
(sda)