Jans’ MigrationspolitikTabubruch – SVP will bereits bei Diebstahl Zwangsausschaffungen
Seit 100 Tagen amtiert Beat Jans schon als Justizminister und hat im Asylwesen schon einiges aufgegleist. Langsam zu viel, wie die SP befürchtet – oder noch viel zu wenig, wie die SVP moniert.
Darum gehts
Bundesrat Beat Jans blickte am Dienstag auf seine ersten 100 Tage als Justizminister zurück.
Dabei stellte er auch klar, welche Schwerpunkte er in seinem Departement setzen will.
Während die SP bereits befürchtet, dass gewisse Massnahmen etwas zu weit führen könnten, fordert die SVP Taten statt Ankündigungen.
SVP-Nationalrat Mike Egger fordert, dass Personen, die während des Asylprozesses straffällig werden, zwangsausgeschafft werden.
Am Dienstag lud Bundesrat und Justizminister Beat Jans zur Medienkonferenz, um auf seine ersten 100 Tage im Amt zurückzublicken. Dabei stellte er auch klar, auf welche Probleme er sich besonders fokussieren will.
Höchste Priorität haben demnach der Abbau von Pendenzen im Asylwesen, die Integration von Flüchtenden in den Arbeitsmarkt, die Ausschöpfung von inländischem Arbeitskräftepotenzial und die Bekämpfung häuslicher Gewalt. Zudem hat sich Jans auf die Fahne geschrieben, dass er gegen Lohndiskriminierung sowie organisiertes Verbrechen vorgehen will.
SVP: «Wer im Asylprozess straffällig wird, soll zwangsausgeschafft werden»
Nicht zufrieden mit Jans zeigt sich die SVP. Die Rechtspartei stänkert, dass Jans zwar einige Verschärfungen angekündigt habe, jedoch Taten schuldig bleibe. Die SVP nehme ihn beim Wort und erwarte eine «baldige Umsetzung von weitergehenden Massnahmen», schreibt diese in einer Mitteilung.

«Von leeren Worten lassen sich kriminelle Asylbewerber nicht einschüchtern», sagt SVP-Nationalrat Mike Egger.
20min/Matthias SpicherNoch weiter geht SVP-Nationalrat Mike Egger. «Von leeren Worten lassen sich kriminelle Asylbewerber nicht einschüchtern», sagt er. In der Sondersession Mitte April will er deshalb per Vorstoss eine «Null-Toleranz-Politik» aufs Tapet bringen. «Wer im Asylprozess straffällig wird, soll künftig ins Heimatland zwangsausgeschafft werden – wenn nötig auch mit beruhigenden Massnahmen», so der St. Galler.
Die grosse Mehrzahl der kriminell gewordenen Personen seien nicht anerkannte Flüchtlinge, sondern solche, die aus anderen Gründen in der Schweiz seien – und könnten deshalb ausgewiesen werden, wenn man das tatsächlich wollte, ist sich Egger sicher. «Wenn jedem klar ist, dass er sein Aufenthaltsrecht verliert, wenn er etwas stiehlt oder Gewalt in der Schweiz ausübt, wird das auch weniger passieren», ist er überzeugt.
SEM: «Rechtlich nicht möglich»
Wie die SVP das umsetzen will, ist aber äusserst fraglich. Denn auf Anfrage schreibt das Staatssekretariat für Migration (SEM): «Nein, das ist rechtlich nicht möglich. Wenn eine Person die Flüchtlingseigenschaft nach Flüchtlingskonvention und Asylgesetz erfüllt, würde eine solche Ausschaffung dem Non-Refoulement-Prinzip widersprechen.»
Welchem Departement würdest du am liebsten vorstehen wollen?
Das Non-Refoulement-Prinzip verbietet die Auslieferung, Ausweisung oder Rückschiebung einer Person in ein anderes Land, falls angenommen werden muss, dass für die betreffende Person im Zielland ein ernsthaftes Risiko von Folter oder einer anderen sehr schweren Menschenrechtsverletzung besteht. Auch wenn eine Person die Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, bleibe unter anderem zu prüfen, ob ihre Wegweisung in den Heimatstaat völkerrechtlich zulässig sei, so ein SEM-Sprecher.
SP: «Beim 24-Stunden-Verfahren bin ich skeptisch»
Seitens Jans’ eigener Partei, der SP, ist man der gegenteiligen Auffassung – die angekündigten Massnahmen werden kritisch beäugt. «Betreffend der 24-Stunden-Verfahren bin ich immer noch skeptisch», sagt SP-Asylchefin Céline Widmer. Es müsse gewährleistet sein, dass diese fair und korrekt ablaufen, betont sie.

«Betreffend der 24-Stunden-Verfahren bin ich immer noch skeptisch», sagt SP-Asylchefin Céline Widmer.
20min/Matthias Spicher«Viel wichtiger und zielführender finde ich die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt», so Widmer. Sie begrüsse es «sehr», dass Bundesrat Jans darauf einen Fokus lege und dies zusammen mit allen Beteiligten anpacken wolle.
Mitte: «Er lässt nichts anbrennen»
Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller zeigt sich mit der bisherigen Arbeit von Bundesrat Jans zufrieden: «Es ist zwar etwas schwierig, nach 100 Tagen schon eine verbindliche Note zu geben. Aber so, wie ich ihn wahrnehme, lässt er bei gewissen Vorkommnissen nichts anbrennen», so Binder-Keller. Bei der 24-Stunden-Regel etwa greife er durch und zeige «klipp und klar», dass das Gastrecht nicht missbraucht werden solle.

«So, wie ich Beat Jans wahrnehme, lässt er bei gewissen Vorkommnissen nichts anbrennen», sagt Marianne Binder-Keller (Mitte).
20min/Matthias SpicherJans werde zudem ein SVP-Anliegen aufgreifen und prüfen, ob Asylverfahren in Drittländer ausserhalb Europas verlagert werden könnten. «Ich finde es gut, dass nachher klar ist, wie das funktionieren soll, ob es mit dem Völkerrecht überhaupt kompatibel ist und ob sich Menschen mit abgewiesenen Asylgesuchen dann nicht trotzdem auf die gefährliche Route übers Meer aufmachen», betont Binder.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Fragen oder Probleme im Bereich Migration/Asylverfahren?
Hier findest du Hilfe:
Schweizerische Flüchtlingshilfe, Tel. 031 370 75 75
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration, Tel. 044 436 90 00
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