«Jetzt kicken wir auch Amazon aus dem Markt»

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Onlinehandel«Jetzt kicken wir auch Amazon aus dem Markt»

Das Online-Auktionshaus Ricardo steigt in den Onlinehandel ein und will in der Schweiz Marktführer werden. Einfach dürfte das aber nicht werden.

Fabian Lindegger
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Fabian Lindegger

«Wir haben Ebay aus dem Markt gekickt und jetzt wollen wir dasselbe mit Amazon machen. Wir wollen das Alibaba der Schweiz werden.» Mit diesen markigen Worten präsentierte Christian Kunz, CEO von Ricardo, am Mittwoch in Zürich den neuen Onlineshop Ricardoshops.ch. Ricardoshops basiert grundsätzlich auf demselben Modell wie Amazon: Ricardo bietet den Händlern eine Plattform, um ihre Produkte zu verkaufen. Das Bezahlungssystem, den Kundenservice sowie das Marketing übernimmt Ricardo, die Händler bezahlen für diesen Service eine Provision für jedes verkaufte Produkt. Ricardo will zudem in Zukunft - wie Alibaba - einen Onlineshop und ein Online-Auktionshaus in eine Plattform integrieren.

Das Angebot von Ricardo hebe sich gegenüber von Konkurrenten wie Amazon ab, weil bei den Preisen keine versteckten Kosten wie Kreditkartengebühren oder nachträgliche Zollgebühren bei Bestellungen von ausländischen Händlern anfallen würden. Die einzigen Zusatzkosten seien allfällige Liefergebühren, so Kunz. Auch das Bezahlen per Rechnung sei gebührenfrei. Zudem soll dies in Kürze auch mit der Postcard möglich sein.

2,5 Millionen Produkte zum Start

Auf Ricardoshops sind nach eigenen Angaben momentan rund 2,5 Millionen Produkte zu finden. Diese teilen sich wiederum auf acht Kategorien wie «Mode & Schmuck», «Elektronik & Computer» oder «Wein & Genuss» auf. Rund 35 Schweizer und deutsche Händler bieten momentan ihre Produkte auf der Plattform an. Das sind bescheidene Zahlen, wenn man diese mit anderen grossen Onlineshops und vor allem mit Amazon vergleicht. Dies zeigt sich auch in einer ersten Stichprobe: Die Auswahl an verschiedenen Produkten ist meist bescheiden und sie stammen oft nur von einem Händler.

Dass das Gelingen zu einem beachtlichen Teil von der Grösse des Angebots abhängt, weiss man bei Ricardo. Das Angebot werde laufend ausgebaut und bereits in Kürze würden neue Händler dazukommen, versicherte Kunz. Vom Konzept ist man bei Ricardo, das eine aufwändige Werbekampagne für die neue Plattform gestartet hat, jedenfalls überzeugt: «Wir haben hohe Investitionen getätigt. Das Modell funktioniert auf der ganzen Welt und es funktioniert garantiert auch in der Schweiz», erklärt Heinz Krienbühl, der bei Ricardo für die neue Onlinehandelsplattform zuständig ist.

«Kühnes Unterfangen»

Es mit Amazon aufzunehmen, sei ein sehr kühnes Unterfangen, sagt Thomas Myrach, Professor am Institut für Wirtschaftsinformatik an der Universität Bern. «Amazon stellt sich bereits auf einige besondere Bedürfnisse der Schweizer Kunden ein.» Zudem sei das US-Unternehmen wegen seiner schieren Marktmacht im Vorteil: «Amazon macht einen enormen Umsatz und kann deshalb Preisvorteile realisieren und an die Kunden weitergeben», so Myrach zu 20 Minuten. Die Kleinheit des Schweizer Marktes mache es für hiesige Händler schwierig, über den Preis mit ausländischen Anbietern mitzuhalten.

Allerdings sieht Myrach durchaus ein Potenzial für einheimische Anbieter: «Das Angebot muss mit Service, Qualität und Sicherheit vor allem in der Abwicklung punkten.» Wenn nicht nur der Preis, sondern vor allem der Service im Zentrum stehe und Ricardo die «Heimatvorteile» geschickt ausspiele, könne das Vorhaben durchaus klappen, sagt Myrach.

Steht Ricardo zum Verkauf?

Vergangene Woche berichtete die Nachrichenagentur Bloomberg, dass die Eigentümerin von Ricardo, die südafrikanische Naspers-Gruppe, einen Verkauf der Online-Auktionsplattform vorbereitet. Im Gespräch sei ein Verkaufpreis von bis zu 500 Millionen US-Dollar.

Ricardo.ch ist laut eigenen Angaben die grösste Schweizer Online-Autionsplattform mit rund 2,3 Millionen Mitgliedern. Die in Zug ansässige Ricardo-Gruppe beschäftigt rund 140 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz der Ricardo-Gruppe, zu der ricardo.ch, autoricardo.ch, OLX.ch sowie ricardoshops.ch gehören, soll rund 660 Millionen Franken betragen. (lin)

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