Gesundheitliche Folgen: So verändern 286 Tage im All den Körper

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ISS-RückkehrerDiese Folgen haben 286 Tage im Weltall für den Körper

Über neun Monate statt acht Tage: Die Astronauten Suni Williams und Butch Wilmore sind von der ISS zurück. Nun drohen jahrelange Komplikationen mit der Gesundheit.

Sowohl Suni Williams (59) ...
... als auch Barry Eugen «Butch» Wilmore ...
... wirken nach neun Monaten im All deutlich gealtert.
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Sowohl Suni Williams (59) ...

IMAGO/UPI Photo

Darum gehts

  • Im Weltall herrschen ganz andere Verhältnisse als auf der Erde – und das hat teils gravierende Folgen auf den Körper.

  • So leiden bei Langzeitaufenthalten Muskulatur, Knochenaufbau, Gehirn, Augen und Haut.

  • Die meisten Veränderungen sind nicht von Dauer, dennoch bestehen erhebliche Gefahren für die Gesundheit.

Abgemagert und zumindest optisch deutlich gealtert sind die beiden Nasa-Astronauten Suni Williams und Butch Wilmore am Mittwoch von ihrem unfreiwillig langen Aufenthalt auf der Internationalen Raumstation ISS zur Erde zurückgekehrt. Wie üblich wurden sie nach ihrer Landung im Atlantik vor Florida auf Bahren abtransportiert, doch die nun folgenden medizinischen Checks für Williams (59) und Wilmore (62) dürften in den nächsten Tagen die eine oder andere Überraschung an Tag bringen.

Auf den ersten Blick erkennbar ist, dass beide im Weltall an Gewicht verloren haben – ein Phänomen, das bei Rückkehrern aus dem All üblich ist. Doch auch die Muskulatur baut durch den langen Aufenthalt in der Schwerelosigkeit kräftig ab, was den beiden das Gehen und Stehen bei der üblichen Schwerkraft auf der Erde nicht einfach macht. «Zu gehen statt zu schweben – nach mehr als neun Monaten in der Schwerelosigkeit ist das eine Herausforderung», sagt Weltraummediziner Alexander Stahn von der Charité in Berlin dem «Spiegel».

Flüssigkeit wandert in den Kopf

Muskel- und Knochenapparat seien geschwächt, der Gleichgewichtssinn gestört und das Herz-Kreislauf-System belastet. Doch auch andere Faktoren setzen den Körpern der Raumfahrer zu: So müssen sie einen Verlust von Blutvolumen um bis zu 15 Prozent verkraften, was mit Infusionen gleich nach der Landung ausgeglichen wird. Im All muss das Herz deswegen weniger hart arbeiten, was nach der Rückkehr zu erhöhter Belastung führt.

Dass sich im All erhöhte Mengen Flüssigkeit mangels Schwerkraft im Kopf sammelt und den Druck auf Augen und Sehnerven erhöht, hat in vielen Fällen Folgen auf die Sehfähigkeit: Das sogenannte Spaceflight Associated Neuro-Ocular Syndrome (SANS) äussert sich durch unscharfes Sehen bei rund 70 Prozent der Weltallreisenden. Selbst die Struktur des Auges verändert sich, meist verschwinden die Symptome aber nach einiger Zeit wieder. Zudem wirkt das Gesicht bisweilen aufgedunsen.

Gehirn leidet

Auch das Gehirn ist durch den erhöhten Druck betroffen: Studien haben gezeigt, dass die kognitiven Fähigkeiten und das Gedächtnis von Astronautinnen und Astronauten temporär leiden. Die Gefahr von Thrombosen erhöht sich stark. Und da sich die Körperflüssigkeiten in Richtung Kopf verschieben, entwickeln sich auch die unteren Extremitäten zurück. Das Resultat sind «Hühnerbeine» und «Babyfüsse», also geschrumpfte Gehwerkzeuge.

Schliesslich ist auch die Haut betroffen: Bei längerem Verweilen im All wird die äusserste Hautschicht, die Epidermis, um bis zu 20 Prozent dünner. Ausschläge treten dort ebenfalls deutlich häufiger auf, Verletzungen heilen wesentlich langsamer.

Langzeitfolgen schwer abschätzbar

Am gravierendsten ist allerdings ein anderer Faktor: «Bei Langzeitmissionen ist sicher die Strahlenbelastung das grösste Risiko», sagt Experte Stahn. In nur einer Woche bekommen Bewohner der ISS dieselbe Menge Radioaktivität ab wie Erdlinge in einem Jahr. Zudem ist die Art der Strahlung eine andere, gefährlichere. Auch von der Sonne herausgeschleuderte Partikel, hochenergetische Protonen und Ionen von ausserhalb des Sonnensystems prasseln auf Weltraumreisende nieder. All dies erhöht die Gefahr massiv, eines Tages an Krebs zu erkranken.

Gegen viel der oben genannten Veränderungen kann etwas unternommen werden, etwa intensives Muskeltraining oder elektrische Stimulierung der Knochen. Dennoch geht jeder Mensch, der für längere Zeit ins Weltall reist, viele noch kaum abschätzbare Risiken ein.

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