Neue SuchfilterKritik an Zalandos Nachhaltigkeits-Filter
Eine neue Filterfunktion im Zalando-Onlineshop zeigt an, nach welchen nachhaltigen Kriterien ein Kleidungsstück produziert worden ist. Experten stehen diesen Kategorien des Mode-Giganten kritisch gegenüber.
Darum gehts
Zalando hat in seinem Shop neue Nachhaltigkeits-Kriterien eingeführt.
So soll der Wandel in der Modebranche vorangetrieben werden.
Experten sind skeptisch.
Viele Leute möchten ein nachhaltiges Leben führen. Doch beim Shoppen vergessen sie diese Werte und achten nicht darauf, wie ihre neuen Kleider produziert wurden. Das hat Zalando in einem eigenen Report festgestellt.
Um den Leuten das Kaufen von nachhaltiger Mode einfacher zu machen, hat Zalando nun im Onlineshop einen neuen Filter, mit dem das Modesortiment nach den nachhaltigen Kriterien gefiltert werden könne. «Wir möchten einen positiven Wandel in der Modebranche vorantreiben», sagt eine Sprecherin zu 20 Minuten.
Zalando erlebte 2020 einen Boom
Zalando gehört zu den grossen Gewinnern der Corona-Pandemie: Der Online-Riese mit Sitz in Berlin hat im letzten Jahr seinen Umsatz um 23,8 Prozent auf acht Milliarden Euro gesteigert, wie das Unternehmen mitteilt. Der Bruttowarenumsatz betrug 10.7 Milliarden Euro, das ist eine Steigerung von rund 30 Prozent. Die geschlossenen Läden haben Zalando auch neue Kunden zugespielt: 2020 zählte der Onlinehändler 38,7 Millionen aktive Kundinnen und Kunden, 25 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Auch der Start in das Geschäftsjahr 2021 sei ausserordentlich gut verlaufen. Nach diesen erfolgreichen, vergangenen Monaten will Zalando nun noch stärker wachsen und bis 2025 mehr als 30 Milliarden Euro Bruttowarenumsatz machen.
Nun kann das Angebot nach den Kriterien «reduzierte Emissionen», «Tierschutz», «Wasserschutz», «Wiederverwendung von Materialien» und «Wohl der Arbeiterinnen» gefiltert werden. So sieht man beispielsweise, ob recycelte Polyesterfasern oder nachhaltig angebaute Baumwolle für ein Kleidungsstück verwendet wurden.
Filtert man das gesamte Damenbekleidungssortiment nach dem Kriterium «Wohl der Arbeiterinnen», werden gut 560 Artikel von insgesamt 118’011 angezeigt. «Das ist weniger als 0,5 % des Angebots», sagt David Hachfeld, Textilexperte bei Public Eye. Genaue Angaben etwa zu den Löhnen den Näherinnen würde man vergebens suchen.
Auf die Frage, nach welchen Kriterien ein Kleidungsstück produziert sein muss, damit es in die Kategorie «Wohl der Arbeiterinnen» fällt, sagt die Sprecherin: «Die Kriterien zur Kennzeichnung basieren auf unabhängigen Zertifizierungen und Informationen aus dem Higg Material Sustainability Index, dem derzeit umfassendsten Instrument der Modebranche, um Umweltauswirkungen von Materialien zu messen.»
«Filterfunktion ist ein Feigenblatt»
Der Textilexperte übt Kritik an der Nachhaltigkeits-Offensive von Zalando: «In der aktuellen Form ist die Filterfunktion ein Feigenblatt, es soll für ein gutes Gewissen beim Shopping sorgen und lenkt von der Verantwortung von Zalando für das Warenangebot auf seiner Plattform ab.»
Zalando sollte gemäss Hachfeld viel mehr daransetzen, die Produktionsbedingungen aller angebotenen Artikel zu verbessern und so selber Verantwortung übernehmen, statt mit Werbung die Kunden zu Impulskäufen zu drängen und selber auf schnelle Expansion zu setzen.»
Marketingprofessor Stefan Michel von der IMD Business School in Lausanne findet es wichtig, dass Nachhaltigkeit thematisiert und Kunden sensibilisiert werden. «Möglicherweise können die Nachhaltigkeits-Labels bei Zalando eine Verhaltensänderung bei der Kundschaft oder bei den Produzenten beeinflussen», sagt er zu 20 Minuten. «Oder sie geben den Leuten, die auf den Preis achten, ein gutes Gewissen.»
Die Wahl des Labels ist für ihn ausschlaggebend. «Wenn man wirklich nachhaltig konsumieren will, soll man Labels wählen, die ganzheitlich sind und nicht solche, die nur einen Teil der Produktion eines Kleidungsstücks betreffen.» Er appelliert an die Eigenverantwortung der Konsumenten: «Sie sollen sich überlegen, wie es möglich ist, ein T-Shirt für acht Franken zu kaufen. Da können keine glücklichen Arbeiterinnen dahinterstecken.»
Schweiz ohne Outlets und Secondhand-Store von Zalando
Im Ausland gibt es Zalando auch als richtigen Laden zum Betreten. In mehreren Ländern in Europa hat der Onlineriese Mode-Outlets eröffnet, wo Kleider, Schuhe und Accessoires aus der Vorsaison oder mit kleinen Mängeln verkauft werden. Für die Schweizer Schnäppchenjäger ist das Outlet in Konstanz am nächsten. Gleichzeitig setzt Zalando auch auf Secondhand: Im Onlineshop gibt es auch in der Schweiz die Kategorie «Pre-Owned», gebrauchte Kleider. Unter anderem in Deutschland gibt es mit Zircle einen eigenen Zalando-Onlineshop mit Waren, die alle aus zweiter Hand sind. In der Schweiz gebe es momentan keine Pläne für einen Secondhand-Onlineshop, sagt eine Sprecherin zu 20 Minuten.