Viele StörungenIst das Internet voll und muss dichtmachen?
Vergangene Woche erlebte das Internet einige Störungen - weil es zu viele Verbindungen im Netz gebe, sagen Experten. Dies überfordere die älteren Router der Netzbetreiber.

Ältere Router kamen in der letzten Woche an den Anschlag.
In der vergangenen Woche machte das Gerücht die Runde, das Internet sei voll. Laut dem «Guardian» hat die Anzahl an Verbindungen im World Wide Web eine kritische Grenze überschritten. Das kann man sich so vorstellen: Router stellen Verbindungen zwischen Rechenzentren her und überliefern Datenpakete von einer IP-Adresse zur anderen. Den Weg, den die Pakete dabei zurücklegen, nennt man auch Routen. Je mehr IP-Adressen es gibt, desto mehr Punkte müssen miteinander verbunden werden. «Dadurch entstehen auch mehr Routen», erklärt Thomas Brühwiler, Medienverantwortlicher des Schweizer Providers Hostpoint.
Probleme treten vor allem bei Routern auf, die älter als fünf Jahre sind. «Irgendwann sind sie einfach voll und es hat keinen Platz mehr für neue Verbindungen», sagt der britische Internetexperte James Blessing dem «Guardian». Ältere Router können vielfach maximal 512'000 Einträge erstellen. Ist diese Grenze erreicht, gehen länger vorhandene Informationen zugunsten der neu erhaltenen Routing-Informationen verloren. Das Resultat ist, dass die verschwundenen Verbindungen nicht mehr funktionieren. Das hat zur Folge, dass einige Websites als offline angezeigt werden. In Grossbritannien kam es deswegen bereits zu Störungen und auch hierzulande versagten diese Woche einige Web-Dienste.
Fehler in den USA schuld an Störung
Am Dienstag waren Websites und E-Mail-Konten beim Schweizer Provider Hostpoint nur eingeschränkt erreichbar. Rund 180'000 Websites werden von dem Unternehmen gehostet. Die am Vormittag aufgetretene Störung dauerte gut vier Stunden. Auch andere Provider hatten mit Problemen zu kämpfen. «In den USA geschah ein Fehler und es wurden Tausende neuer Routen aufgeschaltet», weiss Brühwiler. Dadurch sei das Netz vorübergehend überlastet - in einer gewissen Weise also «voll» - gewesen. Einige der bewährtesten Routen verschwanden aufgrund der hohen Zahl an neu dazugekommenen Verbindungen.
«Wir gehen schlussendlich davon aus, dass die Überschreitung der Limite dazu geführt hat, dass sehr kritische Routen, die wir bei unseren Stichproben leider nicht sofort entdeckt hatten, verloren gingen», schreibt auch Markus Gebert, Mitbesitzer von Hostpoint, in einem Beitrag des Unternehmensblogs. Man habe die Limite für auf Hardware basierendes Routing nun auf 800'000 Einträge erhöht. Dies senke die Wahrscheinlichkeit entscheidend, dass es wieder zu Ausfällen komme, so Gebert. Auch Blessing schlägt diese Lösung gegen überlastete Router vor. Ausserdem will Hostpoint die Router künftig besser überwachen und schneller auf Probleme reagieren.
Hardware muss ersetzt werden
Brühwiler beruhigt zudem, man müsse keine Angst vor einem «vollen Internet» haben. «Viele neuere Router sind zwar per Standardeinstellung nach wie vor auf 512'000 Einträge limitiert, doch diese Grenze lässt sich anheben.» Bei älteren Routern sei dies nicht immer möglich. «In diesem Fall muss die Hardware ersetzt werden, damit es nicht zu einer Überlastung kommt», sagt der Internetexperte.
Roland Eugster, Marketing-Teamleiter bei Switch, dem Betreiber des Schweizer Wissenschaftsnetzes der Hochschulen, stösst ins gleiche Horn. «Jeder einzelne Internet-Provider muss dafür sorgen, dass seine technische Infrastruktur richtig konfiguriert und auf dem aktuellen Stand der Technik ist.» Neuere Router, die bei Switch zum Einsatz kämen, verfügten über deutlich mehr Speicherkapazität als die 512'000 Einheiten älterer Router.
Störungen bei der Uni Bern
Laut einem Leser-Reporter hat diese Woche auch die Universität Bern mit Netzwerkproblemen zu kämpfen gehabt. Am Mittwoch traten ab 11.30 Uhr technische Störungen im Bereich der Informatik auf. Davon waren die zentralen Systeme wie Internet, E-Mail und Telefon betroffen. Bei der Uni scheint das Problem aber hausgemacht zu sein: «Grund der Störung war ein Konflikt zwischen Überwachungssoftware und einer Anzahl alter Hardwarekomponenten», heisst es in einer Nachricht von Verwaltungsdirektor Daniel Odermatt an die Studenten. Nach knapp sieben Stunden funktionierte das Uni-Netzwerk wieder.