Schwester vom Dalai Lama: «Ich habe ihn nie als Bruder gesehen»

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Jetsun PemaSchwester vom Dalai Lama: «Ich habe ihn nie als Bruder gesehen»

Sie ist die Schwester des 14. Dalai Lama und als «Mutter von Tibet» bekannt. Mit 20 Minuten spricht sie über ihre Kindheit mit «Seiner Heiligkeit», seine Dokumentation und ihre Arbeit mit Kindern.

Jetsun Pema ist als «Mutter von Tibet» bekannt.
Sie ist die jüngere Schwester des 14. Dalai Lama.
Am 20. Zurich Film Festival im Oktober besuchte sie stellvertretend für ihren Bruder das ZFF.
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Jetsun Pema ist als «Mutter von Tibet» bekannt.

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Darum gehts

  • Jetsun Pema ist die jüngere Schwester des 14. Dalai Lama.

  • Sie engagierte sich 42 Jahre ihres Lebens für die Kinder von Tibet.

  • Den Dalai Lama habe sie nie als ihren Bruder angesehen. Er war stets ihr Mentor und Guru. Deshalb verteidigt sie auch seinen Zungen-Skandal.

Bescheiden, ruhig, aber stets mit einem Lächeln im Gesicht tritt sie auf – Jetsun Pema ist die Schwester des 14. Dalai Lama und vertrat ihn bei einem Pressetermin am diesjährigen Zurich Film Festival Anfang Oktober. «Bei der Ankunft habe ich einen Regenbogen gesehen», freut sich die 84-Jährige. «Es regnet zwar, aber das ist doch das perfekte Kinowetter.» Im Schweizer Dokumentarfilm «Wisdom of Happiness» spricht der Dalai Lama direkt in die Kamera und vermittelt seinen Zuschauerinnen und Zuschauern so das Gefühl einer privaten Audienz.

«Was auch immer er sagt, es berührt deine Seele und fühlt sich wie eine persönliche Nachricht an. Ihn zu treffen, mit ihm zu sprechen und von ihm zu hören, ist eine Lebenslektion», so Jetsun über ihren Bruder, von dem sie nur als «Seine Heiligkeit» spricht. Als sie geboren wurde, war er bereits fünf Jahre lang in seiner Ausbildung zum Dalai Lama. «Ich habe ihn nie als Bruder gesehen. Er war immer schon mein Guru und Mentor – bis heute», erklärt sie.

«Ich habe eine starke Verbindung zu den Kindern»

«Meine Eltern und alle um ihn herum hatten so viel Respekt für ihn. Ich wusste schon immer, dass er etwas ganz Spezielles ist», erklärt sie. Als ihr Mentor habe er sie stets inspiriert. «Er sagte mir, ich müsse etwas für Tibet tun. Und so fand ich meine Bestimmung – ich musste und wollte mich um die Kinder Tibets kümmern.»

Jetsun Pema widmete 42 Jahre ihres Lebens dem Kinderdorf «Tibetan Children's Villages» und ist als «Mutter von Tibet» bekannt: «Also jetzt bin ich eigentlich eher die Grossmutter», scherzt die 84-Jährige. Sie engagierte sich für die Kinder ganz nach dem Credo «andere vor sich selbst». In den vielen Jahren betreute sie 54'000 Kinder, welche jetzt überall auf der Welt verteilt leben. «Egal, wo ich hingehe, ich finde sie. Ich habe zu den Kindern eine sehr starke Verbindung», erklärt Jetsun.

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Dalai Lama und der Zungen-Skandal

Auch der Dalai Lama hat eine spezielle Verbindung zu Kindern und setzt sich besonders für sie ein. Letztes Jahr sorgte jedoch ausgerechnet eine Interaktion mit einem kleinen Jungen für Aufregung. Ein Video des geistlichen Oberhaupts Tibets ging viral. Es zeigt, wie er einen Buben dazu auffordert, ihn auf den Mund zu küssen und an seiner Zunge zu lutschen.

Nachdem das Video auf Social Media für Empörung gesorgt hatte, entschuldigte sich der Dalai Lama in einem offiziellen Statement auf Twitter beim Jungen und seiner Familie. Zum Vorfall hiess es, dass der Dalai Lama Menschen, denen er begegne, oft auf eine unschuldige und spielerische Weise necke.

PR-Aktion gegen den Dalai Lama

Darauf angesprochen, meint seine jüngere Schwester: «Es war ein grosses Missverständnis in der westlichen Welt.» Dies sei unter den Tibeterinnen und Tibetern ein «absolut normales Zeichen, wenn Kinder alles haben wollen und man ihnen signalisiert, dass es nichts mehr gibt», erklärt Jetsun Pema. «Dann strecken Erwachsene ihre Zunge heraus und sagen: ‹Jetzt kann ich dir nur noch meine Zunge geben.› Es ist liebevoll und als Scherz gemeint.»

Zudem ist sich Pema sicher, dass China hinter der Streuung des Videos steckt. «Die Szene fand bereits zwei Monate vor Veröffentlichung des Videos statt. Die Chinesen wollen das Image des Dalai Lama ruinieren und dunkle Gerüchte über ihn verbreiten. Aber das hat nicht geklappt», so Jetsun. 

Unveröffentlichtes Material in neuer Doku

Der 14. Dalai Lama plädiert für mehr Mitgefühl im menschlichen Umgang miteinander – im realen Leben und in der neuen Dokumentation «Wisdom of Happiness». Der Schweizer Film wurde im Oktober am Zurich Film Festival erstmals vorgestellt, wo Jetsun Pema neben der Hollywood-Legende Richard Gere (75) über den roten Teppich schritt.

Neben den Weisheiten vom Dalai Lama zeigt der Film bisher unveröffentlichtes Material aus den Archiven der tibetischen Regierung und erzählt auf diese Weise die Geschichte des 14. Dalai Lama. «Wisdom of Happiness» läuft ab dem 5. Dezember in Schweizer Kinos.

Der Trailer zum Schweizer Dokumentarfilm «Wisdom of Happiness».

Ascot Elite

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