Exekutionen bis zum 20. JanuarIst US-Präsident Donald Trump «im Hinrichtungsrausch»?
Die Regierung des abgewählten US-Präsidenten will bis zuallerletzt ausstehende Hinrichtungen vollstrecken. Soeben starb Brandon Bernard durch die Giftspritze in Texas. Bereits am Freitag steht die nächste Exekution an.
Gegen die Hinrichtung von Brandon Bernard protestierten Gegner der Todesstrafe bis zuletzt.
Darum gehts
Mit Brandon Bernard ist seit Juli der 9. Häftling durch eine Hinrichtung auf Bundesebene getötet worden.
Der noch amtierende US-Präsident lässt damit selbst in der Phase des Machtwechsels zwischen zwei Präsidenten hinrichten.
Bis zum 20. Januar sollen fünf weitere Verurteilte exekutiert werden – alles Afroamerikaner.
Es gibt einen Grund, wieso Donald Trump sich bei diesen Hinrichtungen unerbittlich zeigt.
Brandon Bernard (40) ist im Gefängnis in Terre Haute im US-Bundesstaat Indiana mit einer Giftspritze hingerichtet worden. Eine Jury hatte ihn 1999 wegen Mordes zum Tode verurteilt. Als 18-jähriges Gangmitglied hatte Bernard zusammen mit vier anderen Teenagern ein Paar entführt und ausgeraubt. Der älteste der Gang erschoss Todd und Stacie Bagley in deren Wagen, Bernard liess das Fahrzeug anschliessend in Flammen aufgehen.
Kurz vor seiner Hinrichtung wandte sich Bernard während dreier Minuten an die Angehörigen der Bagleys: «Es tut mir leid. Das sind die einzigen Worte, die voll einfangen, wie ich mich jetzt fühle und wie ich mich seit jenem Tag gefühlt habe», sagte er gemäss US-Medien. Die Hinrichtung war um zwei Stunden verzögert worden, weil Bernards Anwälte beim Obersten Gerichtshof vergeblich einen Abbruch beantragt hatten.
Hinrichtungen bis zuletzt
Erfolglos waren auch die vielen Prominenten geblieben, die sich für den am Donnerstag um 21.27 Uhr Ortszeit für tot erklärten Bernard starkgemacht hatten (siehe Box). Auch dass noch lebende Jurymitglieder des Prozesses von 1999 ihr Todesurteil gegen Bernard mittlerweile revidiert hatten, dass auch Anwälte, Ankläger, Polizeichefs und Sheriffs aus dem ganzen Land ans Weisse Haus appelliert hatten, das Todesurteil fallen zu lassen – all das hatte US-Präsident Trump nicht beeindruckt.
Er und sein Justizminister William Barr hatten vor wenigen Monaten das Moratorium gegen die Vollstreckung der Todesstrafe nach Bundesrecht aufgehoben. Todesstrafen werden damit nach nationalem und nicht bundesstaatlichem Recht vollstreckt – das erste Mal wieder seit fast 20 Jahren. Auf dieser Grundlage wurden seit Juli neun Häftlinge hingerichtet.
Das gab es seit 130 Jahren nicht mehr
Trump, ein Befürworter der Todesstrafe, hat nicht vor, die tödliche Hinrichtungskadenz vor seinem Abtreten zu unterbrechen. Bis zum 20. Januar sollen nach Brandon Bernard fünf weitere Verurteilte exekutiert werden – alles Afroamerikaner. Die nächste Hinrichtung ist bereits für diesen Freitag geplant.
Das ist äusserst ungewöhnlich. Normalerweise – das heisst, seit 130 Jahren nicht mehr – lassen Präsidenten in der «Lame-Duck-Phase», der Zeit zwischen dem Machtwechsel von zwei Präsidenten, keine Todesstrafen mehr vollstrecken.
Erst Ende November hatte die Trump-Regierung eine Vorschrift für die Ausführung der Todesstrafe auf Bundesebene geändert. Demnach werden künftig neben dem Tod durch die Giftspritze auch andere Hinrichtungsmethoden wie Erschiessungen, der elektrischen Stuhl oder tödliches Gas zulassen. Angewendet werden sie ab dem 24. Dezember.
Unversöhnlich bis zuletzt
Entsprechend laut ist die Kritik in den USA, von einem regelrechten «Hinrichtungsrausch» Trumps bis zum 20. Januar ist die Rede. Beobachter sind sich einig: Der abtretende Präsident will sich politisch bis zuletzt demonstrativ vom künftigen demokratischen Präsidenten abheben – und Zeichen der Stärke und der ideologischen Unversöhnlichkeit aussenden (mehr dazu findet ihr hier).
Trump-Nachfolger Joe Biden ist ein Gegner der Todesstrafe. Es wird erwartet, dass der Demokrat die Todesstrafe auf Bundesebene wieder aussetzen wird – und zwar noch am Tag seiner Amtseinführung am 21. Januar.
Erfolglose Promis
Kim Kardashian und Staranwälte
Reality-TV-Star Kim Kardashian schrieb am Donnerstag auf Twitter: «Es ist der Tag der Menschenrechte, und hier in den Vereinigten Staaten richten wir jemanden hin, der zum Zeitpunkt des Verbrechens 18 war, nicht der Schütze war und sich rehabilitiert hat. So beschämend.» Kardashian pflegt eigentlich gute Beziehungen zu US-Präsident Donald Trump. Doch sie blieb mit ihrer Aufforderung, die Hinrichtung auszusetzen, ebenso erfolglos wie die beiden prominenten US-Anwälte Alan Dershowitz und Ken Starr. Sie hatten in letzter Minute beantragt, die Vollstreckung der Todesstrafe für 14 Tage auszusetzen. Beide kennen den US-Präsidenten gut. Sie hatten Trump in dessen Amtsenthebungsverfahren im Kongress verteidigt.